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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas
Autoren: Ulrike Schweikert
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Manche bedrohlich, andere eher gelangweilt. Doch plötzlich war da ein Paar blauer Augen. Ihr Herz machte einen Sprung. Malcolm! Er stand noch auf dem Treppenabsatz und schien sich hinter einem vierschrötigen Vampir zu verbergen, doch sein Blick war auf Latona gerichtet. Für die Ewigkeit eines Wimpernschlags schauten sie einander an. Die wahnwitzige Hoffnung, er könne in das Zimmer stürzen, sie an sich reißen und mit ihr die Flucht ergreifen, flutete durch Latonas Sinn, doch da trat der Anführer der Vampire auf sie zu und versperrte ihr die Sicht auf Malcolm. Eine Woge von Verwesungsgeruch drang aus seinem Mund, als er sich zu ihr vorbeugte und tief einzuatmen schien. Dann riss er mit einer schnellen Bewegung einen Teil ihres Ärmels ab. Latona schrie vor Schreck auf. Auch ihre Hoffnung, der Onkel würde ihr zur Hilfe eilen, wurde enttäuscht. Carmelo starrte aus glasigen Augen zu den Vampiren hoch. Begriff er überhaupt, was hier vor sich ging?
    Auf einmal wurde sein Blick klar. Er stemmte sich vom Bett hoch und richtete sich auf. »Ihr seid also gekommen, um Rache zu üben. Nun denn, mein Schwert ist zerbrochen, meine Fallen verschüttet. Ich habe euch nichts mehr entgegenzusetzen. Ich habe mein Glück einmal zu viel versucht.«
    Der Vampir trat zu ihm. Er zog die Lippe hoch und zeigte seine Reißzähne. Latona sank auf dem Sessel zusammen. Er packte Carmelo am Arm und zog ihn mit einem Ruck an seine Brust. »Ja, ihr beiden habt den Tod verdient oder ein Leben in ewiger Verdammnis, doch es hat hier schon zu viele verdächtige Leichen gegeben. Jeder Tote mehr könnte unseren eigenen Untergang bedeuten. Doch freut euch nicht zu früh!« Mit einem Ruck zerriss er Carmelos Ärmel und hielt sich die beiden Stoffstreifen unter die Nase. »Wir haben eure Witterung aufgenommen und werden sie nicht wieder vergessen. Wagt es ja nicht, diese Stadt noch einmal  zu betreten! Denn dann werden wir euch aufspüren und für alle Ewigkeit zu unseren Sklaven machen. Schafft sie weg!«
    Starke Hände packten sie und schleppten sie aus dem Haus. Für einen Moment fühlte Latona Malcolm an ihrer Seite. Seine Hand legte sich auf die ihre. »Wehre dich nicht«, hauchte er in ihr Ohr. In seinem Blick lag Bedauern. Er würde ihr nicht helfen. Er konnte ihr nicht helfen!
    »Wo bringt ihr uns hin?«, wagte Latona zu fragen. Geistesgegenwärtig griff sie nach ihrer Tasche und presste sie an die Brust.
    »Zum Anfang eurer langen Reise«, sagte der Anführer der Vampire und gab seinen Begleitern einen Wink. »Freut euch, ihr werdet mit der Eisenbahn fahren. So weit weg, wie das Schienennetz reicht!« Und an seine Männer gewandt, fügte er hinzu: »Sorgt dafür, dass sie nicht aussteigen können, ehe sie ihr Ziel erreicht haben!«
    Latona wandte den Kopf, um Malcolm ein letztes Mal anzusehen. Er führte die Finger an seine Lippen und neigte zum Abschied den Kopf. Dann wurden Latona und ihr Onkel fortgezogen und der junge Vampir entschwand ihrer Sicht.
     Die Vampire machten sich auf den Heimweg. Vor dem Eingang zur Domus Aurea trafen sie wieder mit den beiden Getreuen zusammen, die der Conte dem Kardinal hinterhergeschickt hatte, doch von dem alten Mann in seiner roten Robe konnte Franz Leopold keine Spur entdecken. Hatten sie ihn ausgesaugt und zum Vampir gemacht, sobald er in ihrer Gewalt war? Die Möglichkeit, dass sie ihn nicht hatten einholen können, war nicht einmal eines Gedanken wert. Doch warum brachten sie ihn nicht mit hierher? Er musste in einen Sarg gelegt werden, bis die schmerzhafte Wandlung vollzogen war. Das konnte einige Nächte dauern, und es war nicht gut, wenn man das junge Wesen der Nacht in dieser Zeit alleine ließ - auch wenn es nur zu einem Servienten wurde. Franz Leopold sah fragend zu Conte Claudio hinüber. Er wirkte alles andere als überrascht, den Kardinal nicht zu sehen.
    »Nun, was habt ihr mir zu berichten?«, fragte er, als sie die Pforte durchschritten hatten und in den großen Hof traten. Einer der Servienten verbeugte sich, ehe er dem Familienoberhaupt antwortete.
    »Wir hatten ihn schnell eingeholt und folgten ihm dann so auffällig, dass er uns gar nicht übersehen konnte. Er lief zum Tiber hinunter und dann am Ufer entlang. Wir schlossen mal näher auf, dann ließen wir uns wieder ein wenig zurückfallen, doch nur so weit, dass er sich weiter gehetzt fühlte.«
    »Er war nicht sehr schnell unterwegs!«, sagte der andere. »Selbst für einen Mann in diesem Alter!«
    Der Erste fuhr fort. »Auf der
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