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Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe

Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe

Titel: Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
Autoren: Arthur Slade
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Krankheit zu leiden, beträgt eins zu 1,4 Millionen. Es sei denn, ein Elternteil ist selbst an MKS erkrankt – dann ist die Wahrscheinlichkeit etwa eins zu fünf.
    MKS verläuft hundertprozentig tödlich und ist nicht heilbar. Hat der Angriffsprozess des Immunsystems einmal begonnen, kann man ihn nur noch verlangsamen, aber nicht aufhalten. Was genau diesen Angriff auslöst, ist unbekannt. Normalerweise bricht die Krankheit im Kindes- oder Jugendalter aus und die Betroffenen sterben, bevor sie selbst Kinder haben. Deshalb ist sie so selten.
    Meine Mutter war eine der wenigen Ausnahmen. Als die Krankheit bei ihr im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wurde, waren Rafael und ich fünf Jahre alt. Drei Monate später war sie tot.
    Rafael und ich waren draußen auf dem zugefrorenen See und schlitterten um die Wette, als wir zum ersten Mal etwas merkten. Wir hatten uns eine glatte Bahn gemacht, nahmen Anlauf und versuchten, so weit wie möglich zu gleiten, egal, ob auf den Füßen, den Knien oder dem Hosenboden. Der Trick beim Weitschlittern ist natürlich der, dass man auf der kurzen Strecke bis zur Absprungsmarke möglichst viel Schwung bekommt. Man muss also mit aller Kraft lossprinten. Da Rafael und ich die gleiche Konstitution hatten und stets gemeinsam Sport trieben, waren wir ziemlich genau gleich gut darin. Doch schon beim dritten oder vierten Versuch schlitterte ich doppelt so weit wie er.
    »Was ist los mit dir?«, fragte ich ihn.
    Sein Atem bildete dicke weiße Wolken, die stoßweise aus seinem Mund kamen wie bei einer Dampflok in einem Wildwestfilm. »Ich … ich bin … etwas außer Atem«, keuchte er.
    Wir sahen uns an und im selben Moment befiel uns beide eine tiefe Beklemmung.
    »Meinst du …?«, fragte er.
    Ich schüttelte heftig den Kopf. »Quatsch. Du hast wahrscheinlich eine Grippe oder so.« Doch die Lust am Schlittern war mir vergangen.
    Wir wurden regelmäßig von Dr. Hasselhoff untersucht. Er war ein Freund meines Vaters, eigentlich kein Arzt, sondern Genetiker, und arbeitete an irgendeinem wissenschaftlichen Institut. Großzügig unterstützt von Spendengeldern der Ogilvy-Stiftung erforschte er die Ursachen des Myers-Katzenberg-Syndroms in der vagen Hoffnung, eines Tages ein Heilmittel dafür entwickeln zu können.
    Dr. Hasselhoff und mein Vater hatten immer versucht, uns über die Ursachen des Todes meiner Mutter im Unklaren zu lassen, erst recht über die Gefahr, in der wir selbst schwebten. Sie wollten uns ein unbeschwertes Leben ermöglichen. Aber dafür waren Rafael und ich viel zu neugierig. Kaum hatten wir gelernt, mit dem Internet umzugehen, googelten wir den Begriff MKS und wussten, was los war. Doch wir ließen uns davon den Spaß am Leben nicht verderben. Immerhin betrug die Chance, nicht daran zu erkranken, achtzig Prozent.
    An jenem Tag, als ich Rafael im Weitschlittern schlug, betete ich, er möge tatsächlich einfach nur erkältet sein, doch sein blasses Gesicht und sein keuchender Atem ließen mich Schlimmes befürchten. Kurz darauf bestätigte Dr. Hasselhoffs Diagnose meine Ahnung.
    Wir wussten beide, dass uns nicht mehr viel Zeit blieb. Bei meiner Mutter war die Krankheit erst spät erkannt worden, sodass sie kaum noch abgebremst werden konnte. Selbst bei einer frühen Diagnose und mit allen medizinischen Tricks würde sich Rafaels Leben nur um ein, höchstens zwei Jahre verlängern lassen.
    Wer glaubt, dass die Zeit danach von Trübsal und Angst geprägt war, kannte Rafael nicht. Die Medikamente, die ihm Dr. Hasselhoff gab, vertrieben seine Erschöpfung und er lachte dem Tod buchstäblich ins Gesicht. »Dann sterbe ich eben, na und?«, sagte er einmal zu mir. »Ich wollte schon immer wissen, was danach passiert.«
    Bestärkt von der Erinnerung an Rafaels Löwenmut beschloss ich, etwas zu unternehmen. Ich konnte einfach nicht mehr nur tatenlos herumliegen und Trübsal blasen. Ich musste herausfinden, was mit meinem Vater los war.
     
    Ruphus hatte einen großen Schlüsselbund mit den Schlüsseln zu allen Türen im Haus. Der glatzköpfige Butler war im Grunde ganz in Ordnung, nur manchmal ein bisschen hochnäsig. Er bildete sich etwas darauf ein, dass er der einzige Amerikaner war, der jemals die Abschlussprüfung der London School of Servants for the Nobility geschafft hatte – einer Schule für Butler, die eigentlich Adeligen dienen sollen.
    Bei uns in Amerika sind die Leute, die einen Butler haben, nicht adelig, sondern reich. Ruphus hätte viel lieber für einen
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