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Loriot - Biographie

Loriot - Biographie

Titel: Loriot - Biographie
Autoren: Dieter Lobenbrett
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ahnungslos werbenden Galans wandern kann, ehe es, mitsamt allen seinen Hoffnungen, jemals erhört zu werden, in einer Tasse Kaffee ertrinkt … Besser kann man’s nicht machen.« [114]
    Nicht zum ersten Mal geriet Vicco von Bülow ob der Lebensnähe seiner Figuren in einen delikaten Konflikt. Schon seine Frau hatte immer wieder Bedenken geäußert, das Volk draußen müsse ja einen schönen Eindruck vom Bülow’schen Familienleben haben. Das aber, wie Vicco von Bülow erleichtert berichten konnte, war nicht ganz ernst gemeint. Einzig zum Sketch »Liebe im Büro« machte seine Schwiegermutter einen etwas betretenen Eindruck. »Die Nudel« und »Liebe im Büro« waren auch die ersten Sketche, in denen Loriot und Evelyn Hamann ihr später legendäres Duett begründeten. Es waren die ersten gemeinsamen Szenen, nachdem Hamanns Einsätze in den ersten beiden Sendungen eher zurückhaltend waren.

LORIOT IV
    Was Evelyn Hamann konnte, das durfte sie in den folgenden Sendungen dann allerdings reichlich unter Beweis stellen.
    »Auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue befinden sich außer dem jüngsten Sohn Meredith auch die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth aus den benachbarten Ortschaften Middle Fritham und Nether Addlethorpe, ferner ein Onkel von Lady Hesketh-Fortescue, der 79-jährige Jasper Fetherstone, dessen Besitz Thrumpton Castle zur Zeit an Lord Molesworth-Houghton, einem Vetter von Priscilla und Gwyneth Molesworth, vermietet ist. Gwyneth Molesworth hatte für Lord Hesketh-Fortescue in Nether Addlethorpe einen Schlipth … Verzeihung … Schlips besorgt, ihn aber bei Lord Molesworth-Houghton in Thrumpton Castle liegenlassen …«
    Und so weiter.
    Eine weitere Szene, die noch jeder im Ohr und vor Augen hat – wie sich Evelyn Hamann tapfer und ohne Zungenknoten durch diesen Text kämpft und dabei ernst bleibt. Es war sicherlich ihr Meisterstück unter Loriots strengem Regiment.
    Ein weiterer Sketch mit schwerwiegenden Folgen war der »Bettenkauf«. Darin trieb Loriot seine Späße mit den Ausgeburten der deutschen Sprache auf die Spitze. Amtssprache und auch der Duktus der Werbung waren immer seine liebsten Angriffsziele. In wohl keinem anderen Loriot-Sketch wurde der Sprachwahnsinn derart auf die Spitze getrieben. Ein Paar tritt arglos in ein Möbelgeschäft, wo es sogleich von Verkäufer Hallmackenreuther (gespielt von Edgar Hoppe) mit dessen Fachkauderwelsch überrollt wird. Der Dialog beginnt so: »Wir hätten gern ein Bett.«
    »Haben Sie da an eine Schlaf-Sitz-Garnitur gedacht mit versenkbaren Rückenpolstern, an eine Couch-Dreh-Kombination oder das klassische Horizontal-Ensemble?«
    »Wir schlafen im Liegen.«
    »Aaah ja.«
    In der Folge übertrifft sich Hallmackenreuther dann selbst: »das Modell Allegro mit doppeltem Federkern und Palmfaserauflage«, »imprägnierte Halbzwirnware oder gedrilltem Volant«, »Die Federmuffen sind einzeln aufgehängt und kreuzweise verspannt, also hüftfreundlich in der Seit- und Bauchlage«, »Ruhen die Herrschaften parallel oder rechtwinklig?«, »die Doppelliege Presto: dreifacher Federkern, Polyesterauflage und Stützsperre«, »das Modell Andante, zweiteilig, zur individuellen Raumgestaltung«, »Spannmuffenfederung in Leichtmetall …«
    Besonders der Begriff der »Spannmuffenfederung« blieb über Generationen hängen. Auch diese Wortschöpfungen waren »Ausgeburten meiner hemmungslosen Phantasie«. Fortan hatte Vicco von Bülow allerdings auch im privaten Alltag so seine Probleme. »Merkwürdig war es schon, als ich mal ein neues Bett benötigte und es ausprobieren mußte. Da lag ich nun, der ganze Laden stand um mich rum, und jeder konnte den Text auswendig«, erzählte er später. [115] Noch eine Auswirkung des Sketches: Unter dem Namen »Hallmackenreuther« gibt es heute am Brüsseler Platz in Köln eine sehr beliebte Bar im Stil der 1970er-Jahre.
    Nicht zu vergessen, und ebenfalls in Folge IV: Bello, der sprechende Hund, berühmt geworden durch den Satz: »Hoho, hohohohoo.«

LORIOT V
    Das Highlight der fünften und vorletzten Folge: die »Herren im Bad«. Hier wurde besonders deutlich, wie gezielt Loriot seine Stilmittel einsetzte. Und dadurch überhaupt erst für Komik sorgte. Dass die Geschichte von Dr. Klöbner, Herrn Müller-Lüdenscheid und der Ente im Hotelbadezimmer als Realfilm nicht lustig gewesen wäre, leuchtete jedem ein. Die Wahl der Technik war entscheidend: »Die Nudel« als Zeichentrick? Genauso undenkbar
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