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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika
Autoren: Annie Proulx
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ersetzte ihn und stammelte etwas von seiner geringen Erfahrung und seiner Unfähigkeit, Witze zu erzählen, was ihn nicht davon abhielt, sogleich einen langen und umständlichen Witz zum besten zu geben, in dem es um Schwiegermütter mit Haaren auf den Zähnen, schimpfende Ehefrauen, einen gerissenen Hund, einen tückischenStier und ein sprechendes Pferd ging, ohne je zu einer Pointe zu finden, bis das Publikum laut zu stöhnen begann.
    »Gut, gut, dann wollen wir jetzt mit dem Kälbereinfangen weitermachen. Hiiiier sind die Jungs von der Wall Street Ranch. Kommt in die Gänge, Jungs, die Tiere sind tierisch aufgeregt.«
    Das Lassoeinfangen im Team sorgte für atemlose Spannung. Das erste Paar, das antrat, waren Charles Grapewine und Shug Capps von der Diamond Bar Ranch. Grapewine fing den kleinen Flitzer direkt vor dem Tor ein und führte ihn im rechten Winkel weg. Capps fesselte das Tier an den Hinterbeinen mit einem sauberen klassischen Lassowurf.
    »Elf Sekunden!« brüllte Advance Slauter, als der Zeitnehmer seine Stoppuhr hochhielt. Keiner der nächsten Lassowerfer kam an diese Zeit heran. Bob sah Bruder Mesquite außerhalb der Arena ernst auf seinen Gefährten einsprechen. Beide neigten den Kopf und murmelten. Bob nahm an, daß sie möglicherweise beteten. Tatsächlich hatte er so oft bei Rodeos Gebete und Bekreuzigungen miterlebt, daß ihm das ganze Geschehen wie ein religiöses Ritual vorkam, um Gott freigebig zu stimmen und ihm für erwiesene Gunst zu danken. Bruder Hesychast warf einen Blick zum Himmel und bewegte die Finger, als zwicke er in die Luft, als reibe er sie, um die Feuchtigkeit zu bestimmen. Die Gewitterwolken hatten sich mittlerweile merklich entfernt, die Brise aus Nordosten kühlte die Prärie. Vielleicht, dachte Bob, würde es doch nicht zu einem Sturm kommen. Nach kurzer Diskussion traten beide Männer zu ihrem Gepäck und holten Lassos hervor, doch dann sah Bob, wie Bruder Mesquite zurücklief und das neue Lasso gegen das alte oder gegen ein drittes austauschte.
    Das Triple-Cross-Team kam zuletzt an die Reihe. Bruder Hesychast ritt ein wendiges zähes kleines rotbraunes Pferd mit für Bobs Begriffe etwas zu dicken Fesseln, Bruder Mesquite TicTac. Beide Männer hatten ihre Kutten geschürzt, und auf ihrerBrust schimmerten Kreuze. Die Pferde trugen Schabracken und Beinschienen, eine ungewöhnliche Maßnahme bei Ranchpferden, die normalerweise nicht verwöhnt wurden.
    Bruder Hesychast wartete reglos auf seinem Pferd in der Box und starrte auf eine Stelle am anderen Ende der Arena. Bruder Mesquites Augen glitzerten wie die einer Katze beim Anblick der Maus. Das Signal erfolgte, das Kalb raste aus seiner Box, Bruder Hesychast erhob sich in den Steigbügeln und ritt hinterher, holte mit über dem Kopf geschwungenem Lasso zur Linken der Beute auf, deren Geschwindigkeit das kleine rotbraune Pferd genau abschätzte, und schon saß die Schlinge um den Kälberhals, und das Kalb wehrte sich wie verrückt. Das Kalb war ausgeruht und voller Kraft, und Bruder Hesychast mußte fest zupacken und das Tier nach links durch die Arena zwingen. Das Kalb rannte. Als es eine Wendung beschreiben wollte, ritt Bruder Mesquite mit gezücktem Lasso herbei, ließ die Schlinge rotieren und schlug zu, so daß sie sich um die Hufe des Tiers zuzog und das Publikum johlend von den Sitzen aufsprang.
    »Sechskommaeins! « grölte Slauter. »Aus der Luft! Was sagt ihr dazu? Ein Panhandle-Cowboy! Das war weltmeisterlich, was wir da eben gesehen haben! Verdammt noch mal, bessere Lassoarbeit kriegt man nirgends zu sehen! Und jetzt ein Hoch auf die Jungs von Triple Cross!« Bob schrie, bis er heiser war.
    Alles weitere kam ihm harmlos vor, obwohl das Melken der wilden Kühe verrückt genug war – verschlagene, alte, halbverwilderte Kühe, die von Dreierteams in die Enge getrieben wurden, woraufhin die Teams sich bemühten, ein paar Tropfen Milch in eine kleine Flasche zu zapfen. Mehrere Cowboys humpelten vom Schlachtfeld, verfolgt von der siegreichen Kuh. Warnell Pue rief von irgendwo aus dem Publikum unversehens: »Eine ganz fiese alte Kuh … «
    Die Wall Street Ranch gewann das Kälbereinfangen, das Wildkuhmelken und das Futtersackhüpfen und wurde mit derEhrenmedaille für das Gesamtergebnis ausgezeichnet – mit dreihundert Dollar für das Team, einer Satteldecke für jeden Teilnehmer und dem Woolybucket Ranch Rodeo Cup, einem echten Silberpokal, in den seit 1933, dem zweiten Jahr der Wettkämpfe, die Namen aller Ranches,
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