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Last days on Earth: Thriller (German Edition)

Last days on Earth: Thriller (German Edition)

Titel: Last days on Earth: Thriller (German Edition)
Autoren: Julian Frost
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halb taub von dem Lärm des Feuerstoßes. Als die Nachbilder der Flammen verblassten, erkannte sie den riesigen, sich windenden Drachenleib, der die große Bibliothek beinahe vollständig ausfüllte. Phosphoreszierende Wellen liefen über den schuppigen Körper, scharfe Krallen rissen tiefe Furchen in den Dielenboden, violett glühende Augen suchten ihren Blick, um sie zu bannen. Ein tiefes, unheilverkündendes Grollen ließ den Boden unter ihren Füßen erbeben. Karla schlug die Lider nieder und zog sich hastig zur Tür zurück.
    Sie hörte, wie Horace den Namen des Drachen rief. »Herr von Deyen. Alles ist gut, bitte beruhigen Sie sich. Niemand will Ihnen schaden. Ich bin hier. Ich passe auf Sie auf. Sehen Sie, außer mir ist niemand im Raum. Ruhig. Ich mache Ihnen ein schönes Feuer. Ruhig …«
    Karla blieb vor der Tür stehen und wischte sich mit zitternden Händen den Schweiß von der Stirn. War es am Ende gar nicht der Generator, der von Deyens Verstand zerrüttet hatte, sondern doch ein anderer giftiger Einfluss? Eine Form der Magie, die Horace, der Versatile, mit seinen Mitteln nicht zu entdecken vermochte?
    Karlas Atem beruhigte sich. Sie wartete, bis Horace die Tür hinter sich schloss, und nahm dann seinen Arm. »Was denken Sie?«
    Seine Lippen bildeten einen geraden, festen Strich in seinem blassen Gesicht. Er hob resigniert die Schultern. »Ich sehe nicht, dass das Abschalten des Generators etwas verändert hätte. Leider, Frau van Zomeren.«
    Karla drückte seine Schulter. »Vielleicht ist dieses kranke morphische Feld insgesamt zu stark«, sagte sie. »Horace, ich befürchte, dass ich zu spät dran bin. Welches Datum haben wir?«
    Der Butler sah sie verständnislos an. »Den 20. Dezember«, sagte er. »Was hat das Datum mit Herrn von Deyens Zustand …?«
    Karla unterbrach ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Geben Sie mir die Nummer dieses Schwarzraum-Experten. Irgendjemand betreibt einen großen Generator, und ich will nicht mehr Karla heißen, wenn das Ding nicht irgendwo hier in dieser Stadt steht!«
    Der Butler entfernte sich wortlos.
    »Und bringen Sie mir die Batterie mit«, rief Karla ihm nach. Sie wählte eine Nummer, klemmte ihr Telefon ans Ohr und wartete darauf, dass Tora-san sich meldete.
    Die Großmeisterin sagte nur: »Ich hatte Sie gewarnt«, als Karla sie um einen Termin bat. »Na gut, kommen Sie vorbei.«
    Horace wartete in diskretem Abstand, bis Karla das Gespräch beendet hatte, und reichte ihr dann die Schwarzraum-Batterie. Karla dankte ihm und sagte: »Ich rufe mir ein Taxi, dann sind Sie mich los.«
    Der Butler schüttelte den Kopf. »Warten Sie. Ich sage Kastner Bescheid, damit er Sie fährt. Herr von Deyen würde das sicherlich wünschen.«
    Karla dankte ihm, und wenig später stand ein livrierter Chauffeur in der Tür und geleitete sie zu einer dunklen Limousine, die Felsensteins Nobelschlitten glich wie ein Ei dem anderen. Anscheinend gab es, was Autos und Chauffeure betraf, einen Standard, den man als Drache einzuhalten hatte.
    Karla machte es sich im Fond bequem und überdachte ihr weiteres Vorgehen. Unter der Nummer, die Horace ihr gegeben hatte, meldete sich nur eine Mailbox. Sie erkannte die Stimme des Versatilen, der mit ihr und Raoul im Hotchpotch gesprochen hatte.
    Karla gähnte und sah auf die Uhr. Mitternacht. Der Morgen des 21. Dezembers brach gerade an. Weltuntergang. Wenn dieser Tag vorüber war, würde sie es endlich wissen …
    Sie stapfte durch den Schneematsch auf Tora-sans Haus zu, während hinter ihr die Limousine davonglitt. Nirgendwo brannte Licht, aber in einem Fenster spiegelte sich der Widerschein von Kerzen. Karla suchte vergeblich nach der Türklingel und klopfte schließlich an die Tür.
    Sie hörte leichte Schritte nahen, dann schwang die Tür auf, und Karla blickte in die Mündung einer erstaunlich großen Pistole. Sie lächelte verblüfft und erwartete, dass die finster dreinblickende Großmeisterin die Waffe senken und sie hereinbitten würde, aber statt dessen ruckte die Pistole ein Stück höher, bis sie genau auf Karlas Stirn zielte. Tora-san bedeutete ihr einzutreten und schloss die Tür. »Versuchen Sie keine Tricks«, hörte Karla die Großmeisterin sagen. Die Mündung der Waffe presste sich kalt in ihren Nacken.
    »Vorwärts«, kommandierte Tora-san. Ihre Stimme klang so hart und unnachgiebig, wie das Metall der Waffe sich anfühlte.
    Karla schnappte nach Luft. »Was haben Sie vor?«
    »Ich werde mich mit Ihnen unterhalten.«
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