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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
Autoren: Michaela Seul
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aggressiven Hund mehr, sondern ein unsicheres Geschöpf, das alles richtig machen will. Das den Zipfel Glück, den es ergattert hat, verteidigt. Schick mich nicht weg!
    Die schönen hellbraunen Augen des Schäferhundes lassen mich nicht los. Ich stelle mir vor, ihn in einer Nacht-und-Nebel- Aktion zu befreien. Aber wie sollten wir ihn über den Zaun bringen? Ihn darüberheben? Die Gitterstäbe auseinanderbiegen? Und wenn er beißen würde? Ich könnte ihn ja nicht vorbereiten: Lieber Hund, wir nehmen dich jetzt mit nach Deutschland, da hast du es besser. Womöglich würde sich seine Situation verschlechtern bei mir, bei uns. Nur weil es mir bei mir gefällt, muss das nicht für andere gelten.
    Ich könnte einen Brief an die Besitzer schreiben, dass sie doch bitte schön einen zweiten Hund anschaffen sollten, damit der eine nicht so allein ist? Wer übersetzt uns den? Vorher sollte ich achtundvierzig Stunden Wache stehen, um zu überprüfen, dass sich wirklich niemand um den Hund kümmert. Vielleicht wird er jeden Morgen von sechs bis sieben von seinem Besitzer, der einen Lebensmittelladen betreibt, Gassi geführt und nachts noch einmal? Vielleicht hat die Ehefrau des Besitzers sich den Knöchel gebrochen, und deshalb hat ausnahmsweise niemand Zeit für den Hund. Oder die Besitzer sind im Urlaub und die Hundesitter unzuverlässig oder haben sich den Knöchel gebrochen.
    Ich will den Braunen loslassen. Und vor allem will ich mir kein Hintertürchen gestatten. Eine meiner Freundinnen, die mit Zwillingen schwanger war, sagte einmal zu mir: »Wenn einer stirbt, hab ich noch einen.« Ihre Offenheit schockierte mich, aber natürlich hatte sie recht. Ob ein Zwilling allerdings über den Verlust hinwegzutrösten vermag?
    Ich würde es vielleicht für mich leicht machen, wenn ich zu Lunas Lebzeiten einen zweiten Hund aufnähme, denn dann würde ich nach ihrem Tod nicht hundelos dastehen, doch ich würde ihren Lebensabend trüben. Sie war immer ein Einzelhund und sollte plötzlich Aufmerksamkeit, Zuwendung, Liebe womöglich mit einem Welpen teilen? Nur damit ich ihr Wegsein leichter verschmerzte? Nein, diese Hintertür bleibt zu.

Das letzte Mal
    A llmählich neigt sich unser Urlaub dem Ende zu, die letzten Tage brechen an. Johannes und ich zweifeln nicht daran, dass wir zu dritt nach Hause zurückkehren werden. Doch dann kommt alles anders. Johannes’ Schwager, den ich kaum kannte, ist an einem plötzlichen Herzanfall verstorben. Fassungslos beschließen wir, früher nach Hause zu fahren, damit Johannes seiner Schwester beistehen kann.
    Was habe ich mir alles im Vorfeld ausgemalt! Und nun ist alles anders schrecklich. Natürlich weiß ich, dass das Zahnrad unserer Existenz mit bloßem Auge nicht mal zu erkennen ist in dem Räderwerk der Weltformel, ach, kein Zahnrad, eher ein Zahn, Milchzahn, wenn überhaupt.
    Am nächsten Morgen, als Johannes ein letztes Mal beim Bäcker ist, dehne ich das letzte Mal aus. Ob das unser letzter Urlaub mit Luna war? Es könnte auch mein letzter Urlaub sein. Wenn wir überhaupt heil bei Johannes’ Schwester ankommen …
    Als das Auto beladen ist, fahren wir ein noch mal mit den Rädern ans Meer. Ich versuche, all das in mich aufzunehmen, worauf ich glaube, zu wenig geachtet zu haben in den vergangenen zwei Wochen. Der Duft der Pinien, das Knacken der morschen Zweige unter den Reifen, die karge Schönheit der Küste, das Blau des Meeres, die Milde der Luft, Luna schwanzwedelnd vor uns. Wir sind ganz allein an diesem Morgen, es gibt ohnehin nur noch wenige Touristen, und um diese Uhrzeit ist unsere Lieblingsbucht menschenleer. Obwohl wir beim Radfahren ein wenig geschwitzt haben, kostet es uns Überwindung, ins Wasser zu gehen. Luna ist längst drin. Hand in Hand folgen wir ihr. Wir schwimmen sehr lang, irgendwann bekomme ich kalte Füße und will trotzdem nicht an Land. Mit ruhigen, kraftvollen Bewegungen schwimmt Luna neben mir. Wie immer wirkt sie leicht und frei im Wasser, so als würde sie das Schwimmen überhaupt nicht anstrengen, einmal sind wir eine Stunde mit ihr geschwommen. Als Labrador hat sie Schwimmhäute zwischen den Zehen, das Wasser ist ihr Element. Endlich kraule ich zum Ufer, doch noch immer kann ich mich nicht entschließen, das Meer zu verlassen, bleibe bis zum Bauch im Wasser, Luna kreist um mich herum. Johannes trocknet sich ab.
    »Wirf mir doch mal einen Stock her«, bitte ich ihn.
    »Wir sollten allmählich los«, erinnert er mich.
    »Für einen schönen Abschluss! Es ist
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