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Kid & Co - V3

Titel: Kid & Co - V3
Autoren: Jack London
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aber sofort von Haß und Bitterkeit verdrängt. Er merkte, daß er auf die richtige Spur gekommen war.
    »Warum haben Sie keine rohen Kartoffeln auf dem Dampfer mitgebracht?«
    »Das taten wir ja auch. Als wir aber den Fluß heraufkamen, verkauften wir sie in Bausch und Bogen in Fort Yukon. Wir hatten ja reichlich Eingemachtes und wußten, daß es sich besser hielt.«
    Kid stöhnte. »Und Sie haben wirklich alle verkauft?« fragte er.
    »Ja. Wie konnten wir denn wissen...«
    »Nein... aber blieben nicht vielleicht ein paar Säcke übrig?... So ganz zufällig, wissen Sie... irgendwo auf dem Dampfer versteckt?«
    Es kam ihm vor, als zögerte sie ein bißchen, ehe sie den Kopf schüttelte.
    »Aber wäre das nicht doch möglich?« beharrte er.
    »Wie soll ich das wissen?« fauchte sie wütend. »Ich hatte nicht das Amt eines Proviantverwalters.«
    »Das hatte wohl Arnos Wentworth...« Plötzlich fiel ihm die Möglichkeit ein. »... Gut, sehr gut... aber was meinen Sie denn rein persönlich über diese Sache? Ganz unter uns. Glauben Sie, daß Wentworth irgendwo rohe Kartoffeln versteckt hält?«
    »Nein... sicher nicht... warum sollte er?«
    »Warum sollte er nicht?«
    Aber sie zuckte nur die Achseln.

    »Wentworth ist ein Sauvieh«, gab Kurz seine Meinung von der Sache kund, als Kid ihm seinen Verdacht mitgeteilt hatte.
    »Und das ist Laura Sibley auch«, fügte Kid hinzu. »Sie glaubt, daß er Kartoffeln hat, hält es aber geheim, weil sie hofft, daß er mit ihr teilen werde.«
    »Und er will nicht?« Kurz fluchte der Schwäche des menschlichen Charakters mit ausgesuchten Verwünschungen, bis er kaum noch japsen konnte.
    Als es Nacht geworden war und das ganze Lager schnarchte und ächzte oder stöhnte, ohne schlafen zu können, suchte Kid die bereits dunkle Hütte Wentworth' auf.
    »Hören Sie mal, Wentworth«, sagte er. »Ich habe in diesem Beutel genau tausend Dollar in Goldstaub. Ich gelte als reicher Mann hier im Lande und kann es mir leisten. Ich fürchte, daß ich auch angesteckt worden bin... Geben Sie mir eine rohe Kartoffel, und der Staub gehört Ihnen. Hier... nehmen Sie.«
    Es schauderte Kid, als Arnos Wentworth wirklich die Hand ausstreckte und das Gold nahm. Kid hörte ihn in seinem Bett herumwühlen und dann merkte er, wie ihm... nicht das Gold, sondern eine richtige Kartoffel in die Hand gedrückt wurde.
    Kid wartete den nächsten Morgen nicht ab. Er und Kurz fürchteten, daß die zwei am meisten angegriffenen ihrer Patienten jeden Augenblick sterben würden, und sie suchten deshalb deren Hütten auf. Sie zerrieben die Kartoffel im Werte von tausend Dollar mit der Schale und dem Schmutz, der daran klebte, in einer Tasse und träufelten von dieser breiigen Masse jede Stunde ein wenig in die furchtbaren Löcher, die einst Münder gewesen waren. Die ganze Nacht hindurch lösten sie einander ab, so daß sie den Patienten in regelmäßigen Zwischenräumen den Kartoffelsaft einflößen konnten.
    Als der nächste Tag zu Ende ging, schien ihnen die Besserung im Zustand der Patienten fast wunderbar. Sie waren schon nicht mehr die Kränksten. Und als die Kartoffel nach achtundvierzig Stunden verbraucht war, waren die beiden Patienten außer Gefahr, wenn auch noch längst nicht geheilt.
    »Ich will Ihnen sagen, was ich jetzt tun möchte«, sagte Kid zu Wentworth. »Ich besitze viele Grundstücke hier im Lande, und mein Kredit ist so gut wie nur einer. Ich gebe Ihnen fünfhundert Dollar für jede Kartoffel bis zum Gesamtbetrag von fünfzigtausend Dollar. Also für insgesamt hundert Kartoffeln.«
    »War das aller Staub, den Sie hatten?« fragte Wentworth.
    »Kurz und ich haben alles zusammengescharrt, was wir bei uns hatten. Aber, offen gesagt, er und ich sind zusammen mehrere Millionen schwer.«
    »Ich habe keine Kartoffeln mehr«, sagte Wentworth schließlich. »Es ist wirklich schade. Die Kartoffel, die ich Ihnen gab, war die einzige... Ich habe sie den ganzen Winter über aufbewahrt, aus Angst, daß ich Skorbut kriegen würde. Ich habe sie nur abgegeben, um mir eine Fahrkarte kaufen und das Land verlassen zu können.«
    Obgleich die beiden Patienten keinen Kartoffelsaft mehr bekamen, hielt die Besserung noch am dritten Tage an. Die Fälle aber, die nicht behandelt worden waren, wurden unterdessen immer schlimmer. Am vierten Morgen wurden vier gräßlich aussehende Leichen begraben. Kurz machte alles geduldig mit, aber dann wandte er sich zu Kid und sagte: »Du hast jetzt deine Methode versucht. Jetzt bin ich an
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