Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lockende Flammen

Lockende Flammen

Titel: Lockende Flammen
Autoren: PENNY JORDAN
Vom Netzwerk:
wie oft ich mir selbst Vorwürfe gemacht habe, dass ich damals den großen Bruder gespielt habe, der so tut, als wüsste er, was das Beste für dich ist. Dabei hattest du immer den untrüglichsten Instinkt von uns allen. Ich bin mir sicher, dass du Sofia unbewusst längst durchschaut hattest. Aber ich konnte es eben nicht abwarten, bis du so weit warst. Irgendwie glaubte ich damals, mich ständig in alles einmischen zu müssen, egal ob es mich etwas anging oder nicht. Heute weiß ich, dass es nur ein verzweifelter Versuch war, meine Stellung als älterer Bruder zu behaupten. Deshalb tat ich immer noch so, als müsste ich mich um dich kümmern, obwohl du längst erwachsen warst. Über so lange Zeit hinweg wart ihr beide, du und Rocco, mein Lebenssinn und der Grund für meine Entschlossenheit, mich unserem Vater zu widersetzen. Als Folge davon habe ich leider viel zu lange geglaubt, für andere da sein zu müssen, und habe vergessen, an mich selbst zu denken. Und je älter und selbstständiger ihr wurdet, desto größer wurde meine Verunsicherung. Es war fast, als zöge man mir den Boden unter den Füßen weg, weil mir mein Lebenssinn abhanden kam. Und dann kam der Zeitpunkt, an dem ich mich allein auf meinen Status als ältester Sohn und Haupterbe zurückgeworfen sah.“
    Falcon legte Alessandro brüderlich eine Hand auf den Arm, während er fortfuhr: „Das habe ich alles nie zugegeben, Sandro, obwohl ich es längst hätte tun sollen, und ich habe mir oft Vorwürfe gemacht, weil ich nicht den Mut dazu hatte. Du mit deiner Stärke und Entschlossenheit warst unglaublich wichtig für mich, und ich hatte große Angst, dich zu verlieren. Das war natürlich idiotisch, weil uns schlicht zu viel verband und bis zum heutigen Tag verbindet, auch wenn das keiner von uns laut sagt. Auf jeden Fall sehe ich in dir immer noch meine Stütze oder genauer noch meine wahre Stärke.“
    Als Alessandro in seiner Erinnerung an diesem Punkt angelangt war, blieb er abrupt stehen, ebenso gerührt wie in dem Moment, in dem Falcon diese Worte ausgesprochen hatte – herrlich wohltuende Worte, die ihn mit Liebe und Stolz erfüllten und wie ein wertvolles Geschenk waren.
    Nach Falcons emotionaler Ansprache hatten sich beide Brüder umarmt, und anschließend hatte Alessandro gesagt: „Ich habe dich mein ganzes Leben lang bewundert, Falcon. Bewundert und auch … ja, auch beneidet. Nicht, weil du der Erstgeborene und somit der Haupterbe bist, sondern um deinen Mut, dein Verantwortungsbewusstsein und deine Entschlossenheit. Du warst mein Held, dem ich nachzueifern versuchte. Ich wollte immer so werden wie du.“
    „Ich möchte allerdings stark bezweifeln, dass deine Leonora über eine solche Persönlichkeitswandlung entzückt wäre. Und das ist etwas, worum ich dich glühend beneide, Sandro. Um eine Frau, die dich um deiner selbst willen liebt und nicht, weil du der Erstgeborene und Erbe eines Titels bist. Ich beneide dich um eine Frau, mit der dich genug verbindet, dass es ein Leben lang reicht. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du glücklich wirst, Bruder. Glück ist das größte Geschenk, das das Leben für uns Menschen bereithält, und du verdienst es mehr als die meisten anderen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Fehler unseres Vaters wiederholen, dessen Seele von Bitterkeit und Groll zerfressen ist.“
    „Akzeptiert er es inzwischen, dass Antonio kinderlos geblieben ist?“, hatte Alessandro an diesem Punkt gefragt, allerdings weniger aus echtem Interesse als aus dem Bedürfnis heraus, das Thema zu wechseln.
    „Zähneknirschend. Du weißt ja, dass ich alle seine Affären überprüft habe, die er in dem fraglichen Zeitraum hatte. Aber da ist einfach kein Kind.“
    Bevor sie auseinandergegangen waren, hatten sie sich noch einmal umarmt, obwohl es auch diese Umarmung nicht vermocht hatte, die letzten Reste von Unausgesprochenem, das zwischen ihnen stand, zu beseitigen. Deshalb hatte es Alessandro auch nicht geschafft, seinen Bruder über den Irrtum aufzuklären, in dem dieser sich befand. Leonora liebte ihn nicht. Obwohl sie so viel gemeinsam hatten. Trotzdem begehrte er sie und war überzeugt, dass sie ihn ebenfalls begehrte.
    Was würde sie sagen, wenn er ihr vorschlüge, noch einmal ganz von vorn anzufangen, so als ob sie sich eben erst begegnet wären? Einfach nur als zwei Menschen, die ein gemeinsames Interesse – das Fliegen – hatten und einander begehrten. Sie könnten zu dem Schluss gelangen, dass das für eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher