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Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur

Titel: Konsumguerilla - Widerstand gegen Massenkultur
Autoren: Birgit Richard , Alexander Ruhl
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die Rolle der KonsumentInnen verändert hat, und zwar insbesondere durch die Nutzungsmöglichkeiten, die
     das Internet und seine Dienste für neue Produktions und Partizipationsweisen bieten. 2
    Aus Sicht von UnternehmerInnen sollen Prosumer Ideen und Informationen bei Entwicklung, Design und Anpassung von Produkten
     liefern. Über solche Aktivitäten können sie (über die ihnen eigene Glaubwürdigkeit und Meinungsführerschaft) zur neuen »Marketingsäule«
     werden, womit faktisch interne Aufgaben des Marketing auf VerbraucherInnen verlagert werden. So sollen Prosumer etwa als »Mund-zu-Mund-Propagandisten |13| « in Weblogs und Foren dabei helfen, Neuheiten bekannt zu machen oder bei der Kaufberatung anderer User aktiv werden. Im günstigsten
     Fall resultieren hieraus langfristig bessere Qualität und präziser auf die Bedürfnisse der VerbraucherInnen zugeschnittene
     Produkte.
    Viele Unternehmen versuchen, Prosumer und die kommunikativen Möglichkeiten des Web 2.0 in Marketing, Forschung und Entwicklung
     zu integrieren. So werden virale Botschaften 3 oder
buzzwords
4 lanciert (etwa als entscheidende Schlagworte für Stichwortsuchen), um daran mit Produktwerbung anzudocken und die Reichweite
     zu vergrößern – nach Möglichkeit bis in traditionelle Medien hinein. Werbenachrichten werden dann von Interessierten an ihr
     soziales Netzwerk weitergeleitet. Prosumer sind damit zugleich die neuen »Trendscouts« und »early Adaptors«, wie sie die Werbepsychologie
     nennt, und entfalten eine multiplikatorische Wirkung. Kommentare der User werden als Grundlage für die Evaluation von Produkten
     herangezogen und die Prosumer darüber in die Organisation des Marketings eingebunden – oftmals ohne dass diesen ihre Funktion
     bewusst ist oder überhaupt werden kann. Positiv formuliert, öffnen sich Unternehmen ihren KundInnen, die zunehmend mitgestalten,
     beraten und interaktiv kommunizieren können.
    Im Wechsel vom Konsumenten zum aktiven »Prosumenten« zeichnet sich ein neuer Käufertyp ab, der in der Eigenständigkeit seiner
     Kaufentscheidungen seiner Umwelt fordernd und hochkompetent gegenübersteht. Diese Eigenschaft wird im Begriff »Smart Shopper«
     betont. Diese lassen sich nicht einfach manipulieren. Sie achten im Gegensatz zu Schnäppchenjägern nicht nur auf den Preis,
     sondern vor allem auf Qualität und fragen ebenso, wer das erworbene Gerät gegebenenfalls reparieren oder erklären oder ob
     eine Dienstleistung den Ansprüchen gerecht werden kann. 5
    Zwischen den Extremen der Instrumentalisierung der Prosumer, auf den Arbeit abgewälzt wird – mit Konsequenzen für einen Teil
     der MitarbeiterInnen dieser Unternehmen –, und neuen sozialen Formationen wie emanzipativen Do-it-yourself-Alltagskulturen,
     die ebenfalls verändernd auf die Gesellschaft |14| einwirken, gibt es viele Abstufungen. Zum Teil werden auf diese Weise sogar neue, alternative Wirtschaftsstrukturen geschaffen,
     wie zuvor ungekannte Unternehmensformen oder Produktionslogiken von Communities zeigen (vgl. etwa die Wissensgenese bei Wikipedia).
    Kundenorientierung erfährt folglich eine neue Orientierung im Sinne von: Was können die KundInnen für uns tun? Entsprechend
     werden unterschiedlichste Arbeitsschritte von angestellten ArbeitnehmerInnen auf KonsumentInnen ausgelagert, was sich anhand
     von etlichen Beispielen zeigen lässt: Direct-Banking, Self-Brokerage, Selbstbuchung von Flug- und Bahntickets sowie generell
     die Auswahl, Recherche und der Kauf von Produkten über das Internet. Man denke aber auch Abholung und Einlieferung von Paketen
     am Packstation-Automaten, automatisiertes Einchecken an Flughäfen und Hotels, ebenso an unterschiedliche Formen der webbasierten
     Selbstberatung und Information. Diese Liste nennt nur einige wenige Möglichkeiten und ließe sich noch lange fortschreiben.
    Voss und Rieder benennen dabei moderne Informations- und Kommunikationstechnologien sowie namentlich das Internet als
    »hilfreiche Mittel; sie sind aber keineswegs die zentralen Auslöser, denn viele Betriebe (und die dazu gehörende Betriebswirtschaftslehre)
     haben unabhängig davon und zum Teil schon vor der Expansion des WWW den Kunden als sogenannten ›Ko-Produzenten‹ entdeckt,
     dessen Potential man aus unmittelbar wirtschaftlichen Gründen zu nutzen versucht.« (Voß/Rieder 2005: 5)
    Beim permanenten Forcieren von Wachstum werden KonsumentInnen somit zum neuen Instrument der Kosteneinsparung, Rationalisierung
     und des
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