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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir
Autoren: Stella Blómkvist
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in euch ist exakt jeweils so groß oder klein, wie ihr Anlass dazu gebt.«
    Raggi beugt sich über den Tisch.
    »Wenn dieses französische Mädchen wirklich ermordet wurde, wo ist dann seine Leiche?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ach nein? Also ist das ein Mord ohne Leiche?«
    Ich gucke auf den Bildschirm, wo immer noch das Bild von Marie und Grímur zu sehen ist. Das letzte Foto auf dem Film.
    »Thórdís Fridriksdóttir wird euch mit Sicherheit berichten können, was an jenem Abend passiert ist, nachdem sie aufgehört hat zu fotografieren. Also auch, was mit der Leiche geschah.«
    Die Goldjungs fragen weiter. Aber ich habe keine weiteren Antworten für sie. Nur Gegenfragen.
    »Wann wollt ihr Grímur und Eddi festnehmen?«
    »Es geht dich nichts an, wie wir die Ermittlungen in diesem merkwürdigen Fall anlegen«, antwortet der Vize barsch.
    Nach einigem Hin und Her einigen wir uns darauf, dass der Film morgen Vormittag um zehn Uhr übergeben wird. In Anwesenheit von Zeugen.
    Der Himmel ist nach den Schauern des Abends grau und bewölkt und der Asphalt feucht, als ich endlich in die kühle Nachtluft hinaustrete.
    Trotzdem gehe ich leichten Schrittes. Bin überzeugt davon, dass es mir endlich gelungen ist, die Schlinge um den Hals eines grausamen Mörders und eines ekelhaften Perversen zu legen.
    Das ist ein ganz besonderes Gefühl.
    »Braunes Laub grünt nicht wieder.«
    Sagt Mama.

52
    Donnerstag, 23. September
    Der Fleischwolf der Macht ist gierig und unbarmherzig.
    Die idiotische Behauptung des Justizministers, dass die Fotos vom Geschehen im Pfuhl von Klettur gefälscht seien, präsentieren die meisten Medien als Tatsache. Genauso seine Erklärung, dass die Fälschung einen ernsthaften Angriff auf die isländische Regierung und damit die Sicherheit des Staates beinhaltet.
    Was für ein verdammter Schwachsinn!
    Aber zum Glück hat Máki sein Versprechen gehalten. Auf der Titelseite der DV wurde das Foto abgedruckt, auf dem man sieht, wie Grímur Rögnvaldsson Marie mit festem Griff um den Hals erwürgt.
    Die Veröffentlichung des Fotos reicht hoffentlich, um zu verhindern, dass die politischen Amtsschimmel versuchen, Beweismittel zu vernichten oder es gar verschwinden zu lassen.
    Ich komme vom Telefon einfach nicht los. Muss die Fragen aller Medien beantworten. Für manche Radio- oder Fernsehsender sogar live.
    Ich tue das vor allem deshalb, um die Botschaft zu verbreiten, dass die Fotos nicht gefälscht sind. Und widerlege gleichzeitig die Gerüchte, die sich heute Morgen im ganzen Land verbreitet haben: dass ich in Untersuchungshaft sitze.
    Gegen zehn Uhr rolle ich in meinem Silberhengst hinunter in die Stadt zur Landsbanki in der Austurstraeti. Treffe dort Raggi und drei seiner Mitarbeiter.
    »Sollst du die Ermittlungen leiten?«, frage ich verwundert.
    »Tja, das sieht wohl so aus«, antwortet er trocken.
    Die Übergabe dauert nur ein paar Minuten.
    Raggi lässt einen seiner Spezialisten die Negative begutachten. Steckt sie wieder in den Umschlag, nimmt die CD entgegen. Schiebt beides in einen durchsichtigen Plastikbeutel und quittiert den Empfang in Anwesenheit von Zeugen.
    Alles in Rekordzeit erledigt.
    Der Gegenangriff des Justizministers geht in den Abendstunden im staatlichen Fernsehen erst richtig los. Da behauptet Grímur, dass Thórdís Fridriksdóttir bei heutigen Verhören ausgesagt hat, dass die Fotos, die sie in Klettur im Sommer 1995 gemacht hat, gestellt gewesen wären. Die drei, die man auf den Fotos sehen kann, hätten alle für sie geschauspielert. Darunter auch Marie Fauré, die tatsächlich am 15. August 1995 mit der Norröna das Land verlassen hätte.
    »Diese uralten, gestellten Fotos werden dann zu politischen Angriffen auf mich persönlich benutzt, auf die Partei und die Regierung«, sagt Grímur in einem Exklusivinterview mit einem der ältesten Nachrichtenpapageien des Fernsehens. »Damit wird die Integrität der demokratisch gewählten Volksvertreter untergraben, und ich stehe zu meinen Worten auf der Bürgerversammlung gestern Abend, dass eine solche Attacke einem Terroranschlag auf die Demokratie gleichkommt und nichts anderes.«
    Dem Nachrichtenpapagei fällt natürlich nicht ein, den Minister zu fragen, wie seine neue Erklärung zu den Fotos zu seiner früheren Behauptung passt, dass sie gefälscht seien. Aber stattdessen äußert er sich ausführlich darüber, dass der Minister bereits seine Anwälte beauftragt hat, einen Prozess wegen Verleumdung gegen mich vorzubereiten.
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