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Panther

Panther

Titel: Panther
Autoren: Carl Hiaasen
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D.J.«
    »Nun, seine Lehrerin und ich haben uns Sorgen um ihn gemacht«, sagte Dr. Dressler, was allerdings nur die halbe Wahrheit war. Mrs. Stark war ihm absolut nicht besorgt vorgekommen. »Sie müssen wissen, D.J. hat heute in der Schule einen Bleistift verschluckt. Er sollte vielleicht einen Arzt aufsuchen.«
    Duane Scrod schnaubte verächtlich. »Der Junge hat einen eisernen Magen. Als kleines Kerlchen hat er Steine gegessen, Austernschalen, Radmuttern, einmal sogar Klavierdraht. Ein Bleistift wird ihm nicht schaden, so viel ist mal sicher.«
    »Trotzdem, mir wäre wohler, wenn ich ihn sprechen könnte«, sagte der Schulleiter.
    »Tja, wie ich schon sagte, er ist nicht hier. Er ist noch nicht von der Schule nach Hause gekommen.«
    Dr. Dressler konnte seine Unruhe nicht verbergen. »Aber der Unterricht hat doch schon vor Stunden geendet. Es ist dunkel draußen, Mr. Scrod.«
    »Gute Augen haben Sie.«
    »Hat D.J. angerufen, um Ihnen zu sagen, wieso er später kommt? Vielleicht ist er noch beim Fußballtraining?«, fragte der Schulleiter.
    Duane Scrod senior klärte Dr. Dressler auf, dass Duane junior weder in der Fußballmannschaft noch in der Footballmannschaft noch in der Lacrossemannschaft und auch sonst in keiner Mannschaft der Truman School war. »Der macht sein eigenes Ding. Im Alleingang sozusagen. Und was das Anrufen angeht: Seine Oma hat ihm ein Handy gekauft, aber ich glaube nicht, dass er es je benutzt hat.«
    Dr. Dressler überfielen plötzlich die dunkelsten Vorahnungen. Er stellte sich vor, wie Duane junior durch den Wald irrte, sich in Todesqualen wand, den Leib voller messerscharfer Bleistiftsplitter. Dieses Bild wurde abgelöst von einer nicht weniger unerfreulichen Vision, in der Dr. Dressler vom Beirat der Schule gefeuert und anschließend von der wütenden Familie Scrod vor Gericht gezerrt wurde.
    »D.J. kommt öfter mal erst ganz spät zurück«, sagte Duane senior in diesem Moment. »Ich hab keine Lust aufzubleiben, bis er da ist – er ist ein kräftiger junger Mann, die wenigsten wären so blöd, sich mit ihm anzulegen.«
    Dr. Dressler zog eine weitere Visitenkarte hervor und notierte seine private Telefonnummer auf der Rückseite. »Würden Sie mich bitte anrufen, sobald Sie oder Mrs. Scrod von Ihrem Sohn hören?«
    »Es gibt hier keine Mrs. Scrod«, sagte Duane senior. »Jedenfalls zurzeit nicht.«
    »Oh, tut mir leid.«
    »Wieso? Wir kommen auch so wunderbar zurecht, nicht wahr, Nadine?«
    Der Ara stieß ein paar Kehllaute aus und knabberte an dem ausgefransten Kragen der Jägerjacke von Duane Scrod senior. Dr. Dressler reichte dem Mann seine Karte mit der Telefonnummer, doch der gab sie sofort an den Vogel weiter.
    »Machen Sie sich mal keine Sorgen um Junior«, sagte er und ließ die Fliegentür zuknallen. »Er kommt, wann er kommt. Also, schönen Abend.«
    Dr. Dressler hetzte die Einfahrt hinunter zu seinem Wagen, den er aus Gewohnheit verschlossen hatte. Während er nach seinen Schlüsseln kramte, hörte er ein Tier durchs Gebüsch flitzen und sein Herz schlug schneller. Vom Geruch der Kiefernnadeln musste er heftig niesen. Zu seinem Schrecken ertönte aus dem dunklen Haus eine Stimme. »Gesundheit!«, quakte Nadine. »À vos souhaits! Bless you!«

3
    Kurz nach Sonnenaufgang versammelten sich die Schüler, noch müde und zerknautscht, auf dem Parkplatz der Schule. Nick saß allein am Straßenrand, als Marta ankam.
    »Alles okay mit dir?«, fragte sie.
    »Bin bloß nicht ausgeschlafen, das ist alles.« Seit vier Uhr morgens hatte er am Computer gesessen, aber noch immer war keine Nachricht von seinem Vater da.
    Marta setzte sich. »Wo ist Smoke?«
    »Ich hab ihn nicht gesehen«, sagte Nick.
    »Gut. Vielleicht hat er ja die Schule geschmissen – wenn er alt genug ist, um Auto zu fahren, müsste er wohl auch alt genug sein, sich selbst abzumelden, oder?«
    »Freu dich nicht zu früh.«
    »Tut mir leid«, sagte Marta, »aber er macht mir echt Angst.«
    »Mehr als die da? Ausgeschlossen«, antwortete Nick.
    Mrs. Stark war eingetroffen, hellwach und bester Laune. Sie trug Wanderstiefel, eine Hose aus festem Baumwollstoff, ein weit geschnittenes, langärmliges Hemd sowie einen ausgefransten Strohhut unter einem hochgeschlagenen Moskitonetz. Wegen des trockenen Wetters der letzten Wochen gab es zwar weniger Moskitos, doch Mrs. Stark war immer auf das Schlimmste gefasst.
    »Würdet ihr euch mal einschmieren, Leute!«, fuhr sie ihre Schüler an. »Sunblocker, Moskitozeug,
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