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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman
Autoren: Walde + Graf Verlag
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und ihre Ringe. Ihn überkam eine unheilvolle Ahnung. Sie war weg! Er stand reglos mitten im Zimmer und versuchte sich vorzustellen, wie das Leben ohne sie wäre.
    Er klingelte, von panischen Befürchtungen erfüllt. Das Mädchen kam.
    »Wo ist Mrs Sartoris?« Er versuchte vergeblich, seine vor Furcht bebende Stimme zu beherrschen.
    »Sie ist ausgegangen.«
    »Wann kommt sie zurück?«
    »Das hat sie nicht gesagt«, antwortete das Mädchen, und Byron fiel auf, dass sie in einem neuen und nicht sehr respektvollen Ton zu ihm sprach.
    »Möchten Sie jetzt Ihren Kaffee?«, erkundigte sie sich.
    »Bitte.«
    Es war kühl, und Byron schloss das Fenster, aber er zog die Vorhänge nicht zu. Eine helle Aprilsonne erfüllte das Zimmer. Im Bad fand er das Wasser zu warm, und die Temperatur irritierte seine Nerven. Er ließ kaltes Wasser zu und fühlte sich erleichtert, als es auf seinen schmerzenden Körper prasselte. Als er aus der Wanne stieg und sich abtrocknete, war sein Körper empfindungslos geworden. Kein Kribbeln, von Kopf bis Fuß nur das Gefühl einer toten Leere ohne jegliches Gefühl. Als er sich anzog, ereignete sich etwas, das ihn völlig verstörte. Zum ersten Mal in seinem Leben zog er den linken Schuh auf den rechten Fuß. Es war ein bedrohliches Unglücksomen und zitternd zog er den Schuh wieder aus.
    Er band sich gerade seine Krawatte um, als Marie hereinkam. »Stellen Sie es einfach hin«, sagte er, »ich gehe aus. Wenn Mrs Sartoris zurückkommt, sagen Sie ihr, dass ich bald wieder hier bin.«
    Warum hatte er gesagt, dass er ausging? Warum hatte er sich so hastig angezogen? Er wusste es jetzt. Ohne sie konnte er keine ruhige Minute in dieser Wohnung bleiben. Es war nicht nur für seinen Seelenfrieden, sondern für seine bloße Existenz unerlässlich, dass er sie sofort fand. Er ließ das Frühstück stehen, schnappte Hut und Mantel, stürmte hinaus und warf die Tür hinter sich zu.
    Auf dem Bürgersteig zögerte er – welche Richtung sollte er denn einschlagen? Wo konnte er sie nur finden? Wohin konnte sie denn gegangen sein? Als er in unentschlossener Verzweiflung dastand, fühlte er eine Berührung an seinem Arm. Er drehte sich um und sah das lächelnde Gesicht eines schwarzen Mannes. Er trug eine
    Chauffeurlivree, nahm die Mütze ab und wies auf die andere Seite der Straße.
    »Das ist der Wagen von Mrs Boniface«, sagte er, »sie hat mir gesagt, dass ich sie holen soll.«
    »Hat sie …«, begann er und fuhr nicht fort, da ihm einfiel, dass Adora dem Bediensteten nichts erklärt haben würde. Er folgte dem Chauffeur stumm und stieg in den Wagen ein. Seine Hoffnungen stiegen. Lasca musste nach ihm geschickt haben. Wie sollte Adora sonst wissen, wo er sich befand? Während der Fahrt war sein Herz erfüllt von hoffnungsvoller Wärme.
    Vor Adoras Haus sprang er förmlich aus dem Wagen, stürzte die Treppenstufen hinauf und klingelte. Bald erschien ein Dienstmädchen.
    »Ich bin Byron Kasson, ist …?«
    »Treten Sie bitte ein, Mr Kasson. Legen Sie ab.«
    Sie führte ihn nach oben. Der Salon war leer. Byron ging ungeduldig auf und ab. Schließlich kam Adora die Treppe herunter.
    »Wo ist Lasca?«
    Adora war jetzt im Zimmer. »Bitte, setzen Sie sich«, forderte sie ihn auf und fügte hinzu: »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.« Byron folgte der Aufforderung nicht.
    »Wie haben Sie mich denn dann gefunden?«
    »Ganz Harlem weiß, wo Sie Ihre Zeit verbracht haben. Ich habe meinem Chauffeur gesagt, er solle den Wagen so lange draußen warten lassen, bis Sie allein herauskämen. Es war nicht sehr bequem für mich, zwei Tage ohne Auto auszukommen.«
    »Warum haben Sie es denn dann getan? Welchem besonderen Interesse verdanke ich diese Aufmerksamkeit?«
    »Ach, setzen Sie sich doch bitte und hören Sie auf, mich anzuschreien.«
    Er gehorchte ihr. Vielleicht wusste sie ja etwas. Vielleicht konnte sie ihm helfen, Lasca zu finden.
    Adora saß ihm gegenüber. »Hat sie Sie verlassen?«
    »Ja. Nein! Was meinen Sie?«
    »Sie haben sie also verloren. Lassen Sie mich Folgendes sagen: Sie werden sie nie wiedersehen, jedenfalls nicht unter den gleichen Umständen.«
    »Sie wissen …!«, brach es aus ihm hervor.
    »Ich weiß jedenfalls«, unterbrach sie ihn, »dass Lasca Schluss macht, wenn sie Schluss macht.«
    »Sie Lügnerin!«
    Adora wartete einen Augenblick, bevor sie antwortete. Es fiel ihr offensichtlich sehr schwer, sich zu beherrschen. Dann fuhr sie fort. »Sie sind ein sehr ungezogener junger Mann, und ein sehr
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