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Motte Maroni - Flossen des Grauens

Motte Maroni - Flossen des Grauens

Titel: Motte Maroni - Flossen des Grauens
Autoren: Residenz
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uns und unseren herrlichen See terrorisiert, 5.000 Euro. Den Kopf senden Sie bitte, ausreichend frankiert, an die Redaktion des Podersiedeler Morgenboten, Kennwort „Monsterplutzer”, Seepromenade 14, 7007 Podersiedel. Der Gewinner wird schriftlich verständigt und öffentlich geehrt.

Podersiedel voraus!
    Der Aufruf des Podersiedeler Morgenboten steht nicht nur daselbst zu lesen, sondern in allen großen Tageszeitungen, die man im Osten Österreichs kaufen kann. Das hat zur Folge, dass nahezu alle Hobby-Angler, die im Osten Österreichs wohnen und nicht gerade auf Urlaub sind, eine Sommergrippe haben oder lieber ins Bad gehen, sich auf den Weg zum Neusiedlersee gemacht haben. Um die Bestie zu erlegen und das Kopfgeld zu kassieren. Zu den hoch motivierten Anglern gesellen sich noch jede Menge Presseleute und Übertragungswägen von Funk und Fernsehen. Denn im Sommer ist man um jede Nachricht froh. Und ein Seemonster, das bringt unglaublich viele Hörer, Leser und Seher.
    Während die Hobby-Angler sämtliche verfügbaren Tret-, Ruder- und Segelboote ausgeborgt haben und sich zusammen mit den braun gebrannten Surfern bereits seit Stunden auf dem See wichtig machen, drängt sich die Presse auf dem Bahnsteig. Fotoapparate blitzen, Kameras surren, Stimmen brüllen durcheinander. Man schubst sich gegenseitig, um den aus Wien erwarteten Monsterfisch-Experten als Erster interviewen zu können.
    „Wie sind die so schnell da gewesen?“, erkundigt sich Motte bei seinem ratlosen Vater. Fast trauen sich die beiden nicht, den Zug zu verlassen, da beginnt Professor Maroni strahlend einer Frau zu winken, die sich durch die wogende Menge der Presseleute kämpft. Sie ist eher quadratisch gebaut, trägt eine Polizeiuniform, eine Margerite an der Kappe, und tritt dem Reporter Schoiswohl nicht ganz unabsichtlich, dafür ausgiebig auf die Zehen. „Das muss sie sein, die Herta Nipf!“, jubelt Mottes Vater. „Die Margerite ist das Erkennungszeichen!“
    Die Maronis klettern aus dem Zug, und sofort hält man Professor Maroni ungefähr vierzehn Mikrofone vor das Gesicht. „Herr Professor, Herr Professor, was sagen Sie zu dem Monster?“
    „Herr Professor, hat das Monster einen Namen?“
    „Herr Professor, wie ist Ihr Name?“
    „Herr Professor, werden Sie das Monster erlegen?“
    „Herr Professor, wird man das Monster nach Schönbrunn schaffen? * “
    Professor Maroni brummt der Schädel, hilflos blickt er in die Richtung, aus der Herta Nipf zu Hilfe eilen sollte, aber sie ist in der Menge untergegangen.
    „Herr Professor, ist das Monster ein Hai?“
    „Herr Professor, können Sie ausschließen, dass das Monster ein Hai ist?“
    „Herr Professor, können Sie ausschließen, dass das Monster Haie isst?“
    So sehr stürmen die Fragen auf den armen Professor Maroni ein, dass er in seiner Verwirrung nichts Besseres zu sagen weiß als: „Ich kann weder ausschließen noch bestätigen, dass das ‚Monster‘ ein Hai ist oder Haie isst!“ Mehr hat die Meute nicht gebraucht, sie beginnt zu toben, 1000 Fragen prasseln auf die Maronis hernieder. Da schnappt eine kräftige Hand Professor Maroni am Arm und Motte am Kragen, und die quadratische Frau mit der Margerite an der Kappe zieht die Maronis in den Waggon zurück. Zischend schließt sich die Tür, und alle drei atmen auf.
    „Professor!“, strahlt Herta Nipf, während sie Anselm Maronis Hand schüttelt.
    „Herta“, strahlt Mottes Vater, während er Hertas Nipfs Hand schüttelt.
    „Motte“, sagt Motte.
    Herta Nipf zwinkert ihm zu, dann öffnet sie die gegenüberliegende Tür des Zugwaggons. So lotst sie die Maronis über die Hinterseite des Bahnhofs in die Freiheit. Eine Traube von schlauen Reporterinnen und Reportern entdeckt die Flüchtenden und verfolgt sie bis zu Herta Nipfs Auto. Aber sie sind zu spät dran. Mit quietschenden Reifen prescht Herta Nipf los, die Reportertraube im Heckfenster wird kleiner und kleiner. „Uff!“, zischt Mottes Vater. „Das war knapp!“
    „Ich hoffe, Sie haben der Meute nichts gesagt!“, meint Herta Nipf besorgt. „Die verdrehen einem manchmal das Wort im Mund!“
    Professor Maroni schüttelt dämlich grinsend den Kopf. Motte ahnt Schlimmes.
    * Der Wiener Zoo liegt idyllisch in der Anlage des Schlosses „Schönbrunn“. In Wien sagt man daher, wenn man in den Zoo fahren oder gehen will: „Fahren wir (oder gehen wir) nach ‚Schönbrunn‘!“

Podersiedeler Morgenbote, Abendausgabe
    Ost-Hai bedroht
    unsere Sicherheit!
    Experte bestätigt:
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