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Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Melissas Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Autoren: Marlies Lüer
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Zigarillos loszuwerden. Wie sie die Dinger hasste, aber sie wollte eben Beata nicht verärgern. Sie war ihre einzige wahre Freundin, die einzige, die sie verstand und ihr düsteres Lebensgefühl teilen konnte. Am Bahnhof angelangt, war der Döner restlos verspeist und sie stieg in die S2, fuhr bis Endersbach, von dort ging es noch mit dem Bus weiter nach Strümpfelbach. Warum musste sie am Ende der Welt wohnen? In einem piefigen Ort in Schwaben? Berlin wäre so viel cooler. Oder London. Paris!
Als meine kleine Welt die ersten Risse bekam
     
    Eine gute Stunde später saßen wir mit Hannah am Tisch und aßen gegrilltes Gemüse und Fladenbrot mit selbstgemachter Kräuterbutter, als Miranda geräuschvoll heimkam. Sie hatte die Angewohnheit entwickelt, alle Türen zuzuknallen. Unsere Jüngste blieb in der Küchentür stehen und knurrte ein leises „Hi, Leute“. Ich deutete auf ihren Stuhl, aber sie schüttelte den Kopf. „Hab´ schon.“
    „ Du hast schon was?“ fragte Robert streng. „Setz dich zu uns, auch wenn du schon gegessen haben solltest.“
    Mürrisch schlurfte sie zum großen, alten Holztisch, der noch aus Miras Zeit stammte. Früher hatten wir oft lustige Tischgespräche geführt und unsere abendlichen Zusammenkünfte genossen. Früher? Das war nur ein gutes Jahr her. Dieses Jahr fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Ich hasste mittlerweile Teenagerhormone.
    „ Bist du wieder mit dieser Beata zusammen gewesen? Du riechst nach Rauch und Vanille.“
    „ Wird das jetzt ein Verhör? Dann kann ich ja gleich wieder gehen.“
    Robert war kurz davor, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. Ich legte meine Hand signalisierend auf sein Bein, um ihn milder zu stimmen.
    „ Kein Verhör, nur ein ganz normales Eltern-Kind-Gespräch. Weißt du, Eltern interessieren sich für ihre Kinder, was sie tun und mit wem sie sich treffen und so weiter.“
    Mir gelang es nicht ganz, den Sarkasmus aus meiner Stimme zu nehmen. Zu oft schon hatten wir diese Art der gereizten Kommunikation gehabt. Miranda funkelte uns aus ihren grünen Augen an. Im Sommer hatte sie goldene Sprengsel in ihrer Iris. Zusammen mit ihrer blassen Haut und dem glänzenden, schwarzen Haar war sie eine kleine Schönheit, nur war es ihr nicht bewusst. Sie gab ihren Haaren seit einiger Zeit einen violetten Ton mit blaugrünen Strähnen, der sich fürchterlich mit ihrer meist bordeauxschwarzen Kleidung biss. Ganz zu schweigen von der Akne, die sie leider Gottes schwer befallen hatte. Hannah war dies erspart geblieben, als sie in der Pubertät gewesen war.
    Als hätte Robert meine Gedanken gelesen, nahm er eine Strähne ihres Haares in die Hand und rümpfte die Nase. „Schon wieder gefärbt? Da hat mir das Grau vom letzten Monat bald besser gefallen, als dieses kranke Lila. Damit sahst du nur alt aus, aber nicht wie eine ertrunkene Wasserhexe.“
    Aufheulend stieß Miranda den Stuhl zurück, der gegen den Herd donnerte. Sie rannte die Treppe nach oben, knallte hinter sich die Tür zu und schloss sich in ihr Zimmer ein.
    „ Robert! Was sollte das? Wie kannst du nur so ihre Gefühle verletzen?“ Ich war gleichermaßen wütend wie entsetzt über so viel Unsensibilität.
    „ Wieso? Was habe ich denn schon gesagt? Sieh doch, wie sie wieder aussieht! Und außerdem, was ist mit deinen Gefühlen, die sie permanent verletzt? Ihre Unverschämtheit nimmt von Woche zu Woche zu. Wird Zeit, dass sich hier mal was ändert.“
    Hannah räusperte sich. „Apropos Änderung. Dieses Jahr werde ich nicht mit euch in den Urlaub fahren.“
    „ Was? Warum nicht?“ Meine Augen füllten sich mit heißen Tränen. Ich war nervlich zu angespannt, um darauf nicht mit einem Schwall von Gefühlen zu reagieren. Wir hatten doch immer so schöne gemeinsame Urlaube gemacht. Mal abgesehen vom letzten, der war eine Katastrophe gewesen. Wegen Miri.
    Bevor Hannah mir antworten konnte, sagte Robert mit rauer Stimme: „Wir fahren sowieso nicht weg.“
    „ Nicht?“ fragten Hannah und ich aus einem Mund.
    „ Nein. Zu viel Arbeit.“
    Robert versuchte eine Maske des Gleichmuts aufzusetzen, aber das misslang ihm. Ich sah, dass er tief im Inneren etwas vor uns verbarg. Beunruhigt wendete ich mit einer Zange die zweite Portion der mit Olivenöl bestrichenen Zucchinistücke auf dem Tischgrill, häufte mir etwas Quark auf meinen Teller und nahm auch vom Fladenbrot. Hannah verstand es wunderbar Brote zu backen, gleich welcher Art. Den Quark hatte ich angerührt mit frischen Kräutern und
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