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Liebe auf den letzten Blick

Liebe auf den letzten Blick

Titel: Liebe auf den letzten Blick
Autoren: L Beck
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scheinen zwar sehr liebe Kinder zu sein, aber wie ich herausgehört habe, bleibt die meiste Arbeit an ihr hängen. Viel Verantwortung scheint dieser Torsten Schulz nicht übernehmen zu wollen, und ihrem Familiennamen nach zu urteilen, hat er sie auch nicht geheiratet. Oder bin ich hoffnungslos altmodisch und die Ehe ist längst ein Auslaufmodell? Von mir selbst kann ich kaum behaupten, eine Beziehungskoryphäezu sein. Meine letzte Zweierkiste ging vor zehn Jahren zu Bruch. Verheiratet war ich nie, und Kinder habe ich auch keine. Während Amelie glücklich über den zoologischen Straßennamen unserer neuen Adresse war, habe ich mich über die junge Familie im Haus gefreut, weil mir eigener Nachwuchs nicht vergönnt war.
    Als ich unsere Wohnung betrete, weht mir ein appetitanregender Duft nach Gebratenem entgegen. Mein Magen beginnt in Vorfreude auf Gustls Köstlichkeiten zu knurren. Als ich die Tür hinter mir geschlossen habe, kann ich es kaum glauben.
    Nicht zu fassen! Die Umzugskartons sind zwar nicht verschwunden, haben sich aber verwandelt. Da scheint mal wieder der Kreativgaul mit Irma durchgegangen zu sein. Die Idee zu dem »Kunstwerk« muss sie von Christo, dem Verpackungskünstler, geklaut haben. Und das Material dazu hat sie eindeutig bei Amelie ausgeliehen, denn die aufeinandergestapelten Umzugskisten sind in kunterbunte Tücher gehüllt. Das Ganze wird von Klebestreifen zusammengehalten. Niedlich.
    Verblüfft fixiere ich mein »Geburtstagsgeschenk« und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Vielleicht war diese WG doch eine Schnapsidee, ein fataler Fehler, den ich schon bald bitter bereuen werde? Wie lange wird dieses Chaos anhalten? Irma schafft es ja nicht einmal während ihres Urlaubs, die Kisten auszupacken. Wie wird der Flur erst aussehen, wenn sie wieder täglich im Salon arbeitet? Nach einem anstrengenden Arbeitstag ist sie am Abend doch so geschafft, dass sie einfach alles fallen lässt.
    Wütend trete ich gegen die Kisten. Am liebsten würde ich unsere kleine Party platzen lassen. Na gut, vielleicht bin ich zu pingelig, aber Unordnung macht mich nun mal aggressiv. Ich erwarte ja nicht, dass sie in ihrem Zimmer Ordnung hält, dortkann sie meinetwegen im Dauer-Tohuwabohu hausen. Das ist mir schnuppe. Wie ich sie kenne, hat sie seit dem Einzug sowieso nur das Nötigste ausgepackt und deshalb keinen Platz für die Kisten. Das ist ganz allein ihr Bier. Für die Gemeinschaftsräume war hingegen vereinbart, nichts herumliegen zu lassen. Und der Flur gehört ja wohl eindeutig dazu.
    Prompt tritt das Verpackungsgenie auf den Flur. Würde sie nicht aus der Küche kommen, könnte man meinen, sie käme aus dem Bett, so derangiert sieht sie aus. Das Haar steht wirr vom Kopf ab, ihre Wangen sind gerötet, und der knallgelbe Jogginganzug bildet zwar einen tollen Kontrast zu ihren roten Haaren, geht bei Amelie aber niemals als Abendgarderobe durch.
    »Hallo, Tildchen«, flötet sie mit glänzenden Augen. Sie ist eindeutig angesäuselt oder bekifft – oder beides. »Hast du was Schönes beim Shoppen gefunden?«
    »Was Schwarzes«, knurre ich ungehalten. »Das passt bestens zu meiner Stimmung!«
    Nicht die Bohne schuldbewusst sieht sie mich fragend an. »Ist jemand gestorben?«
    »Ja, meine Geduld«, sage ich ungehalten. »Du hast mir versprochen, deinen Kram verschwinden zu lassen. Stattdessen empfängt mich dieser … dieser Saustall.«
    »Ach, Tildchen, sei doch nicht immer so entsetzlich korrekt. Mach dich locker«, meint sie nur. »Die paar Kisten stören doch nun wirklich niemanden. Übrigens glaubt Amelie, es hätte etwas zu bedeuten, dass ich mich ums Auspacken drücke.«
    »Ja, dass du eine faule Nuss bist«, werfe ich ihr an den Kopf.
    Unbeeindruckt, als sei sie nicht gemeint, hebt sie die Schultern. »Man kommt doch problemlos durch.« Zum Beweiswackelt sie mit ausgebreiteten Armen an mir und den umhüllten Kartons vorbei. »Siehste! Oder wie Amelie sagen würde: Schau einfach nicht hin, dann siehste nix.« Ausgelassen stößt sie mich an. »Und nun schmeiß dich in den neuen Fummel, damit unser Jubelabend beginnen kann. Amelie hat große Ereignisse vorhergesehen, und Gustl wartet mit dem Dinner.« Damit dreht sie sich um, huscht in ihr Chaotenreich und schließt eilig die Tür.
    Locker machen?
    Mir fehlen die Worte. Dafür spüre ich meinen Blutdruck ansteigen, was sich zu einem unangenehmen Schweißausbruch entwickelt, wie immer, wenn ich mich aufrege. Gerrys Makeup ist ruiniert.
    In meinem
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