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Omka: Roman (German Edition)

Omka: Roman (German Edition)

Titel: Omka: Roman (German Edition)
Autoren: Barbara Aschenwald
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Schrecken, und es gefällt ihr schrecklich.
    »Ich habe mein Kind erledigt wie einen kleinen Spatz und meinen Mann gleich dazu! Was glaubt ihr eigentlich, mit wem ihr redet?«, schreit sie wie irre durch die verschlossene Tür. Draußen ist man sich mittlerweile der Gefährlichkeit der Situation bewusst. Der Einsatzleiter spricht durch ein Funkgerät mit den Scharfschützen, die in den Büschen vor dem Fenster liegen, und sagt dann durch den Lautsprecher: »Bewahren Sie Ruhe und werfen Sie die Waffe weg. Wir garantieren Ihnen Sicherheit, wenn Sie unsere Anweisungen befolgen!«
    Omka lacht leise und denkt hämisch, dass Sicherheit wirklich eine unglaublich wichtige Sache ist.
    Sie legt sich flach auf den Bauch und hält die Pistole in beiden Händen. Dann schießt sie durch die geschlossene Tür auf die Polizisten. Die Drachen speien Feuer und Rauch. Das Feuer hat den Geruch von Asche und Staub.
     
    Es gibt ein Gesetz, das besagt, wer auf Polizisten schießt, wird umgebracht. Omka kennt es.
    Draußen gibt der Einsatzleiter daraufhin einen Befehl. Einer der Männer der Spezialeinheit legt eine Maschinenpistole an. Omka liegt hinter der Tür und wartet. Sie hört draußen dumpf ein trockenes, kurzes Wort. Feuer.
    Der Schütze zieht die Maschinenpistole durch die Wand.
    Drinnen hört sie ein splitterndes Geräusch und ein lautes Rattern, das so klingt, als würden kleine Fäuste mit aller Kraft an die Tür klopfen. Dann klopft es an ihr, überall, und dort, wo es geklopft hat, spürt sie erst ein Stechen und dann nichts mehr. Die roten Drachen liegen ruhig an ihrer Seite.
     
    Der Schütze mit dem Maschinengewehr trifft Omka mit siebzehn Kugeln, und sie ist sofort tot.
     
    Das Zimmer wird gestürmt und, nachdem man die blutüberströmte Frau mit offenen, fröhlichen Augen auf dem Boden liegen sieht, der Notarzt gerufen. Er ist jung, etwas dick, und seine Fingernägel sind abgekaut, aber er macht einen sehr klugen und ruhigen Eindruck. Er stellt den Tod fest. Als man Omka in den schwarzen Sack mit dem Reißverschluss vorne packt, fällt ihm das Muttermal an ihrem Hals auf, das ihn an irgendetwas erinnert, er weiß aber nicht, woran, und zieht den Reißverschluss zu, wobei sich einige ihrer langen Haare immer wieder einklemmen und er deshalb mit viel Kraft ziehen muss, um ihn zuzubekommen. Er schüttelte den Kopf. »So eine Verschwendung«, sagt der dreißigjährige Notarzt, bevor er mit einer Handbewegung bedeutet, dass man den Sack jetzt wegbringen kann. Er füllt ein Formular aus, unterschreibt es und gibt es jemandem, der neben ihm steht und es wegbringt. Die Polizisten stellen kleine Schildchen mit Zahlen auf und auf dem Boden, wo Omka gelegen hatte, bleibt nur ihre Silhouette, die man mit weißem Plastikband markiert hat.
    Da sie noch nicht identifiziert ist, hängt irgendjemand einen Zettel an den Sack, auf dem das Wort »Amok« steht.
     
    Im Bericht über den Einsatz wird später stehen: »Suicide by Proxy.«
    Selbstmord auf Bestellung.
     
    Der Einsatzleiter wird sagen, dass der Einsatz, nach allem, was er wüsste, rechtmäßig war. Bei der Pressekonferenz wird er erklären, was der Notfallplan in so einem Fall vorsieht und dass die Polizei bemüht wäre, das Leben zu schützen, und dass die Situation dadurch erschwert worden wäre, dass Omka sich in einem geschlossenen Raum befunden hatte.
     
    Am Tag danach legt man Blumen vor dem Krankenhaus nieder, zündet Kerzen an, und es gibt Berichte im Fernsehen und in den Zeitungen. Der junge Mann mit dem Maschinengewehr legt eine Sonnenblume vor dem Krankenhaus nieder und bekreuzigt sich. Inzwischen ist das Wetter wieder schön, und die Sonne scheint.
    In großen, roten Schlagzeilen liest man am Tag danach in den Zeitungen Titel wie »Hinter der Idylle« und »Das Drama der Omka G.«.
     
    Im ersten Fernsehbericht sagt die Reporterin: »Wir wissen noch nicht, was zu dem Amoklauf geführt hat. Aber diese Frau ist, wie man landläufig sagt, durchgedreht.«
     
    Eine Psychologin wird interviewt. Sie hat einen pflaumenfarben geschminkten Mund und ein graublaues Kostüm mit weißer Bluse. Ihre Hände liegen gefaltet auf dem Stehpult. »Es ist ungewöhnlich, dass von einer Frau so viel Gewalt ausgeht«, sagt sie. »Aber man muss es so sehen, dass heutzutage die Doppelbelastung von Familie, Beruf und Kind dazu führen kann, dass einzelne Menschen nicht mehr weiterwissen. In diesem Fall ist es sehr wahrscheinlich, dass es noch eine Trennungssituation gab. Außerdem deutet
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