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Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Titel: Meine Reise in die Welt der Gewuerze
Autoren: Alfons Schuhbeck
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Zwiebeln, Bohnen, Gurken, ebenso Gerste, Weizen und Hirse. Bei den Kräutern sind Fenchel, Thymian, Safran und Senf belegt. Selbst die Rose galt als bedeutende Heilpflanze.
    Das medizinische Wissen der Mesopotamier war verblüffend. Sie hatten begriffen, dass Lungenentzündungen am besten mit heißen Fenchelumschlägen zu behandeln sind – eine Therapie, die in Europa bis zur Entdeckung der Antibiotika üblich war. Sie kannten die segensreichen Wirkungen des Knoblauchs, der vor Bakterien und Pilzen schützt und außerdem Alterserscheinungen wie Arterienverkalkung und Bluthochdruck bekämpft. Und sie hatten erkannt, dass die verschiedenen Minzen die Verdauung erleichtern und den Gallenfluss fördern.
    Im Ägypten der Pharaonen wurde ein paar Jahrhunderte später wohl zum ersten Mal versucht, die Funktionen des Organismus, die Ursachen der Krankheiten und die Wirkungsweise der Heilmittel systematisch zu erklären. Das gesamte Denken Ägyptens war vom Nil geprägt, der Lebensader des Reichs. Deshalb bildete der Strom auch das Vorbild für die Vorstellungen des menschlichen Organismus. Gesundheit wurde als ungestörter Fluss des körpereigenen Stroms verstanden. Wenn die Versorgung durch Nahrung und die Entsorgung des Ballasts ohne Behinderung geschieht, ist der Mensch gesund. Falls nicht, muss man die Hindernisse im Körper beseitigen.

    Diese medizinische Theorie ist uns in mehreren Papyri überliefert, allen voran im berühmten »Papyrus Ebers«, der wichtigsten Quelle für die altägyptische Heilkunde überhaupt. Seine Geschichte ist eine richtige Räuberpistole, eine wahre Indiana-Jones-Geschichte: Der Ägyptologe Georg Ebers, ein Altertumsforscher von unbändigem Ehrgeiz, ist 1872 auf der Jagd nach einem sagenhaften Papyrus, hinter dem auch die Engländer und Amerikaner her sind wie der Teufel. Doch der deutsche Professor ist schneller: Wie durch ein Wunder entdeckt er ihn eines Tages in einem Antiquitätengeschäft in Theben. Ebers zieht den Verkäufer über den Tisch und zahlt 350 Pfund für diesen Schatz – immer noch eine ungeheure Summe, die fünf Jahresgehältern des Professors entspricht. Doch andere hätten bestimmt das Zehnfache gezahlt. Heute wird der Papyrus wie ein Kronjuwel in der Leipziger Universitätsbibliothek verwahrt.
    Der 3500 Jahre alte »Papyrus Ebers« enthält aberhunderte Rezepte gegen alle erdenklichen Krankheiten von Magen- und Darmerkrankungen über Augenleiden, Schlangenbisse und Asthma bis zu Brandwunden, Geschwüren und Leberschäden. Dass den Ägyptern nichts Menschliches fremd war, zeigen viele Mixturen, die sich mit eher lässlichen Dingen wie der Vermeidung von Haarausfall oder der Straffung der Gesichtshaut beschäftigen. Die Rezepturen wirkten nach der Vorstellung der Ägypter allerdings nur mit dem Wohlwollen der Götter – Medizin und Magie waren in den frühen Hochkulturen untrennbar, weil die Menschen zwar die Heilwirkung der Gewürze kannten, aber nicht den Grund dafür. Also konnten nur die Götter dahinterstecken, die auch für die Krankheiten verantwortlich gemacht wurden. »Wirksam ist der Zauber zusammen mit dem Heilmittel, wirksam ist das Heilmittel zusammen mit dem Zauber«, lautet das Mantra des »Papyrus Ebers«. Gegen einen einfachen Schnupfen zum Beispiel muss man beim Einnehmen der Medizin diese schaurige Beschwörungsformel aufsagen: »Du mögest ausfließen, Schnupfen, Sohn des Schnupfens, der die Knochen zerbricht, der den Schädel zerstört, der im Knochenmark hackt . . . komme heraus, zu Boden, verfaule, verfaule, viermal.«

    Mit Aberglaube hatte das alles aber nur zum Teil zu tun. Denn die Ägypter wussten über die medizinische Wirkung der Pflanzen bestens Bescheid. Sie schätzten die Früchte des Johannisbrotbaums, weil sie die Blutfettwerte senken und die Fettverdauung beschleunigen. Wacholder war eines der beliebtesten Heilmittel überhaupt. Man setzte die Beeren unter anderem als harntreibendes Medikament und zur Senkung des Blutzuckerspiegels ein. Kreuzkümmel wiederum wurde verabreicht, um den Speichelfluss, die Gallensaftausscheidung und die Aktivität der Bauchspeicheldrüse zu fördern – lauter Erkenntnisse, die bis heute aktuell sind. So wird gegenwärtig diskutiert, ob man Kreuzkümmel wegen seiner positiven Wirkung auf die Bauchspeicheldrüse und Wacholder wegen seines erstaunlichen Effekts auf den Blutzucker als Präventionsmittel gegen Diabetes einsetzen kann. Doch wir sollten uns noch eine ganz andere Frage stellen: Vielleicht hat die
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