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Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen

Titel: Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Autoren: Evelyn Boyd
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Wasserpflanze hängen konnte und es waren auch weit und breit keine Seerosen zu entdecken. Die Gedanken rasten durch meinen Kopf. ›Ich darf nicht ertrinken! Nicht hier!‹
    Da kam plötzlich ein Ruck aus der Tiefe und ich wurde mit dem Kopf unter Wasser gezogen. Überrascht schrie ich auf und sofort entwich alle Luft aus meinen Lungen. Die Luftblasen tanzten um mich herum. So sehr ich auch die Augen aufriss, ich konnte außer dunklem Wasser nichts erkennen.
    Plötzlich packte mich jemand und zog mich am Arm zur Wasseroberfläche. Ich prustete und schnappte nach Luft. Die Sonne war so hell, dass sie die Wasseroberfläche funkeln ließ. Ich blinzelte mehrfach dagegen an, bevor ich das Gesicht des Jungen erkennen konnte, der mich in seine Arme gezogen hatte. Er hatte fast schwarzes Haar. Um seinen Mund lag ein grimmiger Zug. Während sein linker Arm mich wie ein Schraubstock umklammert hielt, schwamm er mit mir auf das Ufer zu. Obwohl er mich als Last hatte, bewegte er sich sehr geschmeidig und sicher. Am Strand ließ er mich sofort los. Meine Beine waren vor Schreck noch ganz weich, so dass ich kurz auf die Knie sank, als ich versuchte aufzustehen. Der Junge sah auf mich herab. Ein Funkeln lag in seinen Augen. Mir fiel ein, dass ich mich vor lauter Überraschung noch gar nicht bei ihm bedankt hatte. Vorsichtig rappelte ich mich wieder auf und blickte zu ihm hoch. Er war gut ein Kopf größer als ich.
    »Tack … Danke …«, begann ich zittrig. »Du hast mich gerettet.« Ich brachte ein unsicheres Lächeln zustande.
    Der Junge antwortete nicht. Er musterte mich mit einem abschätzigen Blick von oben bis unten. Ich war mir nicht sicher, ob es sich bei meinem unbekannten Retter tatsächlich um einen Einheimischen handelte. Seine dunklen Haare irritierten mich. Sie standen ganz im Gegensatz zu seiner blassen Haut. Er trug nur eine alte zerschlissene Jeans, die jetzt klitschnass war und er sah verdammt gut darin aus. Ich schätzte, dass er ungefähr in meinem Alter sein musste. Vielleicht war er etwas älter, doch bestimmt nicht mehr als zwei oder drei Jahre. Vielleicht war er ein Tourist, so wie ich. Vermutlich sprach er gar kein Schwedisch. Doch nachdem er sich lässig eine Haarsträhne aus dem Gesicht gestrichen hatte, antwortete er mir im perfekten Schwedisch und dem typischen Akzent der Region: »Dieser See ist kein Planschbecken für Nichtschwimmer. Wenn du keine geübte Schwimmerin bist, solltest du lieber im flachen Wasser oder am besten gleich an Land bleiben, um dich zu sonnen, oder was Mädchen sonst so machen.«
    Mir blieb der Mund offen stehen. Das war ja wohl die Höhe! Ich war schon in diesem See geschwommen als ich sechs Jahre alt war. Was bildete sich dieser ungehobelte Typ eigentlich ein?
    »Ich bin eine sehr gute Schwimmerin, damit du es nur weißt…«, begann ich trotzig. Doch der Junge winkte ab. Er drehte sich um und lief ohne ein weiteres Wort auf den Wald zu.
    »Hej!«, rief ich ihm nach. »Warte …«
    Aber er verschwand zwischen den Bäumen ohne noch einmal stehen zu bleiben.
    »Ich hätte das auch ohne dich geschafft! Bilde dir bloß nichts darauf ein!«, rief ich ihm aufgebracht hinterher.
    »Das gibt es doch nicht! So ein, ein … eingebildeter Affe!«, schimpfte ich immer noch vor mich hin, als ich das Boot wieder ins Wasser schob. Ich war wütend. Eigentlich konnte ich mir gar nicht erklären, warum ich so sauer war. Immerhin hatte der fremde Junge mir das Leben gerettet und vielleicht war es wirklich unvernünftig ganz allein schwimmen zu gehen. Doch sein Verhalten mir gegenüber war unmöglich gewesen. Ich ruderte zurück. Ich war so in Gedanken, dass ich mich wunderte, wie schnell ich wieder beim Sommerhaus ankam. Dort vertäute ich das Ruderboot am Anleger und holte meine Tasche und die Angelrute aus dem Boot. Der Unbekannte beschäftigte mich noch immer. Wer war er? Was machte er hier? Wie hatte er so schnell dort sein können, als ich unter Wasser gezogen wurde? Ich hatte weit und breit keine Menschenseele gesehen.
    Nur eines war mir klar: Er war ein komplett unmöglicher, unfreundlicher und anmaßender Typ.
    »Vollidiot!«, schimpfte ich laut, griff meine Sachen und stapfte die Wiese hoch Richtung Haus.
    Erst nachdem ich lange heiß geduscht hatte, beruhigte ich mich wieder. Danach setzte ich mich mit einem Kanelbullar – einer schwedischen Zimtschnecke – und einer Tasse Milchkaffee auf die Veranda in die Sonne. Während ich den Kaffee trank, überlegte ich, was ich heute
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