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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)
Autoren: Matthias Bauer , Bastian Zach
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Herr vergebe uns unsere Sünden
.
    Und ich bitte dich, stellvertretend für die Deinen – vergebt auch ihr uns
.
    Jacobus Kettler, im Jahr des Herrn 1680.“
    Niemand sprach ein Wort.
    „Er kommt von oben –“, sagte Elisabeth.
    „Das hab ich nicht gewusst“, meinte der Großvater erschüttert. „Sicher, die Leut haben geredet, als der Kettler mit einem Kind dahergekommen ist, aber er hat gesagt, dass es ihm seine Schwester aus der Stadt hatte anvertrauen müssen.“
    Johann starrte ins Leere. „Gesunde Kinder …“ Er schlug das Buch auf und blätterte durch die Zeichnungen der Krankheitsbilder, sah, dass sie mit Fortlaufen des Buches immer morbider wurden.
    „Jemand hat das Leiden der Ausgestoßenen von Anfang an festgehalten“, sagte Elisabeth.
    Johann nickte. Er blätterte die letzte Seite um und stutzte.
    „Hier hat jemand die letzten Seiten“, er sah genauer hin, „herausgeschnitten. Ja, fein säuberlich, man sieht kaum den Steg.“
    „Was mag da wohl gestanden haben?“, fragte Elisabeth.
    „Das spielt doch jetzt keine Rolle mehr“, sagte der Großvater.
    Johann schlug das Buch zu. Der alte Mann hatte Recht.
    „Johann – eins wollte ich dich noch fragen.“ Der Großvater schien kurz zu überlegen, ob er fortfahren sollte. „Hast den Jakob gesehen?“
    Elisabeth wurde rot. Man konnte ihr den Gedanken deutlich ansehen: Er ist mein Vater, und ich hab nicht einmal nach ihm gefragt.
    Der Großvater sah Johann immer noch fragend an.
    Und ob er Jakob Karrer gesehen hatte.
    Blutüberströmt, sinister, die schwarzen Adern pulsierend, wie er sich mit Beil und Holzprügel gnadenlos auf den Kommandanten zubewegte …
    „Nein“, sagteJohann. „Oben war er nicht.“
    Nicht immer ist die Wahrheit das höchste Gut.
    Elisabeth atmete erleichtert auf, aber in den Augen des Großvaters sah Johann deutliche Zweifel.
    Aber Johann hatte keine Zeit, um darüber nachzudenken, er stand abrupt auf. „Wir sollten das Nötigste zusammenpacken. Morgen müssen wir in aller Früh aufbrechen. Alle.“
    „Lass gut sein, ich bin schon zu alt. Ich würd euch nur aufhalten“, sagte der Großvater müde. „Am besten, ich bleib hier in der Stube, beim Vitus, und wart, bis das Feuer im Ofen ausgegangen ist …“
    „Wir lassen dich nicht zurück, Großvater. Entweder wir alle oder keiner!“, sagte Elisabeth bestimmt.
    Der Großvater sah sie an, sah die Entschlossenheit in ihren Augen. „Also gut“, flüsterte er leise. „Also gut.“
    Johann und Elisabeth waren schon fast bei der Tür, als der Großvater sie noch einmal zurückrief. „Elisabeth!“
    Die beiden blieben stehen und sahen den alten Mann an.
    „Bist ein rechtes Maderl geworden. Ich werd immer stolz auf dich sein.“
    „Aber Großvater –“ Elisabeth verstand nicht.
    „Dir dank ich auch, Johann. Pass mir schön auf mein Lisele auf, hörst mich?“
    Johann nickte. „Ich versprech’s dir.“
    Der Großvater schien erleichtert. „Dann ist ja alles recht. Und nun beeilt euch.“
    Als die beiden die Stube verlassen hatten, ließ der alte Mann seinen Kopf in die Hände sinken. Er wusste, dass Johann die Unwahrheit gesagt hatte. Und er wusste, was das zu bedeuten hatte – dass sein Sohn zurückkommen würde.
    In das Dorf – zu ihm.
    Und vielleicht ist das nur gerecht. Vielleicht hab ich schon immer zu wenig Kraft gegen ihn aufgewendet. Stattdessen hab ich meinen eigenen Sohn feig aus meinem Gebet ausgeschlossen und ihm nicht nur einmal den Tod gewünscht
.
    Es war still in der Stube, nur das Knacken der brennenden Holzscheite im Ofen war zu hören, und Vitus, der leise im Schlaf jaulte.
    Der alte Mann dachte an seine geliebte Frau, und wann er sie wohl wiedersehen möge.
    Er war schon lange bereit.
    Langsam griff er zu Pfeife und Tabaksbeutel …
    Johann und Elisabeth liefen durch das Dorf. Überall herrschte gespannte Ruhe, vor vielen Häusern standen bereits Fuhrwerke und harrten ihrer Beladung.
    Als sie im Hof angekommen waren, kam ihnen Sophie entgegen, eine kleine Schale in der Hand.
    „Sophie, hast schon alles zusammengepackt?“, fragte Elisabeth unruhig.
    Sophie nickte. „Freilich, hab ja nicht viel.“ Sie rang sich ein müdes Lächeln ab. „Bin gleich zurück.“
    „Aber beeil dich.“
    Sophie nickte. Sie zögerte, sah Johann und Elisabeth an. Dann gab sie Johann schnell einen Kuss auf die Wange und lief zum Stall. Johann verstand nicht, aber Elisabeth zog ihn schon ins Haus.
    Sophie füllte die kleine Schale mit frischer Milch, nahm
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