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Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg

Titel: Nibelungen 09 - Der Zwergenkrieg
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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es eiskalt den Rücken hinunter.
    Er wandte sich nach rechts und ging lange Zeit an der schroffen Felskante entlang. Endlich, als er das Aquädukt bereits nicht mehr hinter sich sehen konnte, stieß er auf eine steinerne Brücke. Sie war nicht breit und schien ihm keineswegs vertrauenserweckend. Mit vorsichtigen Schritten lief er zur anderen Seite und kam dort wohlbehalten an. Von dort aus rannte er so schnell er konnte zurück zum Aquädukt und zu der Öffnung, in der er Geist hatte verschwinden sehen. Als er den Schacht erreichte, rief er noch einmal den Namen des Moosfräuleins, doch auch diesmal bekam er keine Antwort.
    Mißmutig prüfte er mit den Fingern die Wassertiefe des Kanals, dann zuckte er seufzend mit den Schultern und stieg hinein. Er mußte sich während des ganzen Weges in der Röhre bücken, um nicht mit dem Kopf anzustoßen, und ihm fielen kaum mehr neue Flüche ein, mit denen er seine verdammenswerte Lage bedenken konnte. Er würde ein ernstes Wort mit Geist reden müssen, wenn er sie denn jemals in diesem Wirrwarr aus Tunneln, Schächten und Sälen wiederfand.
    Er verlor allmählich jegliches Zeitgefühl. Wie lange lief er dem Moosfräulein nun schon hinterher? Bald einen halben Tag, fürchtete er, und da der Weg beständig abwärts führte, mußte dies bedeuten, daß er in Kürze den alten Wohnbereich der Zwerge verlassen und in die leerstehenden Minenschächte vordringen würde. Dort unten aber, das wußte er von gelegentlichen Abstiegen an Alberichs Seite, fiel es noch schwerer, den Überblick über Richtung und Entfernung zu behalten.
    Er kam an eine Gabelung, an der sich zwei weitere Kanäle mit jenem, den er benutzte, vereinigten. Das Wasser stieg noch höher und floß immer schneller, ohne daß der Hauptkanal breiter wurde. Mittlerweile reichte die Oberfläche bis zu Löwenzahns Hüften, und er begann, erbärmlich zu frieren.
    Und dann, als er schon glaubte, daß er niemals an ein Ende der Wasserwege gelangen würde, spuckte ihn der Kanal in einen unterirdischen See. Löwenzahn wurde von der Strömung unter die Oberfläche gerissen, schluckte Wasser und schlug voller Panik um sich, bis es ihm endlich gelang, zurück an die Oberfläche zu gelangen und sich umzuschauen.
    Er befand sich in einer domartigen Grotte, deren Wände unbehauen und über und über mit Moos und einer Art Efeu bewachsen waren. Die Decke vermochte er nicht zu erkennen, so hoch schwebte sie über ihm; sie verschmolz in der Ferne mit dem grünlichen Zwielicht. Der See war nicht besonders groß, vielleicht dreißig Schritte von einer Seite zur anderen. Allerdings bemerkte Löwenzahn am gegenüberliegenden Ende einen Strudel, der auf den ersten Blick harmlos wirkte, wohl aber groß genug war, um einen ausgewachsenen Menschen in die Tiefe zu ziehen. Offenbar hatte Löwenzahn Glück gehabt, daß er an dieser Seite hineingespült worden waren. Mindestens zwei Dutzend Kanäle mündeten rund um den See in die Grotte, und aus allen rauschte das Wasser in weißen Säulen hinab zur aufgeschäumten Oberfläche.
    Löwenzahn war alles andere als ein geübter Schwimmer, trotzdem gelang es ihm, mit unbeholfenen Arm- und Beinstößen zum Ufer zu gelangen. Der sichtbare Teil des Sees nahm nur etwa zwei Drittel des Höhlenbodens ein, der Rest bestand aus einer glatten Felsplatte. Sie schien über der Wasseroberfläche zu schweben, denn der See setzte sich unter ihr fort, aber das erkannte Löwenzahn erst im Näherkommen. Nur um Haaresbreite gelang es ihm, einer plötzlichen Strömung zu entkommen, die ihn unter die Felsscholle ziehen wollte.
    Prustend und keuchend zog er sich ins Trockene. Das seltsame Dämmerlicht schien hier noch eine Spur düsterer zu sein als in den höhergelegenen Ebenen des Berges, und so erkannte er die kleine Gestalt vor der moosüberwucherten Wand erst beim zweiten Hinsehen.
    »Geist!« rief er erleichtert aus. »Da bist du ja!«
    Die Gestalt schrak zusammen, ein schwarzer Scherenschnitt vor dem Dunkelgrün der Mooswand, machte erst einen Schritt auf Löwenzahn zu, dann wandte sie sich plötzlich ab und stürmte zum entfernten Rand der Felsscholle.
    Löwenzahn sprang auf und lief verständnislos hinterher, rief immer wieder Geists Namen, doch die Gestalt rannte weiter vor ihm davon, blieb noch einmal an der Kante der Scholle stehen und stürzte sich dann kopfüber in die Fluten.
    Löwenzahn schrie auf und wollte hinterherspringen, ungeachtet des nahen Strudels und der gefahrvollen Strömungen, als plötzlich
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