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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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nichts?
    SITTAH.
    Ich bitte dich, Al-Hafi; sei bescheiden.
    SALADIN.
    Das ist doch sonderbar! Was könnte Sittah

    So feierlich, so warm bei einem Fremden,

    Bei einem Derwisch lieber, als bei mir,

    Bei ihrem Bruder, sich verbitten wollen.

    Al-Hafi, nun befehl ich. - Rede, Derwisch!
    SITTAH.
    Laß eine Kleinigkeit, mein Bruder, dir

    Nicht näher treten, als sie würdig ist.

    Du weißt, ich habe zu verschiednen Malen

    Dieselbe Summ’ im Schach von dir gewonnen.

    Und weil ich itzt das Geld nicht nötig habe;

    Weil itzt in Hafis Kasse doch das Geld

    Nicht eben allzuhäufig ist: so sind

    Die Posten stehngeblieben. Aber sorgt

    Nur nicht! Ich will sie weder dir, mein Bruder,

    Noch Hafi, noch der Kasse schenken.
    AL-HAFI. Ja,

    Wenn’s das nur wäre! das!
    SITTAH.
    Und mehr dergleichen. -

    Auch das ist in der Kasse stehngeblieben,

    Was du mir einmal ausgeworfen; ist

    Seit wenig Monden stehngeblieben.

    28
    AL-HAFI. Noch
    Nicht
    alles.
    SALADIN.
    Noch nicht? - Wirst du reden?
    AL-HAFI.
    Seit aus Ägypten wir das Geld erwarten,
    Hat
    sie
    …
    SITTAH. (zu
    Saladin)
    Wozu
    ihn
    hören?
    AL-HAFI. Nicht
    nur
    nichts
    Bekommen
    …
    SALADIN.
    Gutes Mädchen! - Auch beiher

    Mit vorgeschossen. Nicht?
    AL-HAFI.
    Den ganzen Hof

    Erhalten; Euern Aufwand ganz allein
    Bestritten.
    SALADIN.
    Ha! das, das ist meine Schwester!
    (Sie
    umarmend.)
    SITTAH.
    Wer hatte, dies zu können, mich so reich

    Gemacht, als du, mein Bruder?
    AL-HAFI.
    Wird schon auch

    So bettelarm sie wieder machen, als

    Er selber ist.
    SALADIN.
    Ich arm? der Bruder arm?

    Wenn hab ich mehr? wenn weniger gehabt? -

    Ein Kleid, Ein Schwert, Ein Pferd, - und Einen Gott!

    Was brauch ich mehr? Wenn kann’s an dem mir fehlen?

    Und doch, Al-Hafi, könnt’ ich mit dir schelten.
    SITTAH.
    Schilt nicht, mein Bruder. Wenn ich unserm Vater

    Auch seine Sorgen so erleichtern könnte!
    SALADIN.
    Ah! Ah! Nun schlägst du meine Freudigkeit

    Auf einmal wieder nieder! - Mir, für mich

    Fehlt nichts, und kann nichts fehlen. Aber ihm,

    Ihm fehlet; und in ihm uns allen. - Sagt,

    Was soll ich machen? - Aus Ägypten kommt

    Vielleicht noch lange nichts. Woran das liegt,

    Weiß Gott. Es ist doch da noch alles ruhig. -
    Abbrechen,
    einziehn,
    sparen, will ich gern,

    Mir gern gefallen lassen; wenn es mich,

    Bloß mich betrifft; bloß mich, und niemand sonst

    Darunter leidet. - Doch was kann das machen?

    Ein Pferd, Ein Kleid, Ein Schwert, muß ich doch haben.

    Und meinem Gott ist auch nichts abzudingen.

    Ihm gnügt schon so mit wenigem genug;

    Mit meinem Herzen. - Auf den Überschuß

    Von deiner Kasse, Hafi, hatt’ ich sehr
    Gerechnet.
    AL-HAFI.
    Überschuß? - Sagt selber, ob

    Ihr mich nicht hättet spießen, wenigstens

    Mich drosseln lassen, wenn auf Überschuß

    29

    Ich von Euch wär’ ergriffen worden. Ja,

    Auf Unterschleif! das war zu wagen.
    SALADIN. Nun,

    Was machen wir denn aber? - Konntest du

    Vorerst bei niemand andern borgen, als
    Bei
    Sittah?
    SITTAH.
    Würd’ ich dieses Vorrecht, Bruder,

    Mir haben nehmen lassen? Mir von ihm?

    Auch noch besteh ich drauf. Noch bin ich auf

    Dem Trocknen völlig nicht.
    SALADIN. Nur
    völlig
    nicht!

    Das fehlte noch! - Geh gleich, mach Anstalt, Hafi!

    Nimm auf bei wem du kannst! und wie du kannst!

    Geh, borg, versprich. - Nur, Hafi, borge nicht

    Bei denen, die ich reich gemacht. Denn borgen

    Von diesen, möchte wiederfordern heißen.

    Geh zu den Geizigsten; die werden mir

    Am liebsten leihen. Denn sie wissen wohl,

    Wie gut ihr Geld in meinen Händen wuchert.
    AL-HAFI.
    Ich kenne deren keine.
    SITTAH. Eben
    fällt

    Mir ein, gehört zu haben, Hafi, daß

    Dein Freund zurückgekommen.
    AL-HAFI. (betroffen)
    Freund? mein Freund?

    Wer wär’ denn das?
    SITTAH. Dein
    hochgepriesner Jude.
    AL-HAFI.
    Gepriesner Jude? hoch von mir?
    SITTAH.
    Dem Gott, -

    Mich denkt des Ausdrucks noch recht wohl, des einst

    Du selber dich von ihm bedientest, - dem

    Sein Gott von allen Gütern dieser Welt

    Das Kleinst’ und Größte so in vollem Maß

    Erteilet habe. -
    AL-HAFI.
    Sagt’ ich so? - Was meint’

    Ich denn damit?
    SITTAH.
    Das Kleinste: Reichtum. Und
    Das
    Größte:
    Weisheit.
    AL-HAFI.
    Wie? von einem Juden?

    Von einem Juden hätt’ ich das gesagt?
    SITTAH.
    Das hättest du von deinem Nathan nicht
    Gesagt?
    AL-HAFI.
    Ja so! von dem! vom Nathan! - Fiel

    Mir der doch gar nicht bei. - Wahrhaftig? Der

    Ist endlich wieder heimgekommen? Ei!

    So mag’s doch gar so schlecht mit ihm nicht stehn.
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