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Letzte Ehre

Letzte Ehre

Titel: Letzte Ehre
Autoren: Sue Grafton
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abgenommen haben, da es so aussah, als wäre mit jedem Tod weniger Geld ausgegeben worden, bis schließlich John Lee, der letzte, in dem vom Krematorium gestellten Kasten belassen wurde. Das Kaminsims wurde langsam voll. Wer als nächster »heimging«, würde in einer Schuhschachtel transportiert und auf dem Nachhauseweg von der Aussegnungshalle aus dem Autofenster geworfen werden müssen.
    Er beendete das Thema mit einer Handbewegung. »Na gut, vergessen Sie’s. Ich weiß ja, daß Sie nicht vorbeigekommen sind, um Konversation zu treiben. Ich habe die Unterlagen gleich hier.« Er ging hinüber ans Bücherregal und begann die Illustrierten auseinanderzusortieren, die anscheinend mit unbezahlten Rechnungen und anderen heiklen Dokumenten durchsetzt waren. »Es geht lediglich um einen Antrag auf dreihundert Dollar für Pappys Begräbnis«, meinte er. »Babe und ich haben seine Einäscherung bezahlt, und wir hätten das Geld gern zurück. Ich glaube, die Regierung zahlt noch einmal hundertfünfzig für die Beisetzung. Es klingt nicht nach viel, aber wir sind eben schlecht bei Kasse. Ich weiß nicht, was Henry Ihnen erzählt hat, aber wir können es uns nicht leisten, Sie für Ihre Dienste zu bezahlen.«
    »Das habe ich mitbekommen. Ich glaube sowieso nicht, daß ich viel tun kann. Mittlerweile wissen Sie vermutlich mehr über Anträge beim Veteranenamt als ich.«
    Er zog einen Stapel Papier hervor und sah ihn rasch durch, bevor er ihn mir reichte. Ich entfernte die Büroklammer und studierte die Abschrift von John Lees Sterbeurkunde, die Freigabe von der Leichenhalle, seine Geburtsurkunde, die Sozialversicherungskarte und Kopien der beiden Anträge ans Veteranenamt. Das erste Formular war ein Antrag auf Erstattung der Beisetzungskosten und das zweite ein Gesuch um die Militärakten. Auf letzterem war zwar die Waffengattung eingetragen, aber Kennummer, Dienstgrad und Rang sowie der Zeitraum, in dem der alte Herr gedient hatte, fehlten. Kein Wunder, daß das Veteranenamt Schwierigkeiten hatte, dem Antrag nachzugehen. »Sieht so aus, als fehlten Ihnen eine Menge Daten. Sie wissen also weder seine Kennummer noch in welcher Einheit er gedient hat?«
    »Hm, nein. Das ist ja das Problem«, sagte er und las über meine Schulter mit. »Es wird langsam lächerlich. Wir bekommen die Akten nicht, weil wir nicht genug Daten haben, aber wenn wir die Daten hätten, bräuchten wir das Gesuch gar nicht erst zu stellen.«
    »Das nennt man rentable Regierung. Denken Sie nur an das ganze Geld, das sie für die unbezahlten Anträge spart.«
    »Wir wollen nichts, worauf er keinen Anspruch hat, aber Gerechtigkeit muß sein. Pappy hat seinem Land gedient, und es scheint mir keine so gewaltige Forderung zu sein. Dreihundert verdammte Dollars. Die Regierung verschleudert Milliarden.«
    Ich drehte das Formular um und las die Anweisungen auf der Rückseite. Unter »Anrecht auf Zuschuß zu Bestattungskosten« war in den Bedingungen zu lesen, daß der verstorbene Veteran »unter anderem aufgrund unehrenhafter Bedingungen aus dem Dienst entlassen worden oder ausgeschieden sein muß und eine Pension erhalten oder einen ursprünglichen oder erneuerten Anspruch auf eine Pension gehabt haben muß«, bla bla bla. »Nun, das ist doch eine Möglichkeit. Hat er eine Militärpension bezogen?«
    »Falls ja, so hat er uns nie davon erzählt.«
    Ich sah zu Bucky hinauf. »Wovon hat er gelebt?«
    »Er hatte seine Schecks von der Sozialversicherung, und ich nehme an, daß Dad ausgeholfen hat. Babe und ich haben für das Haus hier Miete bezahlt, und zwar sechshundert Dollar im Monat. Das Anwesen war ohne jede Einschränkung sein Eigentum, also denke ich, daß er die Miete dazu verwendet hat, um Essen, Stadtwerke, Grundsteuer und dergleichen zu bezahlen.«
    »Und er hat da hinten gewohnt?«
    »Genau. Über der Garage. Es sind nur zwei kleine Zimmer, aber es ist echt hübsch. Wir haben einen Typen an der Hand, der einziehen möchte, wenn die Wohnung fertig ist. Ein alter Freund von Pappy. Er sagt, er wäre dazu bereit, das Gerümpel auszuräumen, wenn wir ihm bei der ersten Monatsmiete etwas nachlassen. Das meiste ist Müll, aber wir wollten nichts wegwerfen, bis wir wissen, was wichtig ist. Momentan ist die Hälfte von Pappys Sachen in Pappkartons verpackt, und der Rest stapelt sich kreuz und quer in der Gegend.«
    Ich las das Gesuch um die Militärakten noch einmal. »Was ist mit dem Jahr, in dem seine Entlassungsurkunde ausgestellt wurde? Hier ist nichts
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