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Lesereise Kulinarium - Spanien

Lesereise Kulinarium - Spanien

Titel: Lesereise Kulinarium - Spanien
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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außerdem lärmsüchtig; in der Bar kann beides behandelt werden.
    Gegen Abend werden die Tapas -Schalen mit frischen Köstlichkeiten gefüllt. Die Büroangestellten nehmen eine copita , ein Gläschen Wein oder Sherry, nach der Arbeit, Mütter mit Kinderwagen vergleichen das Gedeihen der Sprösslinge bei einem Bierchen.
    Spät abends kommt das Finale furíoso . Drangvolle Enge im Schankraum. Zum Tresen muss man sich nun vorkämpfen. Die meisten Gäste bleiben nur auf einen Drink und ziehen weiter zum nächsten Lokal um die Ecke. Der »Absacker« heißt stets penúltima copita , vorletztes Glas. Schließlich weiß man nie, ob man auf dem Heimweg nicht einen Freund trifft, mit dem es einen zu trinken gilt. Oder was die Nacht sonst noch so bringt.
    Claudia Diemar

Mehlpampe und alte Wäsche
Die Küche der Kanarischen Inseln
    Am Anfang war der gofio . Im Volksmund liebevoll-abfällig als cemento bezeichnet, soll der steife Brei einst die Nahrungsgrundlage der Guanchen gebildet haben, denen die Kunst des Brotbackens unbekannt war. Damit sie ihre Gerste nicht roh essen mussten, rösteten sie die Körner über dem Feuer und mahlten sie per Hand in steinernen Mörsern. Das so gewonnene Mehl wurde mit Wasser oder Ziegenmilch verrührt gelöffelt.
    Gofio ist noch heute auf den Kanaren allgegenwärtig. In jedem Supermarkt finden sich die eingeschweißten Tüten mit dem preiswerten gerösteten Körnermehl. Mal aus Gerste, dann wieder aus Weizen, zuweilen mit Maismehl gemischt. Doch das Produkt gibt dem Zugereisten Rätsel auf. Was kann man mit dem Zeug anfangen? Denn gofio als »Sättigungsbeilage« findet sich kaum je auf den Speisekarten. Ein einziges Mal haben wir ihn in einem Restaurant in Las Hayas auf La Gomera serviert bekommen, hoch über dem Valle Gran Rey in der Kneipe der alten Efigenia, die die stärkende Grütze zum gedünsteten Gartengemüse serviert. Einheimische meinen, es brauche Jahre, bis man sich an die Pampe gewöhnen könne. Nach der strammen Bergwanderung mundete uns der Guanchenbrei jedenfalls vortrefflich. Und er bildet eine gute Grundlage für die meist mit reichlich Knoblauch gebratenen und gesottenen Fleisch- und Fischgerichte. Conejo (Kaninchen) kommt ebenso gern auf den Tisch wie cabrito (Zicklein), gern serviert werden auch die saftigen Meeresbewohner wie mero , sama oder vieja , der äußerst delikate Papageienfisch. Es lohnt sich, nach frischem Fisch aus einheimischen Gewässern zu fragen. Seezungen etwa werden auf den Kanaren niemals gefangen. Dieser bei Touristen besonders beliebte Fisch stammt ausschließlich von der paeninsula , also vom spanischen Festland, wo er filetiert, gewaschen und tiefgefroren wird, bevor er per Flieger auf die Reise geht. Weil aber das spanische Leitungswasser bekanntlich heftig gechlort wird, darf man sich nicht wundern, wenn das zarte Fischlein später auf dem Teller nach Schwimmbad schmeckt.
    Aber für Gourmets sind die Kanaren ohnehin ein schwieriges Pflaster. Eine gehobene Küche ist auf den einst abgelegenen und ärmlichen Inseln so gut wie unbekannt. Vieles wird totgekocht, zu Schuhsohlen gebraten oder mit viel zu lange gebrauchtem Öl verhunzt. Es fehlt zudem oft an gut ausgebildetem Personal. Spötter berichten, dass selbst in gehobenen Hotels zuweilen so artfremde Berufsgruppen wie Automechaniker in den Töpfen rühren, wenn es an ausgebildeten Chefs fehlt. Die jeweils aktuellen guten Adressen erfährt man am ehesten durch Mund-zu-Mund-Propaganda.
    Zurück zu den Grundlagen, also zum gofio . Manche Canarios rühren ihn schon morgens in den Milchkaffee, um dem Tag hinreichend gestärkt entgegenzutreten, oder verwenden das braune Röstmehl für zuckerhutförmige Süßigkeiten. Gibt es gofio auch auf herzhafte Art? Klar doch! Wenn man sich etwa in der Höhlen- Bodega Tamanca bei Jedey auf La Palma den Empfehlungen des Kellners anvertraut, bekommt man als Vorspeise etwas vorgesetzt, was an in Puderzucker gewälztes Gebäck erinnert. Wer mit solcher Annahme ein Bröckchen zum Mund führt, wird sich ob der unerwarteten Geschmackssensation wundern. Es handelt sich nämlich bei den appetitlich aussehenden Häppchen um chicharrones , knusprig ausgebackene Streifen von Schweineschwarte, die anschließend in – na was wohl? – gofio gewälzt werden.
    Ein Gofio -Rezept für Anfänger? Zwei gehäufte Esslöffel davon zusammen mit der gleichen Menge an Palmenhonig in eine Schale Naturjoghurt einrühren. Das geht kinderleicht und schmeckt köstlich als Dessert oder
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