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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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Hof und dreht Däumchen. Raucht nur und trinkt Rum, wenn er welchen hat. Besäuft sich wie ein Hund. Anschließend kann er nicht mal mit mir vögeln. So geht das einfach nicht weiter!« »Der Idiot, er könnte doch ein paar Ferkel züchten, oder so, und ein bisschen hinzuverdienen.«
    »Von wegen. Keinen Finger krümmt er. Manchmal hab ich das Gefühl, er ist geistig zurückgeblieben. Meinst du nicht, wenn ich anschaffen gehe...«
    »Hör mal, schlag dir die Idee aus dem Kopf. Es gibt schon mehr als genug. Die jungen Dinger, die in Havanna auf den Strich gehen, sind Zwanzigjährige, die wie Models aussehen. Bildhübsch, abgebrüht, mit guten Kontakten zur Polizei, zu Taxifahrern und Hotelportiers. Vergiss es einfach.«
    »Ja, was zum Teufel soll ich dann tun, Pedrito?«
    Ich gab ihr ein paar Tipps, was Essen anging. Die Leute in Havanna waren am Verhungern. Alles Essbare konnte zu Geld gemacht werden.
    »Hayda, ich werde dir helfen. Ich kenne Leute, die dir jedes bisschen Essen für Dollars abkaufen. Mit einer kleinen Reise pro Woche...«
    Wir redeten bis Einbruch der Dunkelheit. Ich wartete darauf, dass ihr Mann heimkam, wollte, dass wir uns zu dritt betranken und tanzten, damit sie uns beide aufgeilen konnte. Sie hatte oft im Bett davon gesprochen, dass sie es am liebsten mit uns beiden zusammen machen würde und ich es ihr von hinten und er ihr von vorne besorgen würde. Der Gedanke daran turnte mich an. Aber der Kerl kam und kam nicht, also ging ich. Offenbar hatte sie fürs Abendessen nur ein bisschen Reis im Haus. Das deprimierte mich. Seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört. Schon seit Monaten ist sie nicht mehr nach Havanna gekommen. Manche Leute sind einfach wie gelähmt. Sie sind nicht geschäftstüchtig und sterben vor Hunger.

 
     
Harte Kerle
     
    Die Dinge liefen schon eine Weile nicht so gut für mich, und ich hatte das unbestimmte Gefühl, es sei an der Zeit, mich untersuchen zu lassen. Ich schnappte mir mein Fahrrad und fuhr den ganzen Malecon hinunter nach Maríanao. Ich hatte mich so ziemlich von den Santos gelöst; America hatte mir zugeredet, mir meinen eigenen Santo zu holen, aber ich wollte mich nicht zu sehr auf die Sache einlassen. Denn so ist es nun mal: Wenn es dir gut geht, kehrst du allem den Rücken; geht es dir aber schlecht, fallen dir wieder die Santos ein.
    America füllte Eimer mit Wasser aus einem sehr niedrigen Hahn auf dem Gehsteig und schleppte sie hoch. Nie gibt es Wasser in diesem Haus. Ich half ihr ein bisschen, denn sie ist für so etwas zu alt, und schwitzte ganz schön. Kurz darauf hatten wir, Eimer für Eimer, den Tank fast gefüllt, als am anderen Ende des Gebäudes lautes Gezeter zu hören war. Eine Frau hatte einen Anfall und wand sich mitten auf dem Flur in wilden Zuckungen.
    »Ein Toter ist in sie gefahren, das ist der Grund. Warte hier, ich muss ihr helfen«, ließ mich die Alte wissen und eilte hinüber.
    Ein paar Eimer wollte ich noch hinaufschleppen, um den Tank ganz zu füllen, und America anschließend konsultieren. Ich konnte nicht den ganzen Tag in Maríanao bleiben. Außerdem konnte einem in diesem Gebäude alles Mögliche passieren. Immer gab es ein Problem, und immer kam sofort die Polizei. In dem Moment rief mich America erschrocken zu sich.
    »Komm her, Pedro Juan, komm schnell, mein Junge!« Der Geist des Toten wollte die Frau nicht verlassen. Als ich das andere Ende des Flurs erreicht hatte, waren schon ein paar andere Frauen herbeigeeilt.
    »Geh rein und hol ihn runter, mein Junge! Schneid ihn ab, um Himmels willen.«
    Ich steckte den Kopf ins Zimmer der Frau. Da hing ihr Sohn an einem Elektrokabel um den Hals. Er war nackt, voller Striemen, am ganzen Körper blutend, trockenes, dunkles Blut. Einige Wunden waren sehr tief.
    »Ruft die Polizei!«, schnauzte ich, während ich einen Stuhl heranschob und mich abmühte, ihn freizubekommen, aber der Kerl war groß und stark und viel zu schwer. Ich schaffte nicht, den Knoten des Elektrokabels zu lösen. Der Kerl war kalt und steif wie ein Eisblock. Wieder fing er an zu bluten und verschmierte mich.
    America fuhr mit der Hand ein paarmal über die Frau und bespritzte sie mit kaltem Wasser, aber der Geist des Toten wollte nicht weichen. Schließlich fiel sie ohnmächtig zu Boden. In dem Moment kam ein anderer Nachbar. Er umarmte den hängenden Mann, begann zu weinen und ihn mit Küssen zu bedecken. Er bat mich, ihm dabei zu helfen, ihn runterzuholen.
    Ich konnte es kaum glauben. Der Mann war einer
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