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Magisches Erbe

Magisches Erbe

Titel: Magisches Erbe
Autoren: Richelle Mead
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waren.
    »Da«, sagte sie, als wir an eine kleine freie Stelle kamen. Behutsam setzte sie die Reisetasche ab und kniete sich hin, um darin zu stöbern. »Hier könnte es gehen.«
    Die Wüste, die tagsüber so unbarmherzig heiß war, wurde nachts erbärmlich kalt. Ich band mir den Morgenmantel fester zu und machte einen vollendeten Knoten. Ich fand diese Art von Detail und Routine beruhigend.
    Ms Terwilliger förderte einen großen, ovalen Spiegel mit einem gewellten Silberrahmen zutage. Sie legte ihn in die Mitte des Platzes, blickte zum Himmel und verschob den Spiegel dann ein wenig. »Kommen Sie her, Miss Melbourne.« Sie zeigte auf eine Stelle ihr gegenüber, auf der anderen Seite des Spiegels. »Setzen Sie sich dort hin und machen Sie es sich bequem.«
    An der Amberwood trug ich den Namen Sydney Melrose statt meines echten Namens, Sydney Sage. Ms Terwilliger hatte meinen erfundenen Nachnamen am ersten Unterrichtstag falsch verstanden, und leider klebte dieser Name jetzt an mir. Ich folgte ihren Anweisungen. Nicht dass ich es mir hier draußen wirklich allzu bequem machen konnte. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ein großes Tier durch das Gebüsch streifen hörte, und in Gedanken fügte ich meiner Liste von Gefahren, denen ich hier ausgesetzt war, »Kojoten« hinzu. Die kamen gleich nach »Magiebenutzung« und »Kaffeemangel«.
    »Also dann. Fangen wir an.« Ms Terwilliger musterte mich mit Augen, die in der Wüstennacht dunkel und Furcht einflößend wirkten. »Tragen Sie irgendetwas aus Metall? Das müssen Sie ablegen.«
    »Nein, ich – oh. Moment.«
    Ich griff mir in den Nacken und öffnete ein zierliches Goldkettchen mit einem kleinen Kreuz. Ich besaß die Kette schon seit Jahren, hatte sie aber erst vor Kurzem jemand anderem gegeben, zum Trost. Er hatte sie mir dann unlängst über unsere gemeinsame Freundin Jill Mastrano Dragomir wieder zurückgegeben. Ich konnte immer noch ihren wütenden Gesichtsausdruck sehen, als sie in der Schule auf mich zugestürmt war und mir das Kreuz wortlos in die Hand gedrückt hatte.
    Ich starrte nun auf dieses Kreuz, das im Mondlicht glänzte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, als ich an Adrian dachte, den Mann, dem ich das Kreuz überlassen hatte. Ich hatte es getan, bevor er mir vor einigen Wochen seine Liebe gestanden hatte, was mich vollkommen überrumpelt hatte. Aber vielleicht hätte ich nicht so überrascht sein sollen. Je mehr ich zurückblickte – und das tat ich andauernd –, desto deutlicher erinnerte ich mich an verräterische Zeichen, die mich hätten warnen sollen, was seine Gefühle betraf. Damals war ich nur zu blind gewesen, es zu bemerken.
    Natürlich hätte es keine Rolle gespielt, ob ich es hätte kommen sehen oder nicht. Adrian passte überhaupt nicht zu mir, und das hatte nichts mit seinen vielen Lastern oder seinem möglichen Abstieg in den Wahnsinn zu tun. Adrian war ein Vampir. Gut, er war ein Moroi – also einer von den guten, lebenden Vampiren –, aber das änderte nichts. Menschen und Vampire konnten nicht zusammen sein. Das war ein Punkt, in dem sich Moroi und Alchemisten absolut einig waren. Trotzdem war es erstaunlich für mich, dass Adrian mir diese Gefühle offenbart hatte. Es war erstaunlich, dass er sie überhaupt haben konnte oder dass er die Frechheit gehabt hatte, mich zu küssen. Allerdings musste ich zugeben, dass dieser Kuss mich schwindlig und atemlos gemacht hatte.
    Ich hatte ihn natürlich zurückweisen müssen. Meine Ausbildung ließ gar nichts anderes zu. Unsere Situation hier in Palm Springs zwang uns beide, ständig in gesellschaftlichen Situationen zusammen zu sein, und so war es seit seiner Erklärung ziemlich hart gewesen. Für mich lag es nicht nur an der Schwierigkeit, die unsere neue Beziehung ausmachte. Ich … na ja, ich vermisste ihn. Vor diesem Debakel waren er und ich Freunde gewesen und hatten viel Zeit miteinander verbracht. Ich hatte mich an sein verschmitztes Lächeln gewöhnt und an die kleinen Scharmützel aus Worten, die wir uns ständig lieferten. Bis es nicht mehr dazu kam. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr ich mich an sie gewöhnt hatte. Wie sehr ich sie inzwischen brauchte. Ich fühlte mich innerlich leer … was natürlich lächerlich war. Warum sollte mir so viel an einem Vampir liegen?
    Manchmal machte es mich wütend. Warum hatte er etwas so Gutes zwischen uns ruiniert? Warum hatte er mich dazu gebracht, ihn so sehr zu vermissen? Und was hatte er eigentlich von mir
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