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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht
Autoren: Stephen King
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Rahmen, die ein Vermögen wert sein müssen. Einige weisen eine gewisse Ähnlichkeit mit Stephen auf, wie ich mich seiner entsinne. Ich glaube, daß ich meinen Onkel Henry Boone und seine Frau Judith erkannt habe; die übrigen sind mir fremd. Ich nehme an, daß eins der Portraits mein eigener wohlbekannter Großvater Robert sein könnte. Stephens Seite der Familie ist mir aber gänzlich unbekannt, was ich aus ganzem Herzen bedauere. Das gleiche frohe Gemüt, das Stephens Briefe an Sarah und mich zeigten, der gleiche Ausdruck hoher Intelligenz, spiegeln sich in diesen Portraits wider, so schlecht sie auch sein mögen. Aus welch törichten Gründen sich doch Familien entzweien! Ein durchstöbertes Schreibpult, harte Worte zwischen Brüdern, die mittlerweile schon drei Generationen tot sind, und schuldlose Nachkommen werden unnötigerweise entfremdet. Ich muß immer wieder daran denken, was für ein Glück es doch war, daß es Dir und John Petty gelang, Kontakt zu Stephen aufzunehmen, als es schien, daß ich meiner Sarah aus dieser Welt folgen würde - und wie unglückselig es war, daß uns das Schicksal die Gelegenheit nahm, uns persönlich kennenzulernen. Wie gerne hätte ich Stephen die Statuen und Möbelstücke der Ahnen verteidigen hören!
    Aber laß mich dieses Haus nicht allzu sehr verunglimpfen.
    Sicher, Stephens Geschmack war bestimmt nicht der meine, aber unter dem äußeren Anstrich der Dinge, die er hinzugefügt hat, gibt es Stücke (eine Reihe davon, in den oberen Zimmern, sind unter Schutztüchern verborgen), die wahre Meisterwerke sind. Da finden sich Betten, Tische und massive, dunkle Ornamente in Teak und Mahagoni, und viele der Schlaf- und Empfangszimmer sowie das obere Arbeitszimmer und der kleine Salon besitzen einen melancholischen Charme. Die Fußböden bestehen aus kostbarem Kiefernholz und schimmern in einem inneren und geheimen Licht. Hier findest Du Würde; Würde und das Gewicht von Jahren. Ich kann noch nicht sagen, daß es mir gefällt, aber ich respektiere es. Ich kann es kaum erwarten, zu sehen, wie es sich verändert, wenn wir uns im Kreislauf dieses nördlichen Klimas drehen.
    Himmel, ich finde wieder einmal kein Ende! Schreibe bald, Bones. Berichte mir, welche Fortschritte Du machst und was Du Neues von Petty und den anderen weißt. Und bitte, begehe nicht den Fehler, neue Bekannte aus dem Süden unbedingt von Deinen Ansichten überzeugen zu wollen - ich habe mir sagen lassen, daß sich nicht alle damit begnügen, nur mit ihrem Mund zu antworten, wie zum Beispiel unser ermüdender Freund, Mr. Calhoun.
    Herzlichst
    Dein Freund CHARLES.

    16. Oktober 1850
    Lieber Richard,
    Hallo, wie geht es Dir? Ich habe oft an Dich gedacht, seit ich hier in Chapelwaite meinen Wohnsitz aufgeschlagen habe, und hatte halb damit gerechnet, etwas von Dir zu hören - und jetzt bekomme ich einen Brief von Bones, in dem er mir schreibt, daß ich vergessen habe, im Club meine Adresse zu hinterlassen! Du kannst sicher sein, daß ich so oder so irgendwann geschrieben hätte, denn manchmal scheint es, daß meine echten und loyalen Freunde das einzig Sichere und völlig Normale sind, das mir in dieser Welt geblieben ist. Aber, mein Gott, wie weit verstreut wir nun sind! Du in Boston, wo Du immer noch getreu für den Liberator schreibst (dem ich übrigens auch meine Adresse geschickt habe), Hanson in England, auf einer seiner verwünschten Vergnügungsexkursionen, und der arme alte Bones mitten in der Höhle des Löwen, wo er seine Lunge kuriert.
    Hier läuft alles so gut, wie man erwarten kann, Dick; sei versichert, daß ich Dir noch ausführlich Bericht erstatte, wenn meine Zeit nicht mehr ganz so sehr von gewissen Ereignissen in Anspruch genommen wird, die sich hier abspielen - ich glaube, gewisse Vorfälle in Chapelwaite und der näheren Umgebung könnten durchaus dazu angetan sein, das Interesse deines Juristengeistes zu wecken.
    Aber in der Zwischenzeit möchte ich Dich um einen Gefallen bitten, wenn Du Dich darum kümmern willst. Erinnerst Du Dich noch an diesen Historiker, den Du mir damals beim Dinner bei Mr. Clary vorgestellt hast? Ich glaube, sein Name war Bigelow. Wie dem auch sei, er erwähnte, daß er es sich zum Hobby gemacht habe, alles zu sammeln, was er an sonderbaren historischen Überlieferungen bekommen könne, die sich genau auf die Gegend beziehen, in der ich jetzt wohne. Meine Bitte ist nun die: Würdest Du Dich mit ihm in Verbindung setzen und ihn fragen, welche Fakten, Überlieferungen
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