Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition)
Autoren: Hans Rath
Vom Netzwerk:
entgegne ich anerkennend und spiele den Erstaunten.
    «Sie haben nicht zufällig einen verloren, oder?»
    Ich schüttle den Kopf, lächle. «Nein, mein Hund braucht keinen Maulkorb. Hat den Wesenstest direkt beim ersten Mal problemlos bestanden.» Für den Bruchteil einer Sekunde tätschle ich Fred den Kopf, und der ist so verdutzt, dass er nicht mal nach mir schnappt.
    Der Argwöhnische nickt, wendet sich wieder dem Häcksler zu. Sieht aus, als hätte er mir die Geschichte abgekauft.
    Ich verabschiede mich, wünsche viel Glück bei der Problembehandlung und obendrein einen wunderschönen Tag. Fred und ich machen uns zügig auf den Heimweg.
    Keine Sorge, sie können uns nichts beweisen. Was soll schon passieren? Wollen sie den Maulkorb nach Speichelspuren untersuchen und einen DNA-Test machen? Für ein paar Sekunden überlege ich unbehaglich, ob das vielleicht sogar ein gangbarer Weg wäre. Wer weiß, auf was für kranke Ideen die bei der Stadt kommen?

HERR ENGELKES WÄRE DANN AUCH SO WEIT
    «Besorgen Sie mir einen Maulkorb. Am besten einen gebrauchten.»
    «Welche Größe haben Sie denn?»
    Ich stutze. Hat Frau Hoffmann da gerade ihren ersten Witz seit 1959 gemacht?
    «Jagdhund-Bullterrier-Mix, mittelgroß.»
    «Gut. Herr Engelkes wäre dann auch so weit», sagt Frau Hoffmann und wartet darauf, dass ich jetzt erwidere: «Dann rein mit ihm.»
    «Ich lasse bitten», sage ich und sehe ein böses Funkeln in ihren Augen.
    Engelkes ist Mitte zwanzig. Er glaubt an das Gute im Menschen. Würde er das nicht tun, könnte aus ihm vielleicht was werden.
    Ich kann schlecht einschätzen, ob er nächtens eine Gruppe Marxisten um sich versammelt und mit ihnen alternative Unternehmensformen diskutiert, während ein schlechter Wein die Runde macht, oder ob er eine ehrgeizige Frau hat, die ihm morgens den Krawattenknoten richtet, einen Kuss auf die Wange haucht und dadurch seine gesamte Kraft auf die Karrierelenkt, jedenfalls lässt Engelkes nichts unversucht, seinen Willen zur Macht unter Beweis zu stellen.
    «Wie gefällt Ihnen mein Konzept?»
    Immer langsam mit den jungen Pferden, lieber Herr Engelkes. Und gewöhnen Sie sich mal diesen forschen Ton ab.
    «Nun, ich habe selbstverständlich Ihr Konzept gelesen …»
    Er beugt sich vor. «Und?»
    Wenn Sie mich ausreden lassen würden, Herr Engelkes, dann könnte ich mal rasch pointiert formulieren, warum die Welt ihre Ideen nicht braucht.
    «Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sich unter den Zeitungsausträgern, die momentan für unser Unternehmen tätig sind, jene Genies befinden, die die Zukunft unserer Firma maßgeblich durch brillante Ideen beeinflussen könnten. Außerdem bin ich der Ansicht, dass …»
    «Jeder Mensch hat gute Ideen», grätscht Engelkes rein.
    Haben Sie mich da gerade schon wieder unterbrochen, Herr Engelkes? War ich möglicherweise just mitten im Satz, verdammte Scheiße nochmal?
    Ich sammle mich mühsam, lächle. «Ich wollte auch nur sagen, dass meiner Ansicht nach …»
    «Kurzum, Sie glauben nicht an mein Konzept», sagt er barsch.
    Es reicht, Arschloch! Wenn du mich nochmal unterbrichst, dann glaube ich vor allen Dingen nicht daran, dass wir dieses Gespräch weiterhin friedlich gestalten können.
    «Nein. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht daran», sage ich im milden Tonfall eines Klosterbruders, obwohl ich gerade mächtig wütend bin.
    Engelkes lehnt sich zurück.
    «Dann haben Sie sicher nichts dagegen, wenn ich mein Konzept trotzdem heute Nachmittag Dr.   Görges und dem Vorstand präsentiere, oder?», fragt er in überheblichem Tonfall und fixiert mich.
    Muss ich kurz mal drüber nachdenken. Also, ich bin dein Vorgesetzter, und du hechtest an mir vorbei, um dem Vorstand ein Konzept zu unterbreiten, das ich für indiskutable Scheiße halte. Und du fragst mich jetzt, ob ich etwas dagegen habe, wenn du mich bei der Entscheidungsfindung schlicht übergehst, ja mehr noch, im Grunde durch einen Vorstandsbeschluss auszustechen versuchst. Was soll ich dazu nun sagen? Vielleicht so was wie «Fahr zur Hölle»?
    Ich überlege eine halbe Sekunde und erwidere stattdessen locker: «Nein. Kein Problem. Stellen Sie das Konzept vor, sagen Sie allen, was Sie denken, und überzeugen Sie den Vorstand.»
    Engelkes ist zufrieden. Ich sehe ihm an, er hat mit mehr Gegenwehr meinerseits gerechnet, vermutlich denkt er, seine Frechheit hätte gesiegt.
    Damit wäre dann heute sein großer Tag. Eine Präsentation im Vorstand. Die betrunkenen Marxisten oder seine ehrgeizige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher