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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
Autoren: Laurence Sterne
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sie sammelten.
    Was die Folge hiervon war, und wie Yorick schließlich daran scheiterte, werden Sie im nächsten Kapitel finden.
     
    12. Kapitel
    Der Schuldner und der Gläubiger unterscheiden sich in Beziehung auf die Grösse des Geldbeutels nicht mehr von einander, als der Spötter und der Verspottete in Beziehung auf die Güte des Gedächtnisses. Hiebei kriecht der Vergleich, wie die Scholiasten sagen, auf allen Vieren; was beiläufig ein oder zwei Beine mehr ist, als sich einige der besten Vergleiche Homers rühmen können; es erhebt nämlich der Eine eine Summe und der Andere ein Gelächter auf Ihre Kosten und denkt nicht mehr daran. In beiden Fällen aber laufen Zinsen auf; die periodische oder zufällige Bezahlung derselben dient dann dazu die Erinnerung an die Sache frisch zu erhalten, bis endlich in einer bösen Stunde – hupp! der Gläubiger da steht, und das Kapital nebst den vollen Zinsen bis auf den Tag einverlangt und so den Schuldner die ganze Grösse seiner Verbindlichkeit fühlen lässt.
    Da (die Wenn's kann ich nicht leiden) der geneigte Leser die menschliche Natur zur Genüge kennt, so brauche ich nicht hinzuzufügen, dass mein Held unmöglich in diesem Tempo fortfahren konnte, ohne seine kleinen Erfahrungen zu machen und gelegentlich einmal derartige Mahnungen zu erhalten. Offen gesagt, er hatte sich leichtsinnigerweise eine Menge kleiner Buchschulden dieser Art zugelegt, die er trotz Eugenius häufiger Warnungen all zu sehr vernachlässigte, weil er dachte, es sei ja keine in böslicher Absicht gemacht worden, sondern im Gegenteil aus ehrlichem Herzen und lediglich im heiteren Humor, und deshalb würden sie sich auch alle im Lauf der Zeit verwischen.
    Eugenius wollte dies nie zugeben und sagte oft, man würde gewiss früher oder später mit ihm abrechnen; und setzte er oft in einem Tone kummervoller Besorgnis hinzu, – bis auf den Heller hinaus. Mit seiner gewöhnlichen Sorglosigkeit pflegte dann Yorick mit einem: Ah bah! darauf zu erwidern, und wenn die Sache im Freien verhandelt wurde – mit einem Luftsprung, Satz und Hupf am Ende; ging die Unterhaltung aber in einer geselligen Kaminecke vor sich, wo der Maleficant durch einen Tisch und ein Paar Armstühle eingesperrt war, und nicht so leicht in einer Tangente durchgehen konnte, so fuhr Eugenius in seiner Vorlesung über Lebensklugheit und Vorsicht in geeigneten Worten fort – die übrigens etwas besser gewählt waren als die folgenden:
    Glaub' mir, lieber Yorick, diese deine unüberlegten Späße werden dich früher oder später in Verlegenheiten und Schwierigkeiten bringen, aus denen dich dann keine nachträgliche Klugheit mehr herauswinden wird. Ich sehe oft, dass sich bei solchen Possen der Ausgelachte als ein Beleidigter betrachtet und sich alle mit einem solchen Verhältnisse verbundenen Rechte beimisst; und wenn du ihn ebenfalls in diesem Lichte betrachten und seine Freunde, seine Familie, seine Verwandtschaft noch dazu zählen – und die vielen Rekruten hinzu rechnen wolltest, die sich im Gefühl einer allgemeinen Gefahr unter seine Fahnen stellen – so würdest du, ohne Übertreibung gesprochen, für zehn Witze immer auf hundert Feinde rechnen können, die du dir durch jene zugezogen hast; aber du wirst dich nie davon überzeugen lassen, bis dir einmal der Wespenschwarm, den du aufgestachelt, um die Ohren schwirrt und dich halb zu Tode sticht.
    Ich kann von dem Manne, den ich hochachte, nicht glauben, dass in diesen Späßen auch nur eine Spur von Bitterkeit oder boshafter Absicht liege; ich glaube und weiß viel mehr, dass sie ehrlich gemeint und eben nur scherzhafter Natur sind; aber bedenke doch, mein lieber Freund, dass die Dummköpfe dies nicht zu unterscheiden wissen, und die Schelme es nicht unterscheiden wollen; du aber weißt gar nicht was es heißt die Einen herauszufordern oder sich über die Anderen lustig zu machen. Wenn sie sich einmal zu gegenseitiger Verteidigung verbinden, so kannst du dich darauf verlassen, dass sie den Krieg gegen dich, mein lieber Freund, in einer Weise führen werden, dass es dir das Leben entleiden wird.
    Aus irgend einem giftigen Winkel wird die Rache eine ehrenrührige Geschichte gegen dich schleudern, welche keine Unschuld des Herzens, keine Reinheit des Wandels verwischen wird. Das Glück deines Hauses wird wanken, dein Charakter, der es aufbaute, wird von allen Seiten bluten; man wird deine Redlichkeit in Frage stellen, deine Handlungen verleumden, deinen Witz vergessen, dein Wissen
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