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Meine kurze Geschichte (German Edition)

Meine kurze Geschichte (German Edition)

Titel: Meine kurze Geschichte (German Edition)
Autoren: Stephen Hawking
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Bondi.
    Da ich keine sehr gründliche mathematische Ausbildung in St. Albans oder in den recht einfachen Physikkursen in Oxford genossen hatte, schlug mir Sciama vor, über Astrophysik zu arbeiten. Aber nachdem man mich um die Arbeit mit Hoyle gebracht hatte, kam es für mich nicht in Frage, mir ein so langweiliges und trockenes Thema wie den Faraday-Effekt andrehen zu lassen. Ich war nach Cambridge gekommen, um über Kosmologie zu arbeiten, und ich war entschlossen, dabeizubleiben. Also las ich alte Lehrbücher über die allgemeine Relativitätstheorie und fuhr jede Woche mit drei anderen von Sciamas Doktoranden nach London zu Vorlesungen am Kings College. Aufmerksam nahm ich die Wörter und Gleichungen auf, bekam aber kein richtiges Gefühl für die Sache.

    SCIAMA machte mich mit der sogenannten Wheeler-Feynman-Elektrodynamik bekannt. Danach sind Elektrizität und Magnetismus zeitsymmetrisch. Doch wenn man eine Lampe anknipst, werden die Lichtwellen durch den Einfluss all der anderen Materie im Universum veranlasst, sich von der Lampe nach außen auszubreiten, statt aus der Unendlichkeit zu kommen und an der Lampe zu enden. Die Wheeler-Feynman-Elektrodynamik kann nur stimmen, wenn alles Licht, das die Lampe emittiert, von anderer Materie im Universum absorbiert würde. Angeblich konnte das nur in einem Steady-State-Universum geschehen, in dem die Materiedichte konstant blieb, nicht aber in einem Urknall-Universum, in dem die Dichte mit der Expansion des Universums abnahm. Daraufhin wurde behauptet, dies sei ein weiterer Beweis – wenn überhaupt noch einer erforderlich sei –, dass wir in einem Steady-State-Universum leben.
    Angeblich sollte es auch den Zeitpfeil erklären, den Grund, warum Unordnung zunimmt und wir die Vergangenheit und nicht die Zukunft erinnern. 1963 fand an der Cornell University eine Konferenz über die Wheeler-Feynman-Elektrodynamik statt. Feynman war über den Unsinn, der dort über den Zeitpfeil verzapft wurde, so empört, dass er seinen Namen aus den Protokollen streichen ließ. Obwohl er nur als Mr. X bezeichnet wurde, wusste indessen jeder, wer das war.
    Wie ich feststellte, hatten Hoyle und Narlikar die Wheeler-Feynman-Elektrodynamik bereits für expandierende Universen umformuliert und anschließend eine neue zeitsymmetrische Gravitationstheorie ausgearbeitet. 1964 stellte Hoyle die Theorie auf einer Sitzung der Royal Society vor. Ich war bei diesem Vortrag anwesend und erklärte in der Diskussion danach, durch den Einfluss aller Materie in einem Steady-State-Universum müsse dessen Masse unendlich werden. Hoyle fragte, wie ich darauf komme, und ich antwortete, ich hätte es ausgerechnet. Alle dachten, ich hätte es während seines Vortrags im Kopf überschlagen; tatsächlich aber hatte ich, da ich mir ein Büro mit Narlikar teilte, eine Kopie des Referats gesehen, sodass ich die Berechnungen schon vor der Sitzung hatte durchführen können.
    Hoyle war außer sich. Er versuchte gerade, ein eigenes Institut zu gründen, und drohte, sich dem Brain Drain nach Amerika anzuschließen, wenn ihm das Geld nicht bewilligt werde. Nun glaubte er, ich sei auf ihn angesetzt worden, um seine Pläne zu sabotieren. Doch er bekam sein Institut und gab mir später eine Stellung. Augenscheinlich hegte er keinen anhaltenden Groll gegen mich.

    IN meinem letzten Jahr in Oxford bemerkte ich, dass ich zunehmend unbeholfen wurde. Nachdem ich ein-, zweimal ohne erkennbaren Grund gestürzt war, ging ich zum Arzt, aber der sagte nur: «Lassen Sie das Biertrinken.»
    In Cambridge wurde ich noch unbeholfener. Als ich über Weihnachten auf dem See bei St. Albans Schlittschuh lief, fiel ich hin und konnte nicht wieder aufstehen. Meine Mutter bemerkte die Probleme und brachte mich zu unserem Hausarzt. Dieser überwies mich an einen Facharzt, und kurz nach meinem einundzwanzigsten Geburtstag ging ich ins Krankenhaus, um mich untersuchen zu lassen. Dort wurde ich zwei Wochen lang einer Reihe verschiedener Tests unterzogen. Sie entnahmen meinem Arm eine Muskelprobe, pflanzten mir Elektroden ein, injizierten ein Kontrastmittel in meine Wirbelsäule und beobachteten seine Bewegungen auf dem Röntgenschirm, während sie das Bett kippten. Danach teilte man mir aber nicht mit, was ich hatte, nur dass es keine Multiple Sklerose und ich ein atypischer Fall sei. Ich begriff jedoch, dass die Ärzte mit einer Verschlechterung meines Zustands rechneten und nichts tun konnten, außer mir Vitamine zu geben, wovon sie sich
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