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Patrick: Eine finstere Erzählung

Patrick: Eine finstere Erzählung

Titel: Patrick: Eine finstere Erzählung
Autoren: Christian Sidjani
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in die Höhe, wie es Christian Bale in der Verfilmung von „American Psycho“ tut.  
    Paddy kommt langsam auf sie zu, Patrizia wie gelähmt, kann nicht einmal schreien. Und wenn schon, das Fenster geht doch zum Hof hinaus. Die Klinge saust auf sie nieder, ein zweites Mal, drei Male. Er zerstückelt ihren Luxus-Callgirl-Körper zu einer blutigen Masse aus Fleisch, Gedärmen und Knochen. Nur ihren Kopf, den lässt er unversehrt.
    Nach vollbrachter Tat wirft Paddy die Axt auf das Bett, reißt den Kopf vom Rumpf, was leicht ist, weil er gut vorgearbeitet hat. Er küsst ihre leblosen Lippen und endlich darf sie seinen Schwanz in den Mund nehmen. Nur dass er nachhelfen muss, damit er ihn ganz reinkriegt. Und er braucht sich nicht darum zu kümmern, ob er zu tief in ihr ist. Sie wird schon nicht würgen. Nachdem er in ihren Hals gespritzt hat, macht er sich daran, den Rest ihrer Leiche in Mülltüten zu sammeln. Mit einem Summen auf den Lippen, vielleicht ein Lied von ,Paddy goes to Holywood' oder ,Paddy Whack'.
    Sie denkt wieder an das Bild der Katze, das sie verfolgte, als sie an ihm war. Alles eine Lüge. Warum nur hat er sich die Mühe gemacht, ihr die Geschichte zu erzählen? Und sie klang so verdammt glaubwürdig. Mühelos brachte er Satz um Satz hervor, als entsprachen sie tatsächlich der Wahrheit. Alles nur eine Fassade, wie sein Äußeres. Sie hätte von Beginn an mehr Acht geben sollen auf seine Lackschuhe, das Detail, das nicht ins Bild passte. Und wer weiß, vielleicht sind seine Möbel so durcheinander, weil er gar nicht dort wohnt. Das Bett, der Schrank, alles ergibt nun einen Sinn.
    Patrizia läuft bis zum Park, der tatsächlich am Ende des nächsten Hauses auf der gegenüberliegenden Straßenseite beginnt, und schreit ihr Entsetzen in die Nacht. Jetzt blickt sie sich das erste Mal nach anderen Menschen um, nicht nur nach Paddy. „Niemand“, murmelt sie dann, tritt aus dem Schein einer Straßenlaterne, in dem sie stehen blieb, und sucht sich eine dunkle Ecke unter einem Baum. Ihr Herz rast, aber der Film ist vorbei.
    Sie behält die Bluse in der Hand und legt den Rest ihrer Kleidung erst einmal vor sich auf das Gras. Nun wünscht sie sich einen BH. Das beengende Gefühl würde ihr Sicherheit geben. Obwohl ihre Brustwarzen steif und fest abstehen, wegen der Kälte wahrscheinlich, und sensibel auf den Stoff reagieren, der sich nun an ihnen reibt, schüttelt Patrizia sich bei dem Gedanken an Männerhände. Ihre Geilheit ist verflogen. Jede Hand ist in diesem Augenblick nur seine, Paddys, nein, Patricks. Sie weigert sich, ihn Paddy zu nennen. Diese niedliche Koseform hat er nicht verdient.
    Schnell schlüpft sie in ihre schwarze Stoffhose, dann zieht sie sich die Jacke über und verflucht sich, ihre Sandaletten in seiner Wohnung gelassen zu haben. Nun wird er auf ewig ein Andenken an sie haben. Und wieder ein Film in ihrem Kopf, in dem Patrick auf der Suche nach ihr reihenweise Frauen besucht, ihnen die Schuhe anzieht, bis sie einer von ihnen passt. Und mit den anderen wird er...
    Sie hängt sich ihre Handtasche über die Schulter und verlässt den Stadtteil in entgegen gesetzter Richtung durch den Park. Auf der anderen Seite sieht sie ein unbesetztes Taxi, winkt es heran, steigt ein. Da es nur zwei Sorten von Taxifahrer in Hamburg gibt, ist sie froh, an jene geraten zu sein, die nicht viel redet. Ab und an blickt er verstohlen in seinen Rückspiegel, aber jetzt ist ihr alle Attraktivität gleichgültig. Als sie überprüft, ob sie ausreichend Geld dabei hat, fällt ihr das CS-Gas in die Hände und sie fragt sich, ob sie ihn nicht hätte überwältigen sollen. Ja, in diesem Augenblick wird Patrizia sich ihrer Arroganz bewusst. Hält sie sich wirklich für so besonders? Wenn sie es nicht ist, dann sucht sich Patrick doch eine andere, oder? Schließlich wäre sie nicht die erste. Das bewies der Blick hinter den Spiegel.
    Sie fasst einen Plan, der beinahe unsinnig ist. Jede andere Frau an ihrer Stelle wäre nie auf so einen Gedanken gekommen, denkt sie. Aber sie muss es tun. Und dafür braucht sie die Hilfe von einem Mann. An Michael denkt sie flüchtig. Nein, der kann ihr nicht helfen, nicht jetzt. Sie wünscht sich, wenn alles vorbei ist, mit ihm in der Wohnung seiner Tante zu sein, im Bett oder im Wohnzimmer auf dem Sofa, einen Film schauen. Ganz unverbindlich, wie zwei gute Freunde. Sie würde sich mit ihm umsonst treffen von nun an und wenn etwas läuft, etwas mehr, das sie sich momentan nicht vorstellen
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