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Mensch, Martha!: Kriminalroman

Mensch, Martha!: Kriminalroman

Titel: Mensch, Martha!: Kriminalroman
Autoren: Eva Klöck
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dieser Tür geträumt zu
haben. Ging sie auf oder zu?
    Eine kleine sommersprossige
Schwester öffnet ihr. Schwester Britta hat dienstfrei. Oder
sie ist krank geschrieben, weil ihr Scheidenpilz
bedenkliche Ausmaße angenommen hat.
    »Ich möchte Herrn Radspieler
besuchen.«
    »Bitte!« Die Schwester tritt
zur Seite. Sie kaut diskret Kaugummi.
    »Heute ohne Rebekka?« fragt
er. Seine Stimmbänder haben sich erholt. Der Mullstreifen über der
Nase ist weg.
    »Sie ist seit gestern wieder
in der Schule.«
    Ohne Rebekka bleibt Martha
nichts anderes übrig, als den Sicherheitsabstand zum Bett
zu verringern. Die Krankenschwester bringt ihr einen Stuhl und
stellt ihn neben das Bett. »Setzen Sie sich doch!« Die hat
früher mal in einem Fünf-Sterne-Hotel gearbeitet.
    Martha sitzt einen halben Meter
vom Bett entfernt. Ihr ist heiß. Sie schlüpft aus ihrer Jacke.
»Haben Sie Schmerzen?«
    »Nur, wenn ich lache.«
    Nur, wenn er lacht. Und was
sage ich jetzt? Martha würde ihren Pulli am liebsten auch noch
ausziehen, aber sie trägt kein T-Shirt darunter. »Herr
Radspieler, ich möchte mich bei Ihnen bedanken. Für alles, was
Sie für Rebekka getan und in Kauf genommen haben.«
    Er neigt den Kopf auf dem
Kissen so, dass er Martha direkt anschauen kann. Das Blau um die
Wangenknochen verändert sich bereits ins Gelb. »Frau
Morgenstern, Sie haben eine wunderbare Tochter.«
    »Ich weiß.«
    »Sie ist ein Teil von Ihnen.«
Er lächelt. Martha sieht den schwarzen Faden auf der Innenseite
seiner Unterlippe. Ihre Körpertemperatur steigt um weitere fünf
Grad nach oben.
    »Der bessere Teil.« Ihre
Stimme ist in eine höhere Tonlage gerutscht. Wie
peinlich!
    »Wer sagt das?«
    »Wie geht es Ihnen?« wechselt
Martha die Spur. Es fällt ihr einfach nichts Besseres ein.
    Er antwortet nicht. Er sieht
sie nur an. Ich möchte dich berühren, Markus
Radspieler.
    »Ich mag die Spritzen und die
Blutentnahmen nicht. Und alles andere auch nicht, was die sonst
noch mit mir anstellen. Mir graut vor dem Kernspin heute Nachmittag.«
    Martha lacht. »Sie verkohlen
mich. Sie sind ein Mann. Sie sind Arzt.«
    Er sieht Martha ins Gesicht. Da
begreift sie, dass er sie nicht auf den Arm nimmt. Eine Hitzewelle
geht durch ihren Körper. Sie merkt, wie ihre Wangen rot werden.
Ameisen krabbeln zwischen den Schulterblättern. Ich möchte dich
berühren und heut Nachmittag im Kernspin deine Hand
halten.
    »Darf ich Sie um einen
Gefallen bitten?« fragt er.
    »Ja, klar.«
    »Auch um mehrere?«
    »Nur zu!« Martha hat das
Gefühl, nach dünnem Eis wieder Boden unter den Füßen zu
haben.
    »Meine Haustür steht
vielleicht immer noch offen. Könnten Sie sich darum kümmern?«
    Martha nickt. »Mach ich.«
    »Wenden Sie sich außerdem an
Angelika, meine erste Mitarbeiterin. Ihre Adresse haben Sie
ja. Ich glaube, sie war hier, aber man hat sie weggeschickt. Meine
Praxis bleibt wohl bis auf weiteres geschlossen. Sagen Sie ihr,
sie soll das Nötige veranlassen.«
    »Ich erledige das. Kann ich
sonst noch was für Sie tun?«
    »In der Buchbinderei sind
Jacke, Tasche, Handy, Geldbeutel und Hausschlüssel von mir
zurückgeblieben. Einer von denen hat meine ec-Karte.«
    »Ich finde heraus, wo die
Sachen sind.«
    »Nehmen Sie alles an sich.«
    Martha nickt. Sie ist froh,
etwas für ihn tun zu können. Ich würde dich so gerne
berühren. Du wirst es vielleicht nicht wollen. Martha,
lass es sein!
    Ihre Hand legt sich auf das
Stück Stirn, das der Kopfverband übrig gelassen hat. Er schließt
die Augen. Seine Haut fühlt sich kühl an. Die Ameisen auf den
Schulterblättern drehen durch. Martha atmet schwer, als wäre
ihr Handfläche auf seiner Stirn die Einleitung zu einem aufregenden
Vorspiel. Der Schriftzug Eigentum des Klinikums
Rechts-der-Isar auf seinem Hemd hebt und senkt sich gleichmäßig. Es ist eine Berührung, die er nicht erwidern kann. Würde er?
    Ihre Hand löst sich von ihm.
»Ich muss dann los.«
    Er lässt die Augen
geschlossen. »Kommen Sie wieder, Martha Morgenstern?«
    »Ja, sicher.«
    Martha steht im Korridor und atmet tief durch. Sie
fühlt sich wie nach dem Dienstsport, wenn sie ihre Pulsfrequenz in
nicht mehr zuträgliche Werte getrieben hat und sich der
Ruhepuls nur mit großer Verzögerung einstellt.
    Ich bin in einem schlechten
Trainingszustand. Sie befühlt ihre heißen Wangen. Ich muss
wieder runterkommen. Sie versucht das ohne Zigarette. Sie setzt sich
in die Krankenhauskapelle.
    Von einem Café aus versucht
sie, Barbara anzurufen. Wieder einmal
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