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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition)
Autoren: Raik Thorstad
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solltest dich fragen, ob du dazu bereit bist – oder ob du es überhaupt kannst.“
    „So schlimm ist das nun auch alles nicht!“, wiegelte Sascha zu aggressiv ab. „Ich meine ... es läuft ja gut, wenn er nicht gerade eifersüchtig wird.“
    Oder wenn ich mich wie ein Arschloch aufführe und behaupte, dass er nicht für mich da ist, fügte er innerlich betrübt hinzu. Was hatte er sich dabei nur gedacht?
    „Im Augenblick vielleicht. Aber in ein paar Wochen schreibst du dein Abitur. Und dann? Weißt du eigentlich schon, was danach kommen soll?“, bohrte Tanja nach. „Aber was immer es ist, ich vermute, du wirst früher oder später studieren wollen. Weiß der Teufel wo. Vielleicht bleibst du auch noch eine Weile hier und wohnst bei uns, was ich sehr schön fände. Aber wie ich dich kenne, wirst du in nicht allzu ferner Zukunft gehen. In eine andere Stadt oder vielleicht auch hier innerhalb von Hamburg.
    Was wird dann aus Andreas und dir? Wie soll das gehen? Du kannst nicht zu ihm in seinen Käfig ziehen. Damit tust du ihm keinen Gefallen und dir erst recht nicht.
    Und dass er sich innerhalb kurzer Zeit ändert, ist unwahrscheinlich. Ich denke eh, dass er in einer Klinik besser aufgehoben wäre.
    Bei einer normalen Freundschaft oder ersten Liebe würde ich sagen, dass es egal ist, wie weit man denkt. Wege treffen und trennen sich wieder. Aber bei Andreas geht das nicht. Das wäre unverantwortlich. Er braucht Menschen, auf die er sich verlassen kann. Menschen, die unter Umständen Opfer für ihn bringen. Umso mehr er sich an dich klammert, umso mehr musst du leisten und umso weniger Zeit bleibt dir für die anderen Sachen, die du gerne tun möchtest oder musst.“
    „Was willst du damit sagen?“, presste Sascha schockiert hervor.
    Er kam sich vor wie ein begossener Pudel. All die Dinge, die Tanja ansprach, er hatte sich kaum Gedanken gemacht. Um nichts, was nach dem Abitur kam.
    Immer wieder hatte er seine Überlegungen nach hinten verschoben und Andreas dabei gänzlich außen vor gelassen. Er hatte nicht darüber nachdenken wollen, hatte den Kopf in den Sand gesteckt.
    „Dass du dir gut überlegen solltest, ob Andreas derjenige ist, den du willst. Du schulterst eine große Verantwortung, wenn du mit ihm zusammenbleibst. Vielleicht habt ihr eine großartige Zukunft vor euch, aber machen wir uns nichts vor: Die wenigsten Leute bleiben mit ihrem ersten Freund zusammen.“
    Sascha schnappte nach Luft: „Versucht du mir gerade auf charmante Art zu sagen, dass ich ihn in den Wind schießen soll?“
    Unstet zuckte Tanja die Achseln, bevor sie erklärte: „Das habe ich nicht gesagt. Aber vielleicht solltest du dich fragen, ob du Andreas genug liebst, um damit zu leben, dass er krank ist.“
    „Wir tun ja etwas dagegen“, erwiderte Sascha schwach. „Er gibt sich Mühe und ich wette, bald habe ich ihn soweit, dass er sich gegen seine Eltern durchsetzt und sich einen Therapeuten sucht.“
    „Und dann? Glaubst du, es wird dann leichter? Menschen in Therapie sind sehr, sehr schwierig. Außerdem: Hast du dir je bewusst gemacht, dass es sein könnte, dass Andreas nicht gesund wird? Oder dass die Fortschritte so winzig sind, dass man sie kaum bemerkt? Vielleicht wird er nie mit dir ins Kino gehen können. Nie arbeiten gehen können. Nie in den Urlaub fahren können. Und das schließt dich dann mit ein. Weil du dir dann wie ein Schwein vorkommen würdest, wenn du zum Beispiel in die USA fliegst, weißt, dass Andreas dich gerne begleiten würde, es aber nicht kann. Würdest du Spaß an der Reise haben?“
    Tanja strich sich eine Locke aus der Stirn: „Du hast dir etwas aufgebürdet, was viele Erwachsene nicht meistern können. Und ich sehe, dass du dich jetzt bereits zerreißt, obwohl Andreas direkt nebenan wohnt. Was, wenn du später in der Innenstadt wohnst und er hier? Immer noch bei seinen Eltern?“
    „Was zum Teufel willst du mir sagen?“, fuhr Sascha ihr dazwischen.
    Tanjas Worte staken wie tausend Messer in seinem Fleisch. Er wollte sie nicht hören, wollte sie zurückdrängen, nur um festzustellen, dass sie in seinem Kopf bereits vorhanden waren. Als Angst, als Schatten. Als das vage Gefühl, dass seine Gefühle für Andreas zu schnell zu heftig wuchsen.
    Tanja machte ein trauriges Gesicht und flüsterte sanft: „Dass du dich übernommen hast. Mit allem. Dass du dich in eine extrem schwierige Beziehung gestürzt hast, statt dich mit den Problemen mit deiner Familie auseinanderzusetzen. Ich glaube, du bist
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