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Lisa Kleypas

Lisa Kleypas

Titel: Lisa Kleypas
Autoren: Das Winterwunder von Friday Harbor
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sich um und kramte unter dem Tresen, bis sie das große rosa Gehäuse
einer Meeresschnecke gefunden hatte, das sie dort aufbewahrte. Sie wollte
demnächst eine maritime Schaufensterdekoration aufbauen, und dieses Schneckengehäuse
gehörte eigentlich dazu. »Hier habe ich etwas für dich. Ein Geschenk.«
    Maggie trat
hinter dem Tresen hervor und streckte es Holly hin, damit sie es anschauen
konnte. »Ich weiß, das sieht ziemlich alltäglich aus. Aber dieses Schneckenhaus
ist etwas ganz Besonderes. Wenn du die Öffnung an dein Ohr hältst, kannst du
das Meer darin rauschen hören.«
    Sie drückte
es Holly in die Hand, und das Mädchen presste es vorsichtig an sein Ohr.
    »Kannst du
es hören?«
    Das Kind
zuckte die Schultern. Offenbar war ihm diese Sache nicht neu.
    »Weißt du
auch, warum du darin das Meer hören kannst?«
    Diesmal
schüttelte Holly den Kopf und schaute Maggie interessiert an.
    »Manche
Leute – sehr praktisch veranlagte und wissenschaftlich denkende Leute – sagen,
im Schneckengehäuse fangen sich Geräusche von draußen, und durch die Windungen
der Schale entsteht ein Echo, das sich so anhört wie Meeresrauschen. Andere
Leute dagegen ...«, Maggie legte sich die Hand auf die Brust und schaute
Holly bedeutungsvoll an, »... glauben, dass dabei auch Zauberei eine Rolle
spielt.«
    Holly
dachte darüber offensichtlich nach, schaute dann ebenso bedeutungsvoll zurück
und legte sich die Hand auf die schmale Brust.
    Maggie
lächelte. »Ich habe eine Idee. Warum nimmst du nicht einfach dieses
Schneckengehäuse mit nach Hause und übst, Töne hineinzuschicken? Du könntest
hineinsingen oder summen, so in etwa ...« Sie hob das Schneckengehäuse
an die Lippen und summte hinein. »Und eines Tages kann es dir vielleicht dabei
helfen, deine Stimme wiederzufinden. So wie es bei der kleinen Meerjungfrau
war.«
    Holly
streckte beide Hände aus und nahm das Schneckengehäuse an sich.
    Im selben
Moment ging die Ladentür auf, und Mark Nolan betrat erneut das Geschäft.
    Sein Blick
wanderte hinüber zu Holly, die angespannt in das Schneckengehäuse hineinspähte.
Nolan erstarrte, als das Mädchen die Schale an den Mund hob und begann, ein
paar leise Töne hineinzusummen. Er war überrascht, und in diesem kurzen Moment
konnte Maggie sehen, wie ein Sturm von Gefühlen ihn durchtoste: Besorgnis,
Furcht, Hoffnung.
    »Was tust
du da, Holly?«, fragte er scheinbar beiläufig und trat näher.
    Das Mädchen
hielt inne und zeigte ihm das Geschenk.
    »Das ist
ein verzaubertes Schneckenhaus«, erläuterte Maggie. »Ich habe Holly
gesagt, sie könne es mit nach Hause nehmen.«
    Nolans
dunkle Augenbrauen zogen sich zusammen, und einen Moment wirkte er leicht
verärgert. »Das ist ein hübsches Schneckengehäuse«, sagte er zu seiner
Nichte, »aber es hat nichts Verzaubertes an sich.«
    »Oh doch,
das hat es«, widersprach Maggie. »Manchmal steckt selbst in den
alltäglichsten Dingen etwas Magisches. Man muss nur gründlich genug danach
suchen.«
    Ein
humorloses Lächeln huschte über Nolans Lippen. »Ah ja«, meinte er finster.
»Danke.«
    Zu spät
begriff Maggie, dass er offenbar zu den Leuten gehörte, die ihren Kindern
keine ,Hirngespinste` in den Kopf setzen wollten. Leider war er mit dieser Einstellung
nicht allein. Viele Eltern glaubten, es sei besser für ihre Kinder, sie
ausschließlich mit der Realität zu konfrontieren, statt sie mit Geschichten
von erfundenen Lebewesen, sprechenden Tieren oder dem Weihnachtsmann zu
verwirren. Maggie dagegen war der Ansicht, dass nur eine reiche Fantasie es
Kindern möglich machte, mit Ideen zu spielen sowie Trost und Anregungen zu
finden. Allerdings wusste sie, dass sie nicht das Recht hatte, die Entscheidung
darüber für andere Leute zu treffen.
    Verlegen
zog sie sich hinter den Verkaufstresen zurück und machte
sich daran, die Artikel in Marks Einkaufskorb in die Registrierkasse
einzugeben: das Feen-Buch, ein Puzzle, ein Springseil mit Holzgriffen und eine
Spielzeugfee mit bunt schillernden Flügeln.
    Holly
entfernte sich langsam vom Tresen und summte dabei ständig leise in das
Schneckengehäuse hinein. Nolan sah seiner Nichte nach und wandte sich dann
wieder Maggie zu. Er klang ein wenig gereizt, als er sagte: »Nehmen Sie's mir
nicht übel, aber ...«
    Toll, genau
so fingen die meisten Leute an, wenn sie etwas sagen wollten, was ihr
Gegenüber ihnen einfach übel nehmen musste.
    »... ich
ziehe es vor, ehrlich mit Kindern umzugehen, Miss ...«
    »Mrs«,
korrigierte Maggie.
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