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Nocturne City 03 - Todeshunger

Titel: Nocturne City 03 - Todeshunger
Autoren: Caitlin Kittredge
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Stahlkabel-Verankerung des Brückenpfeilers gelöst und schlug mit einer ungeheuren Wucht in die Windschutzscheibe meines Wagens ein. Zum Glück blieb er auf halbem Weg stecken.
    »Raus! Los, laufen Sie!«, schrie die Frau in dem Minivan neben mir, und ich war fast geneigt, ihrer Aufforderung zu folgen, denn mittlerweile federte die gesamte Brücke auf und ab, während die Luft vom panischen Geschrei der Menschen und den heulenden Alarmanlagen der Autos erfüllt war.
    Das Beben erfasste ein letztes Mal die gebeutelte Brückenkonstruktion, die daraufhin ein gewaltiges Stöhnen von sich gab. Zum Abschied riss es einen tiefen Spalt in den Asphalt, der sich vor dem Fairlane über die gesamte Straße zog.
    Dann war es mit einem Schlag ruhig. Nur das wilde Rauschen der Wassermengen tief unter uns war noch zu hören. Doch die Stille währte nur kurze Zeit. Schon wenige Sekunden nach der letzten Erschütterung heulten die Motoren der Autos vor mir auf, weil alle Welt versuchte, schnellstmöglich von der Brücke zu kommen.
    Auch ich trat aufs Gaspedal, rumpelte geräuschvoll über den Riss im Asphalt und kramte dann mein Handy hervor. Es dauerte einige Sekunden, bis ich ein ausreichend starkes Signal hatte, um Bryson anrufen zu können. »David, Luna hier. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ich werde wahrscheinlich etwas später kommen.«
    Erst eine geschlagene Stunde später hatte ich es endlich von der verdammten Brücke geschafft. Ich kroch weiter im Schneckentempo durch den Innenstadtverkehr, wo der Staub des aufgerissenen Asphalts und die Autoabgase meinen Mund in eine Wüste verwandelten. Glücklicherweise kam ich dank meiner Dienstmarke recht schnell an den Absperrungen des Katastrophenschutzes vorbei und erreichte das relativ unversehrt gebliebene Highland Park genau eineinhalb Stunden nach der verabredeten Uhrzeit.
    Sam s Donut Bungalow war genau das, was der Name vermuten ließ: Ein rosafarbener Holzbungalow, vor dem gelbe Sonnenschirme vergnügt im Wind flatterten und das satte Grinsen zufriedener Kunden den Eindruck erweckte, es hätte nie ein Erdbeben gegeben. Bis auf einen Riss im Schaufenster, der nun dummerweise den riesigen aufgemalten Schoko-Donut in zwei Hälften teilte, hatte das Holzgebäude die Erdstöße tatsächlich heil überstanden.
    Bryson lümmelte an einem Tisch im hinteren Teil des Bungalows. Mit seiner verspiegelten Pilotenbrille und dem auberginefarbenen Anzug war er relativ leicht unter den restlichen Gästen auszumachen.
    »Hast du die Gurkenmaske nicht abbekommen, oder warum kommst du so spät?«, ranzte er mich an und schob die Sonnenbrille auf die Nasenspitze, um seine Verärgerung durch einen finsteren Blick zu unterstreichen.
    »Oh, tut mir leid, dass ich dir Umstände bereitet habe, Bryson! Vielleicht hast du es ja unter deiner hypercoolen Sonnenbrille nicht mitbekommen, aber die Stadt wurde gerade von einem heftigen Erdbeben durchgeschüttelt, während ich auf der Siren Bay Bridge im Stau stand.«
    Ohne auf meine Erklärung einzugehen, winkte er mit einer lässigen Handbewegung die Bedienung an unseren Tisch. »Kandee?«, sprach Bryson sie zögerlich an, nachdem er viel zu lange auf das Namensschildchen auf ihrem weißen Top gestarrt hatte. »Kaffee bitte, und dann bring mir doch noch eine große Marzipanschnecke, Püppchen, und für die junge Dame hier …«, mit einem Augenzwinkern nickte er in meine Richtung, »… was immer sie haben will.«
    »Nenn mich noch einmal junge Dame, und du hast keine Zähne mehr, um deine Marzipanschnecke zu kauen«, blaffte ich ihn an, bevor ich mich an Kandee wendete. »Für mich bitte zwei Kokostörtchen, ein großes Schoko-Eclair mit Puddingfüllung und einen Nougat-Vanille-Donut. Danke.«
    Die Kellnerin starrte mich – genau wie Bryson – einen Augenblick lang mit großen Augen an, murmelte dann aber: »Kommt sofort« und machte sich auf den Weg. »Was glotzt du so verdattert?«, fauchte ich Bryson an. »Werwolf-Stoffwechsel – wenn ich jetzt nicht genug esse, bin ich in einer Stunde wieder hungrig.«
    »Du bist ein Freak, Wilder«, brummte Bryson kopfschüttelnd. Dann kippte er sich drei Tütchen Zucker in den Kaffee, nahm einen Schluck und zuckte zusammen. »Ich hasse das Zeug! Habe neuerdings ein Magengeschwür wegen dieses Drecks, und dazu noch dieser Fall … ich muss nur die Augen schließen, dann habe ich sofort wieder die Bilder der Leichen vor mir.«
    Zum Glück klang Bryson verärgert, nicht geschockt oder gar verstört.
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