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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)
Autoren: Matthias Bauer , Bastian Zach
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den Waldrand mit seinen Blicken ab.
    Nichts.
    Vielleicht war es ein Rotwild gewesen? Das bedeutete Nahrung – oder ein Mensch, das bedeutete Rettung.
    „Ist da wer?“, rief Johann, aber er bekam keine Antwort außer dem Brausen des Windes. „Ich brauche Hilfe!“, versuchte er es erneut, als ihn ein heftiger Hustenanfall schüttelte.
    Nachdem der Husten abgeklungen war, fiel Johann etwas auf. Auf der rechten Talseite war eine Spalte erkennbar, vielleicht ein kleines Seitental, das einen Ausgang aus dieser verlassenen Gegend bildete.
    Warum sah er das erst jetzt?
    Johann blickte schnell auf das Kruzifix, dann wieder auf die Spalte. Hoffnung keimte in ihm auf, vielleicht war noch nicht alles verloren. Die Spalte war nicht weit entfernt, in wenigen Stunden könnte er sie erreicht haben. Obwohl ihm das Vorhaben lächerlich erschien – er schätzte, dass er nicht einmal mehr eine volle Stunde schaffen würde –, fixierte er die Geländemarke und ging los …
    Nach einer Stunde schleppte er sich nur mehr auf allen Vieren, aber er war immerhin noch in Bewegung. Johanns Verwundung sandte in regelmäßigen Abständen Signale aus, die sich wie eine angezündete Lunte durch seinen Oberkörper brannten.
    Aber Johann beachtete den Schmerz nicht mehr.
    Manchmal schien ihm, als wär er nicht mehr allein – der Wind heulte von den vergletscherten Einöden der Gebirgskette herab, sprach zu ihm, und immer wieder konnte er lachende Gesichter und höhnische Fratzen im aufkommenden Schneegestöber erkennen.
    Schwindelgefühl überkam ihn. Johann blieb stehen, atmete tief durch.
    Der Schwindel wurde stärker, Johann sackte vornüber in den Schnee. Er wollte sich aufrichten, schaffte es aber nicht mehr. Es war vorbei – und mit einem Male überkam ihn tiefe Ruhe, eine Geborgenheit, die er schon lange nicht mehr gefühlt hatte.
    Hier war es gerade recht zu verweilen.

V
    Ein gellender Schrei ließ Johann wieder zu Bewusstsein kommen.
    Starre, schwarze Augen über ihm, dann wieder der Schrei.
    Ein großer Kolkrabe hockte auf Johann und bekundete seinen Anspruch auf das Aas.
    Noch nicht, Totenvogel, noch nicht
.
    Mit einer schnellen Handbewegung scheuchte er den Raben fort, der protestierend davonflog. Mehr als die Handbewegung brachte Johann nicht zuwege, Aufstehen war ihm unmöglich.
    Er neigte den Kopf erst auf die eine, dann auf die andere Seite.
    Die Dunkelheit hatte alles verschlungen, nur der Schnee bildete einen scharfen Kontrast zu dem unergründlichen Schwarz, das sich vor ihm aufbaute: Ein dichter Wald schien in einiger Entfernung vor ihm zu liegen.
    Hinter dem Wald musste das Tal liegen. Es war nicht mehr weit.
    Mit letzter Kraft zog er sich am Stamm einer Tanne hoch und torkelte in den Wald, kämpfte sich durch Unterholz und über umgestürzte Bäume. Bald schien es ihm, als wäre er aus seinem geschundenen Körper geschlüpft und sähe sich selbst dabei, wie er sich durch den Wald kämpfte.
    Einen Wald, dessen Bäume Gesichter hatte, wie Johann auf einmal voll Unbehagen bemerkte.
    Sie waren freundlich, dann zunehmend dreist und hinterhältig, freuten sich über Johanns Schwäche. Ihr Gelächter dröhnte in seinen Ohren, bis er es nicht mehr aushielt, die Fäuste gegen den Himmel reckte und einen Schrei der Verzweiflung ausstieß.
    Johann spürte die Anstrengung sofort, spürte das Blut in seinen Schläfen pochen, dann wurde alles still.
    Er schlug auf dem Boden auf.
    Sein dritter Sturz, seit er das Kruzifix auf der Lichtung entdeckt hatte. Auch der Erlöser war dreimal gestürzt, bevor er gestorben war. Seltsam, dass ihm das jetzt einfiel.
    Eine Batterie von Lichtblitzen feuerte vor seinen Augen, als er sie langsam schloss …
    Lichtblitze?
    Er öffnete die Augen wieder.
    Sah kleine Lichter, zwei, vielleicht drei Meilen entfernt.
    Johann rieb sich die Augen, aber dies war keine Einbildung, kein Fiebertraum! Dort waren Häuser. Bewohnte Häuser! Der Gedanke gab ihm Kraft. Er stemmte sich ein wenig aus dem Schnee und kroch auf allen Vieren den Lichtern entgegen.
    Das erste Bauernhaus der Siedlung war grob gezimmert und entsprach der Bauweise in diesem Teil der Alpen: ein steinernes Fundament, dicke Holzbohlen, ein wuchtiger Dachstuhl. Warmes Licht fiel aus einem Seitenfenster und schnitt ein Viereck in den Schnee, aus dem Schornstein quoll Rauch.
    Es war ein Anblick, der Sicherheit versprach und Johann wie der Himmel auf Erden schien.
    Er erklomm die zwei Stufen zur Eingangstüre und setzte zum Klopfen an. In dem Moment
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