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Lieber Frühling komm doch bald

Lieber Frühling komm doch bald

Titel: Lieber Frühling komm doch bald
Autoren: Eric Malpass
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hatte Gaylord gefragt.
    «Lieber nicht, mein Junge. Nicht ihr beiden allein. Es wird schon dunkel.» Der Gedanke an Unheil, die Angst kam wieder.
    «Und wenn ich mit den beiden ginge, Mrs. Pentecost?» hatte Wendy gefragt.
    «O ja, bitte, Miss Thompson!» riefen die Kinder. Aber Mummi hatte immer noch Bedenken: «Nein, Kinder, Miss Thompson kommt gerade von einer Hochzeit - sie ist nicht für ein Picknick angezogen.»
    «Das macht doch nichts, wirklich, Mrs. Pentecost.»
    So hatte Mummi sich schließlich einverstanden erklärt. Und da waren sie nun. May und Wendy hatten Sandwiches, Kuchen, Limonade und Gläser und eine Thermosflasche mit Tee für Miss Thompson in den Korb gepackt. Und Gaylord hatte eine alte Reisedecke zum Sitzen aufgetrieben, damit Miss Thompson sich ihr dunkelblaues Kostüm nicht schmutzig machte. Er trug die Decke auf die Koppel und breitete sie im Gras aus. Wendys Augen leuchteten beim Anblick der beiden eifrigen, erwartungsvollen Kindergesichter. Sie streckte die Arme aus und zog Julia an sich. «Ich bin ja so froh, daß dein Vater es nun doch erlaubt hat, mein Kleines.»
    Julia sagte nichts, sondern preßte nur glücklich und zärtlich ihre Wange an Miss Thompsons Arm.
    «Hat alles Miss Thompson gemacht, Julia», sagte Gaylord in gewichtigem Ton. «Sie hat ihm bestimmt Angst eingejagt.»
    Wendy lachte. «Kannst du dir vorstellen, daß ich irgendjemandem Angst einjage?» Aber es war doch ganz schön, sich sagen zu können, daß es ohne ihre Hilfe vermutlich nicht dazu gekommen wäre...
     
    Derek Bates hatte festgestellt, daß er in den Nebengebäuden nicht viel Schaden anrichten konnte. Mit den großen, schweren Landmaschinen wurde er allein nicht fertig. Und obendrein verletzte er sich auch noch den Zeh, als er wütend in einen Haufen Futterrüben trat. Er gab auf. Um Rache zu nehmen, mußte man sich einen Plan machen.
    Er warf sich auf einen Heuhaufen in der Ecke der Scheune, rauchte eine Zigarette und stellte fest, daß es ohne seine Freunde, die'ihn im Stich gelassen hatten, mit der Rache nicht so einfach war.
    Oder etwa doch? Schlich sich da nicht eine kleine schmale Gestalt vorsichtig in die Scheune? Ein kleines Mädchen, und ganz allein! Jetzt schloß sie leise die Tür hinter sich.
    Derek kam es vor, als ob ihm jemand ermutigend zugrinste.
     
    Julia wußte genau, wo sie sich verstecken wollte. Sie erinnerte sich an den großen Heuhaufen in der hinteren dunklen Ecke der großen Scheune. Und während Gaylord und Miss Thompson sich die Augen zuhielten und bis fünfzig zählten, lief sie über das Feld auf die Scheune zu, öffnete die schwere Tür, schloß sie leise und schlich in die dunkle Ecke.
    Derek konnte es kaum glauben. Die Kleine lief ihm geradenwegs in die Arme! Die schlechte Laune war verflogen. Er warf seine Zigarette fort, zog sich den schwarzen Strumpf über den Kopf und wartete, bis Julia in Reichweite war. Dann stand er auf und griff nach ihr.
    Beim Anblick der unheimlichen Gestalt, die da aus der finsteren Ecke auf sie zukam, verlor Julia fast den Verstand. Sie schrie, aber die Kehle war ihr vor Angst wie zugeschnürt, so daß aus dem Schrei nur ein heiseres Ächzen wurde. Doch sie war schmal und gelenkig; blitzschnell riß sie sich los und lief davon. Wohin? Sie hatte die Tür hinter sich geschlossen und konnte sie jetzt, im Halbdunkel und in ihrer Angst, nicht wiederfinden. Sie lief wie ein Hase hierhin und dorthin, und wieder versuchte sie zu schreien, aber es wurde nur ein klägliches Wimmern. Und hinter ihr, immer ganz dicht hinter ihr, das Keuchen und die Schritte!
    Jetzt sah sie etwas: die Leiter, die nach oben zu einer offenen Falltür führte. Rauf zum Heuboden. Sie war da oben schon manchmal gewesen und wußte, daß es von dort kein Entkommen gab, aber sie rannte trotzdem auf die Leiter zu und kletterte sie flink hinauf. Auf einer Sprosse fühlte sie, wie seine Finger nach ihr griffen und ihr linkes Fußgelenk packten. Entsetzen durchfuhr sie. Aber sie trat nach ihm und konnte ihn abschütteln, und dann war sie oben, auf dem Heuboden.
    Wenn sie doch nur die Falltür zuklappen könnte! Sie packte den Rand des schweren hölzernen Vierecks und wollte es anheben, aber es rührte sich nicht. Zu schwer, dachte sie verzweifelt. Dann sah sie, daß die Tür durch einen Riegel gehalten wurde. Die Angst lähmte ihre Finger. Dennoch brachte sie es fertig, den Riegel zu lösen. Mit aller Kraft hob sie die Falltür an und stemmte sie höher, immer höher, bis sie fast
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