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Letzte Runde in Mac's Place

Letzte Runde in Mac's Place

Titel: Letzte Runde in Mac's Place
Autoren: Ross Thomas
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überrannt wurde. Es war doch an Thanksgiving, oder?«
    »So in etwa«, bestätigte Undean. »Kam er in Gefangenschaft?«
    »Nein, aber auf dem Rückzug hat er sich sechs GIs angeschlossen, dem ganzen Rest einer Infanteriekompanie, die sich auf Teufel komm raus ergeben wollten. Steady hat dagegen plädiert. Der Anführer - oder der führende Kapitulant, sollte ich wohl besser sagen - hat mit seiner Knarre auf Steady angelegt und ihm gesagt, er solle das Maul halten.«
    »Und?«
    »Steady hat sich natürlich geweigert. Der Gruppenführer hat auf ihn geschossen und ihn verfehlt, wahrscheinlich mit Absicht. Unser Quäkerfreund hat sich eine Maschinenpistole, ich glaube, es war eine Thompson, von einem anderen GI geschnappt.« Einen Moment lang wirkte Keyes zweifelnd. »Sie hatten doch Thompsons in Korea, oder?«
    »Bestimmt.«
    »Jedenfalls hat Steady geschworen, er würde den ersten Scheißer, der sich zu ergeben versuchte, über den Haufen schießen. Der Anführer hat ein zweites Mal geschossen, und diesmal streifte die Kugel Steadys linken Arm, knapp über dem Ellbogen. Steady hat ihn erschossen. Danach hat er die übrigen fünf runter nach Hungnam geführt, von wo sie evakuiert wurden.«
    »Und seinen Glauben zurückgelassen«, sagte Undean.
    »Vielleicht hatte er ihn nicht gänzlich verloren, bis die fünf, die er in Sicherheit gebracht hatte, auf die Idee kamen, ihn des Mords zu bezichtigen, was ihre Art war, ihm dafür zu danken, daß er ihnen das Leben gerettet hatte. Die Army konnte sich nicht entscheiden, ob sie Steady erschießen oder ihm einen Orden anheften sollte. Also hat man ihn zurück in die Staaten geschafft und ihn vergessen.«
    »Damals muß er dann wieder auf die Schule gegangen sein«, sagte Undean. »University of Pennsylvania.«
    »Wo wir ihn neunzehnhundertfünfundfünfzig, kurz vor seinem Abschluß, anzuwerben versuchten.«
    »Versuchten?«
    »Man sagt, er hat uns ausgelacht. Na ja, jedenfalls gelächelt. Er hat unseren Anwerbern gesagt, wenn er jemals ins Gesinnungsgeschäft einsteige, dann nur des Geldes wegen, nicht fürs Vaterland. Und so kam er an einen Job bei einer der großen New Yorker Agenturen und machte einen derartigen Eindruck, daß die ihn drei Jahre später in ihre Niederlassung in Paris versetzten.«
    »Das war wann?« fragte Undean.
    »Achtundfünfzig, glaube ich. Ende neunundfünfzig wandten sich Vertreter der belgischen Regierung an das Pariser Büro der Werbeagentur. Die Belgier sorgten sich, daß es nach der Unabhängigkeit im Kongo einigermaßen drunter und drüber gehen könnte - nichts, was einem angst machen müßte, wohlgemerkt, aber dennoch glaubten sie, eine amerikanische Werbeagentur könnte von Nutzen sein und die Sache im besten Licht erscheinen lassen. Die Pariser Niederlassung der Werbeagentur sagte aus unterschiedlichen Gründen nein, danke. Also kündigte unser Freund Steady, trug den Belgiern in seinem ganz brauchbaren Französisch eine eigene Präsentation vor und bekam den Posten. Und so landete er während der Unruhen Anfang der Sechziger im Kongo.«
    »Und lernte dort Tinker Burns kennen«, sagte Undean.
    »Offenbar. Ist Burns Ihnen auf Ihren Reisen jemals über den Weg gelaufen?«
    »Ich habe Geschichten über ihn gehört, aber heute bin ich ihm zum ersten Mal begegnet.«
    »Und Ihr spontaner Eindruck?«
    »Weiße Haare. Steifer Hals. Kesse Lippe.«
    »Dann hat er sich eigentlich nicht verändert«, sagte Keyes. »Bis auf die Haare.« Seine rechte Hand strich forschend über den kahlen Schädel. »Tinkers waren immer kohlschwarz.«
    »War er wirklich in Dien Bien Phu, wie alle Welt sagt?« fragte Undean. »Oder ist das auch bloß Quatsch?«
    »Sie waren zu viert mit der Legion dort. Vier Amerikaner, meine ich. Tinker war der einzige, der überlebt hat.«
    »Wie lange war er dabei?« fragte Undean.
    »Bei der Legion? Zehn Jahre. Von sechsundvierzig bis sechsundfünfzig. Davor war er Fallschirmjäger bei der Zweiundachtzigsten Luftlandedivision. Wurde per Ernennung im Felde zum Leutnant gemacht. Als er nach zehn Jahren die Legion verließ, war er Hauptmann, was für einen Amerikaner, soweit ich weiß, recht ungewöhnlich ist.«
    »Wieso, verflucht noch mal, ist er eigentlich zur Legion?«
    Hamilton Keyes lächelte. »Hätten Sie seine Einladung zum Essen angenommen, Gilbert, hätten Sie ihn fragen können. Vielleicht hätte er's Ihnen sogar verraten.« Keyes unterbrach sich. »Möchten Sie Kaffee?«
    »Ja. Gern. Danke.«
    Keyes griff zum Telefon und
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