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Polifazios Vermächtnis (German Edition)

Polifazios Vermächtnis (German Edition)

Titel: Polifazios Vermächtnis (German Edition)
Autoren: Thomas Riedel
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weiter aus dem Fenster.
    „ Wie hat man mich gefunden?“, fragte er schließlich ausdruckslos.
    „ Fobosch hatte einen Suchtrupp von vier Minenarbeitern losgeschickt, um dich zu suchen. Sie hatten es nicht schwer dich zu finden. Das Licht deines Kristalls hat so stark geleuchtet, dass man es noch in der Stadt hätte sehen können. Sie brauchten dem Licht einfach nur zu folgen. Und das mit dem Riss im Boden. Sie haben einfach einige alte Holzplanken darüber gelegt. Und dann haben sie dich halb tot neben dem Guhl gefunden. Hast das Biest wirklich gut erwischt!“ versuchte er Himbi ein wenig aufzumuntern.
    „ Nein, es hat mich wirklich gut erwischt. Und hätte ich auf meinen Vater gehört, dann hätte ich ihn auch noch lebend zu Gesicht bekommen!“ schrie Himbi seinen Freund zornig an.
     
    Kurz darauf fing er an zu weinen. Gromit nahm Himbi sofort in den Arm. So saßen die beiden eine ganze Weile da, bis sich Himbi wieder etwas beruhigt hatte.
     
    „Deine Sachen liegen im Schrank, falls du sie suchen solltest“, sagte Gromit und deutete auf den klobigen Holzschrank in der Ecke des Raumes.
    „ Wurde er schon bestattet?“, fragte Himbi leise.
    „ Wie es der Brauch verlangt!“, antwortete Gromit pflichtbewusst.
     
    Himbi nickte mit dem Kopf. Es war Sitte in seinem Volk, die Toten binnen drei Tagen nach dem Eintritt des Todes in den uralten Katakomben zu bestatten. Anderenfalls würde die Seele des Verstorbenen, so glaubten es die Zwerge, nicht ihren Weg ins Jenseits finden und als finstere Kreaturen des Schreckens bis in alle Ewigkeit auf Erden wandeln.
     
    „Kreaturen des Schreckens, wie der Guhl!“, dachte Himbi. „Was war bloß mit dem Leichnam desjenigen passiert, dessen Seele zu diesem fürchterlichen Geschöpf geworden war?“, fragte er sich.
     
    Schließlich blickte er Gromit tief in die Augen.
     
    „Und unser Haus?“
    „ Völlig zerstört, es tut mir leid!“, antwortete Gromit mitfühlend.
     
    Himbi seufzte stark. Er fragte sich, was er nun bloß machen sollte. Jetzt hatte er nicht einmal mehr ein Zuhause, in, dass er zurückkehren konnte. Himbi nahm den Brief, der noch immer auf seinem Bauch lag, in beide Hände und drehte ihn hin und her. Neben seiner Ausrüstung war der Brief das Einzige, was ihm von seinem Vater geblieben war.
     
    „Bitte versteh mich nicht falsch, aber ich würde jetzt gerne alleine sein. Ich weiß wirklich zu schätzen, was du für mich tust, aber bitte …“ sagte Himbi schließlich mit zittriger Stimme.
    „ Natürlich, das verstehe ich. Du musst jetzt erst einmal mit dir selber ins Reine kommen. Das würde ich genauso machen. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Ich werde die Reise zurück nach Gundal antreten. Mein Geschäft wartet und hier erinnert mich nur alles an deinen Vater. Er war mein Freund, der beste den ich jemals gehabt habe.“ antwortete Gromit traurig.
    „ Ich weiß! Und er wusste es auch. Ich danke dir dafür, dass du hier alles geregelt hast, während ich bewusstlos war. Das werde ich dir niemals vergessen.“ sagte Himbi und blickte Gromit dabei tief in die Augen.
    „ Du weist, wo du mich findest! Meine Tür steht dir jederzeit offen, wenn du nicht weißt, wo du hin sollst!“ antwortete Gromit.
     
    Dann verabschiedeten sich beide mit Tränen in den Augen. Himbi war froh, einen Freund wie Gromit zu haben. Dennoch musste er in diesem Moment einfach alleine sein. Noch immer kämpfte er in seinem Kopf gegen die Tatsachen an, die sich ihm gerade offenbart hatten. Er wollte einfach nicht wahr haben, was Gromit ihm gesagt hatte. Himbi hielt diese Ungewissheit einfach nicht mehr aus. Kurz, nachdem Gromit gegangen war, schlug er seine Bettdecke beiseite und ging zu dem Schrank herüber. Nachdem er ihn geöffnet hatte, fiel sein Blick sogleich auf seinen geöffneten Rucksack, der auf dem Boden des Schrankes stand. Noch immer steckte der kindskopfgroße Kristall in ihm. Plötzlich musste Himbi an Iria denken. Sie musste bestimmt krank vor Sorge sein, wochenlang nichts von ihm gehört zu haben. Doch im Moment konnte er an nichts anderes mehr denken als an seinen Vater. Er wollte zu ihm, er wollte zu seinem Grab. Er brauchte endlich Gewissheit. Sein Blick wanderte von dem Kristall zu seinem rotbraunen Kapuzenumhang, der fein säuberlich gewaschen auf einem Bügel hing. Himbi strich mit seiner Hand über die linke Schulterpartie des Umhanges. Deutlich spürte er dicke Knubbel aus Garn an den Stellen, wo sich die messerscharfen Zähne des Guhls durch
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