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Menschenfänger

Menschenfänger

Titel: Menschenfänger
Autoren: F Steinhauer
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kommen sicher, weil Sie Informationen über die arme Frau Knabe sammeln wollen, nicht wahr?«, fragte ein weißhaarige, ältere Dame aufgeregt.
    »Ja. Je mehr wir wissen, desto besser können wir uns vorstellen, was für ein Mensch sie war und …« … wo wir den Täter suchen müssen, hätte er beinahe hinzugefügt, doch gerade rechtzeitig fiel ihm ein, dass sie ja noch gar nicht wussten, ob Frau Knabe ermordet wurde.
    »Zum Beispiel wüssten wir gerne, wann Frau Knabe zum letzten Mal gesehen wurde.«
    »Da sind wir uns schon ziemlich einig. Am Montag wurde sie noch von Frau Schulz gesehen. Danach nicht mehr.«
    Sie wies auf eine magere Frau Mitte 40, die unglücklich auf die Tischdecke starrte.
    »Frau Schulz?«
    Die Frau nickte schwach.
    »War sie denn wie sonst? Oder kam sie Ihnen ängstlich, aufgeregt oder besonders traurig vor?«
    »Tja, das kann man bei Evelyn Knabe nicht so einfach beantworten. Wissen Sie, sie hat sehr zurückgezogen gelebt – sie war eben nicht der Typ, der einfach mal auf einen Plausch stehen bleibt. Zeit für Belanglosigkeiten schien sie nicht zu haben«, erklärte Frau Martens an Stelle der Angesprochenen. Die Damen rückten etwas zusammen, und Michael Wiener fand sich auf einem ausladenden Sofa wieder, eine Tasse Kaffee wurde ihm zugeschoben, und ein Stück selbstgebackene Sahnetorte fand seinen Weg auf den Teller vor ihm.
    »Hmmm, wunderbar«, nuschelte er den Mund voll Kuchen. »Haben Sie den selbst gebacken?«
    »Wir backen immer selbst«, freute sich die Hausfrau und errötete. »Den Kaffee können Sie bedenkenlos trinken. Um diese Zeit nehmen wir entkoffeinierten. Sonst können wir nicht schlafen, wissen Sie?«
    »Evelyn Knabe hat nie an unseren Kränzchen teilgenommen. Vielleicht waren wir ihr nicht niveauvoll genug«, stellte eine resolute, sportliche Frau am anderen Ende der Tafel fest.
    »Seid nicht so schrecklich ungerecht! Sie hat viel gearbeitet. Da blieb ihr für so etwas einfach keine Zeit«, verteidigte die weißhaarige Frau die Verstorbene.
    »Was war sie denn von Beruf?«, fragte Wiener und schluckte den letzten Bissen Torte hinunter.
    »Na, wie heißt das richtig? Wärterin ist doch sicher nicht der richtige Ausdruck! Schließerin, glaube ich – draußen in Dissenchen in der JVA. Oh, jetzt weiß ich’s – Vollzugsbeamtin.«
    Alle Augen wandten sich der Sprecherin zu, Münder blieben offen stehen, über der Tafel spannte sich ein seltsam lüsternes Schweigen aus.
    »Was?!«
    »Na ja – eine Cousine von mir arbeitet da auch, und die hat sie erkannt, als sie mal bei mir zu Besuch war. Die Frau Knabe hat ein so entgeistertes Gesicht gemacht, als meine Cousine sie freundlich im Hausflur begrüßte, dass ich beschloss, niemandem etwas davon zu erzählen. Ich hatte den Eindruck, es wäre Frau Knabe ausgesprochen peinlich gewesen.«

7
    Johanna Merkowski schloss die Haustür auf, indem sie die eine Einkaufstüte an ihren Körper presste und die andere über die Hand auf den Unterarm gleiten ließ. Der kleine Malteser umsprang sie aufgeregt und wickelte ihr dabei die Hundeleine um die Beine.
    »Armstrong! So kann ich doch nicht laufen! Wenn du damit nicht aufhörst, kommen wir nie nach Hause und du musst auf dein Abendessen verzichten!« Sie lachte unbeschwert und warf die blonden Haare in den Nacken zurück.
    Johanna Merkowski war Anfang 20 und wunderschön. Seit Beginn des Jahres hatte sie einen Werbevertrag als Model bei einer der größten Kosmetikfirmen bekommen. Ihr ebenmäßiges Gesicht strahlte von Plakatwänden und Fernsehzeitschriften. In gut sortierten Kosmetikabteilungen lächelte es von Aufstellern an Verkaufsständen.
    Noch immer lachend stellte sie die Einkaufstüte ab und befreite sich aus der liebevollen Umwicklung.
    »Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?«, fragte eine angenehme Stimme neben ihr, und sie hob den Kopf. Ein freundlich lächelnder junger Mann sah sie an und spontan erwiderte sie das Lächeln.
    »Oh, danke! Wir kommen schon klar!«
    »Mein Name ist Heiner. Ziemlich altmodischer Name, ich weiß, aber der Vater meiner Mutter hieß so, und also bekam ich den Heiner ab. Schade, dass er nicht Sören hieß, hätte mir persönlich viel besser gefallen. Aber nun ist es zu spät«, lachte er und griff an ihr vorbei, um die Eingangstür aufzustoßen. Ehe sie protestieren konnte, hatte er schon die Einkaufstüte im Arm und eilte voraus.
    »Ich heiße Johanna.«
    »Und der kleine Wildfang da?«
    »Das ist Armstrong!«
    Er lachte.
    »Aha. Was für
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