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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht
Autoren: Friede Birkner
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uns nicht erkennt, wenn wir dort erscheinen. Kommt es, wie Kuno und ich uns wünschen, so werden sich stille Abendstunden ergeben, wo wir gemütlich zusammen schwatzen können. Kuno kommt schon am Dienstag dorthin, mit den Hunden - ich selbst komme erst am Wochenende, um mich bei Herrn Professor vorzustellen. Kneift uns den Daumen, daß wir armen Vertriebenen wieder im geliebten Torhaus leben dürfen, wenn auch nur als Angestellte. Heimat ist Heimat, und uns quält das Heimweh. - Herzlichst Eure Gertraude und Kuno Gleichen.« Lina faltete den Brief zusammen.
    »So - nun sag' ich aber garnischt mehr, olle Lina.«
    »Ich hab' eine Freude, Hedrich, wenn die beiden wirklich kommen! Aber gescheit müssen wir sein, wir zwei Alten, damit wir nichts verderben.« Ehrlich gerührt strich die gute Alte mit ihren verarbeiteten Händen über Gertraudes Brief.
    »Und von wem ist der andere Brief? Das tät mich noch interessieren.«
    »Je, den hab' ich doch beinahe vergessen in der Freude. Sehen wir mal, was das ist.« Lina hatte den zweiten Brief aufgemacht und mußte nun schon wieder quietschen, als sie nur wenige Zeilen darin gelesen hatte. »Nun wirst du aber staunen, Alter, wer mir da schreibt - die gnädige Frau Sörensen. Was sagste nun?« Sie las dem alten Arbeitskameraden vor, was Schirin an sie geschrieben hatte. Dann schaute sie über die schlichte Nickelbrille hinweg Hedrich an. »Meinst doch auch, daß dies alles zusammenhängt, was?«
    »Könnt schon stimmen. Also, die Frau Stadtrat sollen wir halt nicht als Frau Stadtrat kennen, das ist nur Besuch von deiner Freundin für dich.« Stöhnend erhob er sich, stopfte sich die erste Pfeife, und unter Schnaufen und Rauchwolken brummte er undeutlich: »Dann mal an die Arbeit, Lina! Mir scheint, bald wird's hier lustig und lebhaft zugehen. Und wir zwei wissen mehr als die Herrschaft.«
    »Gescheit sein, weiter brauchst du alter Pfeifenschmaucher nichts zu tun.« Fröhlich sah die alte Lina aus - die beiden Nachrichten waren so recht nach ihrem Herzen. Später, als sie mit Mary den Küchenzettel durchsprach, brachte sie diplomatisch ihre Bitte vor, ob ihre alte Freundin für einige Tage auf Besuch kommen dürfte.
    »Das bedarf doch keiner Frage, Lina. Es sind genügend Fremdenzimmerchen drüben im Querbau. Wir erwarten übrigens heute den Mann, der sich als Kammerdiener bei meinem Bruder vorstellen will. Sollte er sich als geeignet erweisen, müssen wir auch für ihn ein Zimmer richten. Das wollen wir recht nett machen, denn ich wünschte, der Kammerdiener bliebe länger hier, damit mein Bruder die Erleichterungen bekommt, die er braucht.«
    »Das werd' ich dann auch gleich vorbereiten, Fräulein Bergemann. Wäre sonst noch was?«
    »Gut, daß Sie fragen - am Wochenende kommt eine junge Dame, die sich um den Posten einer Sekretärin für meinen Bruder bewirbt. Sie sagte, daß sie uns möglicherweise um ein Nachtquartier bitten müsse, falls sie den Zug zurück nach München nicht erreiche. Da sorgen Sie bitte auch für ein vorbereitetes Zimmerchen. Emma kann das sehr schön machen, wenn Sie ihr alles erklären. Ich habe ihr eben auch gesagt, daß sie das Turmzimmer für Herrn Brunnig wieder vorbereiten soll, der heute oder morgen hier eintrifft.« Mary lächelte, da sie Linas unwillkürliche Grimasse sah. »Nun ja, ein fröhlicher Sommergast ist der Freund meines Bruders nicht - aber die beiden Herren verstehen sich seit vielen Jahren sehr gut, und ein böser Mensch ist unser Rübezahl doch nicht. Ich jedenfalls freue mich, daß ein bissel Leben ins Haus kommt.«
    »Wär schon recht fürs Fräulein. Damals, als unser junger Herr Baron mit seiner Schwester noch hier war, gab's doch jeden Tag was zu lachen. Und gar, wenn die Frau Tante auch hier war, je -was haben wir da oft gelacht!«
    Nachdenklich spielte Mary mit einem Buch, welches sie aufgenommen hatte. »War es sehr bitter für die Geschwister von Gleichen, als hier alles für sie zu Ende ging?«
    »Und ob, Fräulein Bergemann. Viele Tränen gab es. Hedrich und ich kamen uns ganz verloren vor, als wir auf Geheiß vom Herrn Doktor Schöner hier allein zurückblieben, um die nötigsten Arbeiten zu machen. Still war's, nur an den beiden alten Pferden hatten wir ein bissel Freude. Hedrich putzte sie, und ich gab ihnen Futter - nur damit wir mit was Lebendigem umgingen.«
    »Also kann ich beruhigt sein, daß es Ihnen jetzt, wenn es auch mehr Arbeit gibt, im Torhaus behagt?«
    »Und wie, Fräulein Bergemann. Arbeit können wir
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