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Obsession

Titel: Obsession
Autoren: Simon Beckett
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Gelächter am Tisch lauter wurde, galt Bens erste Sorge seiner Kamera. Sie hing ohne Tasche um seinen Hals, und
     jetzt tropfte das nach Johannisbeere riechende Getränk von ihr hinab. Flüssigkeiten vertrug eine Kamera nicht, erst recht
     keine, die süß und klebrig waren.
    «Du dämliches Arschloch», schnauzte Ben und nahm die Kamera von seinem Hals. In dem Moment schnappte der Sänger danach. Der
     Riemen blieb an Bens Kopf hängen, nur kurz, aber lange genug, um die Kamera aus der Hand des Sängers zu reißen. Ben versuchte,
     sie aufzufangen, griff aber daneben. Sie krachte gegen die Tischkante und knallte dann auf den Boden.
    «Ach herrje», säuselte der Sänger, als Ben sich bückte, um sie aufzuheben. Die Linse des Objektivs war zerbrochen. Ein paar
     Leute kicherten noch, den meisten schien jedoch klar zu sein, dass das Ganze nicht mehr lustig war. Der Sänger gehörte nicht
     zu ihnen.
    «Du wolltest sie ja sowieso nicht benutzen», meinte er höhnisch. Da verlor Ben völlig die Beherrschung. Reflexartig holte
     er mit der kaputten Kamera aus. Er glaubte, der Sänger würde sie abwehren, doch der hatte sich in diesem Moment lachend zu
     dem Mädchen gewandt, das neben ihm saß. Er grinste immer noch, als ihm die Kamera direkt ins Gesicht knallte.
    Der Sänger schrie auf und stürzte zurück. Blut spritzte aus einer Wunde auf seiner Stirn. Gerade als Ben klar wurde, dass
     die Sache etwas aus dem Ruder gelaufen war, sprang ein anderes Bandmitglied auf und holte nach ihm aus. Ben duckte sich weg,
     aber der Schlag traf ihn am Kopf. Während er instinktiv zurückschlug, wurde ihm schwarz vor Augen, dann kam er ins Stolpern
     und fiel hin. In den Sekunden danach nahm er nur ein Durcheinander aus Körpern, |26| Schreien und zerbrochenem Glas wahr. Er spürte ein paar weitere Schläge und hob schützend die Ellbogen vor den Kopf, bis er
     von kräftigen Armen auf die Füße gehievt wurde. Mit dem Auge, das nicht schmerzte, erkannte er Keiths besorgtes Gesicht. Sein
     Freund versuchte die Leute zu beruhigen, auch die Türsteher, die sich offenbar an der Prügelei beteiligen wollten. Im Hintergrund
     sah er den Sänger, dessen Gesicht blutüberströmt war und der beide Hände auf die Stirnwunde presste. Der andere Musiker, der
     als Erster zurückgeschlagen hatte, wiegte stöhnend eine Hand vor seiner Brust.
    «Okay, alles in Ordnung, alles in Ordnung», beschwichtigte Keith die Leute. Sein unsicherer Gesichtsausdruck verriet jedoch,
     dass er seinen Worten selbst nicht recht zu trauen schien. Er warf Ben einen halb besorgten, halb wütenden Blick zu und sprach
     dann mit jemandem neben ihm. «Bring ihn raus. Ich komme nach, wenn ich das hier geklärt habe.»
    Ben dachte, er würde mit dem Rausschmeißer sprechen, der ihm aufgeholfen hatte, doch dann erkannte er eine junge Frau, die
     ihm zuvor an Keiths Tisch aufgefallen war. «Kommen Sie», sagte sie. «Können Sie gehen?»
    Sie bahnten sich einen Weg durch den Club zum Ausgang.
    «Wollen Sie sich frischmachen?», fragte die junge Frau. Sie trug ein dunkles Kostüm, das weibliche Pendant zu Keiths Anzug.
     Ben schüttelte den Kopf. Er hatte noch kein Wort zu ihr gesagt. Während sein Adrenalinpegel rapide abnahm, wurde ihm unangenehm
     bewusst, dass er sich völlig idiotisch benommen hatte.
    Sie gingen hinaus und warteten vor dem Eingang. Nach der verrauchten Club-Atmosphäre schmeckte die Nachtluft |27| wie purer Sauerstoff. Es war September und noch einigermaßen warm, doch in der frischen Brise wurde er sofort wieder nüchtern.
     Ben schob die Hände in die Taschen und versuchte, nicht zu zittern. Er vermied es, die Frau anzusehen, konnte aber spüren,
     dass sie ihn beobachtete.
    «Was ist denn eigentlich passiert? Ich nehme mal an, die Band wollte nicht fotografiert werden, oder?»
    Ben merkte, dass seine Zähne zu klappern begannen. «Nein, äh, es war   ... es war genau andersherum. Ich wollte keine Fotos machen.» Er spürte, wie er rot wurde.
    «Das ist mal was Neues. Ein Fotograf wird in einem Nachtclub verprügelt, weil er keine Fotos machen will.»
    Ihre Ironie reizte ihn zu einer Erwiderung. «Tja, man muss sich immer wieder etwas einfallen lassen.»
    Keith kam aus dem Club. Nicht einmal das grelle Neonlicht konnte seine geröteten Wangen überdecken.
    «Großartig! Mein Gott, Ben, was hast du dir nur dabei gedacht, verdammt nochmal?»
    «Was ich mir gedacht habe? Diese Typen haben meine Kamera kaputt geschlagen!»
    «Ich scheiß auf deine
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