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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht
Autoren: Andreas Schmidt
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Plastikvitrine mit
Lkw-Modellen im Eisenbahnmaßstab, daneben hingen
übergroße Poster mit unbekleideten Frauen an der Wand,
die sich vor chromglänzenden Trucks in Szene
setzten.
    »Wir sind wegen
eines Ihrer Fahrer hier - Kai Kötter.«
    »Hat Kai wieder
Scheiße gebaut?« Der Dicke sah kaum auf.
    »Wie man es
nimmt. Er ist mit einem Ihrer Fahrzeuge unterwegs.«
Mellinghaus riss sich vom Anblick der barbusigen Schönheiten
auf den Postern los und baute sich vor dem überladenen
Schreibtisch des Unternehmers auf.
    »Die Karre
muckt, macht Geräusche. Hat er wohl kaputtgefahren. Ich werde
es ihm vom Lohn abziehen, darauf kann er sich
verlassen.«
    »Was ist mit dem
Sprinter?«, wollte Hanser wissen.
    »Sag ich doch:
Macht Geräusche. Kai hat eben angerufen. Er kommt jetzt rein
und holt sich einen anderen Wagen. Unsere Kunden warten nicht. Sie
wollen bedient werden, komme was wolle.«
    »Dann sollten
Sie schon mal einen neuen Fahrer einplanen, der die Nachtschicht
übernimmt«, empfahl Birgit Hanser. »Kai
Kötter wird von uns gesucht, weil er unter dem dringenden
Tatverdacht steht, an mehreren Tötungsdelikten beteiligt zu
sein.«
    Klaus Viehring
vergaß seine Ignoranz, mit der er die Besucher bis eben
gestraft hatte. Er blickte zu den Kommissaren auf.
»Moment«, rief er. »Kai soll ein Mörder
sein?«
    »Er steht unter
dringendem Tatverdacht«, wiederholte Birgit Hanser
geduldig.
    »Scheiße.«
Viehring ließ seine Ladeliste sinken, die in seiner riesigen
Pranke winzig klein wie ein Notizzettel wirkte.
    »Sie sagen
es.« Hanser nickte. »Vielleicht können Sie ihn
noch einmal anrufen und ihn bitten, sofort zur Firma zu
kommen?«
    »Er wollte
gleich hier sein, wir haben vor zehn Minuten telefoniert.«
Viehring hatte sich wieder unter Kontrolle. »So lange werden
Sie doch warten können, um einen Mörder zu verhaften,
oder? Wenn Ihnen langweilig ist, können Sie auch gerne
draußen warten und in der Zwischenzeit noch ein paar Lkw
filzen, wie Sie es doch so gern tun.«
    »Sparen Sie sich
…«, setzte Mellinghaus an, doch Hanser gab ihm ein
Zeichen.
    »Schon
gut«, sagte sie beschwichtigend. »Wir warten hier, wenn
es Ihnen nichts ausmacht.«
    »Mir egal, aber
ich muss mich jetzt um einen neuen Fahrer kümmern.«
Klaus Viehring versank wieder unter seiner unsichtbaren Glocke und
vertiefte sich in seine Arbeit, ohne die Kommissare noch eines
weiteren Blickes zu würdigen.

 
    78
    14.35
Uhr
    Der Notarzt war
gleichzeitig mit dem Polizeiseelsorger eingetroffen, um sich um die
angeschlagene junge Frau zu kümmern, die massiv unter den
Folgen der Vergewaltigung litt. Doch immerhin lebte sie. Ob sie
jemals mit dem traumatischen Erlebnis zurecht kommen würde,
war noch nicht abzusehen. Auch die Streifenbeamten, auf die Franka
und Micha gewartet hatten, waren anwesend und unterstützten
die Kommissare
bei der Befragung der Nachbarschaft. Wie sich inzwischen
herausgestellt hatte, war Kai Kötter die Flucht über ein
Baugerüst gelungen, das auf der Rückseite des Hochhauses
montiert war, um dringende Reparaturen an der Fassade
durchzuführen. Unter einem Vorwand war er in die Wohnung eines
Nachbarn eingedrungen und war durch dessen Wohnzimmerfenster
über das Baugerüst verschwunden, um unbehelligt seinen
Lieferwagen zu erreichen und damit zu flüchten. Die Fahndung
lief auf Hochtouren, wie Bever ihnen am Telefon versichert hatte,
und somit war es nur eine Frage der Zeit, wann Kötter mit dem
recht auffälligen Lieferwagen den Kollegen ins Netz ging. Als
auch Zielke und Krüger am Tatort eintrafen, um die Spuren zu
sichern, war die so genannte Chaosphase vorüber. Jeder wusste,
was zu tun
war.         
    »Sieh
mal.« Micha war an ein einfaches Holzregal getreten, in dem
sich ein abenteuerliches Sammelsurium von Elektronikteilen befand.
Er erkannte eine alte Playstation, Tastaturen, Kabel sowie mehrere
Computer. Ein Rechner schien dabei recht neuwertig zu sein. Er
erregte Michas Aufmerksamkeit. Als Franka neben ihm stand, nahm er
den PC aus dem Regal.
    »Der ist so gut
wie neu und unterscheidet sich genau darin von dem restlichen
Elektronikmüll, den Kötter hier gehortet
hat.«
    »Und?«
Franka wusste nicht recht, worauf Micha hinaus wollte.
    »Der ist
entweder von einem Lkw gefallen oder schlicht und ergreifend
Diebesgut.«
    »Da fallt mir
was ein.« Franka schürzte anerkennend die Lippen.
»Manchmal bist du ein echt guter Ermittler,
Micha.«
    Er erwiderte das
Grinsen. »Ich weiß. Und jetzt werden wir die Kiste
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