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Mit Fünfen ist man kinderreich

Mit Fünfen ist man kinderreich

Titel: Mit Fünfen ist man kinderreich
Autoren: Evelyn Sanders
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protestierte Sven.
    »Vermutlich nicht, warte lieber bis nachher. Oder schreib's morgen irgendwo ab, ich kriege das sowieso nicht raus.«
    Auf dem Bildschirm verschwand die Wetterkarte, und eine stramme Musikkapelle erschien. Wir waren wieder in Mexiko.
    Und weiter ging's. Die Herren der Schöpfung wurden zunehmend lebhafter, und es bleibt dahingestellt, ob diese Temperamentsausbrüche dem Spielgeschehen oder den geleerten Weinflaschen zuzuschreiben waren.
    »Der Vogts steht heute immer falsch!« mißbilligte Rolf, als wieder einmal ein Ball ins Aus gerollt war. »Aber der Beckenbauer ist einfach großartig!«
    Erstaunlich, wie die Männer die einzelnen Spieler auch noch namentlich auseinanderhalten konnten; ich war schon froh, wenn ich wußte, wer zu welcher Mannschaft gehörte.
    »Könn' wir mal Licht machen, mir ist hier eben eine Masche gefallen.«
    »Nu laß das bis nachher, Berta, das Spiel is ja bald aus.«
    Wenzel-Berta rollte resigniert ihr Strickzeug zusammen und beteiligte sich jetzt intensiv am Spielgeschehen.
    »Was hat der denn?«
    Ein Spieler lag am Boden und wurde massiert.
    »Die sollen den mal mit Franzbranntwein einreiben, das is'n wahres Wundermittel. Der Schmidt ihre Krampfadern sind damit sogar weggegangen …«
    »Berta, sei jetzt endlich still!«
    2:0. Sascha sprang auf und raste zum zweitenmal gegen die Stehlampe. Rolf drückte seine Zigarette (die wievielte?) im Weinglas aus, und Sven, der den Kampf mit der Scheune wohl endgültig aufgegeben und sich in den Hintergrund des Zimmers verdrückt hatte, tobte wie ein Derwisch in gefährlicher Nähe des Philodendrons herum.
    »Sieh dir bloß mal die Beine von dem Mann an!« rief Wenzel-Berta entsetzt und deutete auf die muskelbespickten Oberschenkel von Gerd Müller in Großaufnahme. »Das ist doch bestimmt krankhaft. Und denn immer diese Kopfbälle, auf die Dauer is das bestimmt nich gut.«
    Langsam beruhigten sich die Gemüter wieder. Außerdem waren nur noch ein paar Minuten zu spielen, da konnte kaum noch viel passieren.
    Als der Schlußpfiff ertönte, schlugen sich die Männer begeistert auf die Schultern und versicherten sich gegenseitig, was wir (wir?) doch für tolle Kerle seien.
    Bevor die Haustür hinter ihnen zuklappte, hörte ich Wenzel-Berta noch fragen: »Eugen, sind wir denn nu Weltmeister?«
    Die noch verbleibende Zeit bis zum endgültigen Auszug verbrachte ich vorwiegend auf Landstraßen. Mindestens jeden zweiten Tag pendelte ich zwischen Heidenberg und Bad Randersau, ausgerüstet mit Zollstock und diversen Zetteln, auf denen ich vermerkt hatte, welcher Schrank in welche Ecke gestellt werden sollte, um dann feststellen zu müssen, daß er dort nicht hinpaßte, weil er fünf Zentimeter zu lang war. War ich wieder zu Hause, dann hatte ich garantiert vergessen, die andere in Betracht kommende Nische auszumessen, und die Zettelschreiberei ging von vorne los.
    Auf der anderen Seite genoß ich ausgiebig die Möglichkeit, wieder an Ort und Stelle etwas kaufen zu können, erstand zwei noch fehlende Lampen, die von einem richtigen Elektriker angeschlossen wurden, und heuerte einen ortsansässigen Dekorateur an, der sich um die noch benötigten Gardinen kümmerte. Bei dieser Gelegenheit lernte ich als erstes, daß in einem Kurort fast alles teurer ist als woanders, ausgenommen Lebensmittel, weil überwiegend preisgebunden.
    Inzwischen hatten die großen Ferien begonnen, und statt mich irgendwo am Meer in der Sonne zu aalen und dem dolce far niente zu frönen, packte ich wieder einmal Kisten ein, entrümpelte Keller und Boden – auch Tante Lottis Bierkrug mit Zollernburg verschwand in der Mülltonne – und ermunterte meine Söhne, gleiches zu tun. Sie trennten sich auch tatsächlich von neun zerlesenen Comic-Heften und drei räderlosen Matchboxautos und schleppten ansonsten ständig neue Pappkartons von Frau Häberle an, in denen sie ihre Schätze verstauten.
    Ungewohnte Bereitwilligkeit zeigten sie lediglich dann, wenn ich sie bat, mich auf einer Fahrt nach Bad Randersau zu begleiten. Entgegen meiner Vorstellung, sie würden mir beim Ausmessen der Fenster helfen oder einen Teil der anfallenden Reinigungsarbeiten übernehmen, verschwanden sie meist sofort nach unserer Ankunft und schlossen neue Freundschaften. Sascha hatte ziemlich schnell herausgefunden, wo die ihm zusagenden Kinder wohnten, und noch bevor wir endgültig eingezogen waren, kannte ich den größten Teil seiner späteren Clique.
    Da gab es Manfred, einen dunkelhaarigen
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