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Katakomben (Van den Berg) (German Edition)

Katakomben (Van den Berg) (German Edition)

Titel: Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
Autoren: Mark Prayon
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eleganter Anzug, graues Seidenhemd, teure Schuhe – alles nach Maß gefertigt. Entschlossen griff er nach seinem Notebook. Eigentlich hatte er für moderne Kommunikationsmittel nicht viel übrig, aber man konnte halt nur schlecht auf sie verzichten. Der Computer stand neben einem ultraflachen Smartphone auf dem frisch polierten Glastisch. Wichtige Dinge besprach Hugo nicht am Telefon. Seine Angst, abgehört zu werden, war zu groß, auch wenn es keinerlei Anhaltspunkte dafür gab, dass man ihn schon einmal angezapft hatte. Hugos E-Mail bestand aus nur einem einzigen Satz. „Morgen, 20 Uhr.“
    Van den Berg hatte in der Nacht wieder nicht viel geschlafen. Um acht Uhr saß er in seiner großen, geschmackvoll eingerichteten Altbauküche und schob zwei Scheiben Weißbrot in den schicken Toaster. Er hatte die Elektrogeräte vor ein paar Jahren günstig bei einem Lagerverkauf erworben. Die modernen weißen Einbauelemente hatte er geschickt mit alten provenzalischen Schränken und einem massiven Holztisch kombiniert.
  Er überlegte, ob er rausgehen und sein Frühstück bei Renard holen sollte. Das Traditionsgeschäft an der Chaussee d`Ixelles hatte den Ruf, die besten Torten und das feinste Gebäck in Ixelles herzustellen. An diesem Morgen konnte sich der Kommissar nicht dazu aufraffen. Verbissen knabberte er an trockenen Toastscheiben und spülte sie mit Kaffee herunter, den er schwarz mit ein wenig Zucker trank. Der Polizist ließ sich auf das alte Chesterfieldsofa fallen und legte die Smiths auf: „Bigmouth Strikes Again“.
  Er dachte zurück an die wilden Achtziger, in denen er mit seinen Freunden durch die Straßen Gents gezogen war. Nie im Leben hätte er damals daran gedacht, Polizist zu werden. Auf Gesetze hatten er und seine Kumpels gepfiffen. Sie kifften so oft es ging und sie sprühten Graffiti mit den Namen ihrer Lieblingsbands an graue Fabrikmauern. Nachts fuhren sie zugedröhnt und ziellos durch die Gegend.
  Der Dienst bei der Armee hatte van den Berg gründlich umgekrempelt. Da hatte er sich vorgenommen, sein Leben zu ändern, Gas zu geben. Und er wollte Macht haben. Als Polizist konnte er die Hebel bewegen, wie es ihm beliebte, wenn er böse Jungs jagte. Aber er musste sich unterordnen, was er hasste. In seinen ersten Jahren bei der Polizei war er regelmäßig mit seinen Vorgesetzten aneinandergeraten. Aber er hatte mächtige Fürsprecher im Präsidium, die sein kriminalistisches Talent erkannten und ihn förderten.
  Vor allem Henk Wouters, ein Kommissar der alten Schule, hatte van den Berg nach Kräften gefördert, auch wenn der ihm immer eine Spur zu eitel war. Keiner der anderen jungen Polizisten hatte van den Bergs Spürnase und schon gar nicht dessen Willen. Mittlerweile ließ sich van den Berg nicht mehr herumkommandieren. Er fand immer irgendeinen Weg, seinen Kopf durchzusetzen. Was hatten ihn die Schreiberlinge von den bluttriefenden Boulevardblättern genervt, die keine Gelegenheit ungenutzt ließen, ihn zu einem Versager zu stempeln. Denn er weigerte sich, mit ihnen zu kooperieren. Die langatmigen Diskussionen mit Kollegen und Staatsanwälten hatten ihn beinahe zermürbt. Doch inzwischen kannte er die Spielregeln. Er wusste, wie er alle nach seiner Pfeife tanzen lassen konnte.
  Vor drei Jahren hatte van den Berg zum letzten Mal großen Ärger bekommen, als er bei einem Verhör nach einer sehr speziellen Methode vorging. Eine ganze Nacht lang hatte er den Mordverdächtigen mit grellen Scheinwerfern geblendet. Das so erreichte Geständnis hatte das Gericht nicht zugelassen und der Kommissar musste es sich gefallen lassen, dass ihn der Polizeipräsident verbal in den Boden rammte. Seitdem war er wachsam und überschritt die hausinternen Grenzen nur noch dann, wenn man ihm nichts nachweisen konnte.
    Das tote Mädchen weckte seine Kampfeslust, während er auf die Straße herunterschaute. Amüsiert beobachtete er eine junge Frau, die versuchte, ihren alten VW-Golf in eine Parklücke zu manövrieren und nach fünf Versuchen entnervt aufgab. Van den Berg schlüpfte in ein khakifarbenes T-Shirt, nahm seine braune Kapuzenlederjacke vom Sofa und sprang in seinen MG. Er trug fast immer Bluejeans, seine 44er-Füße steckten wahlweise in schwarzen Sneakers oder rustikalen braunen Lederschuhen.

 

2

 
 
    Im Kommissariat wartete man schon. Auf dem Schreibtisch lag ein Zettel seines Kollegen, der den Kommissar in Großbuchstaben aufforderte, sich schnell bei ihm zu melden. Eric Deflandre stammte
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