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Julia Festival Band 0105

Julia Festival Band 0105

Titel: Julia Festival Band 0105
Autoren: SARA CRAVEN
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und Glück geschimmert, und ihre braunen Augen hatten voller Selbstvertrauen geleuchtet.
    Jetzt glich sie eher einer grauen Maus, und daran waren nicht nur der schlichte Rock und die triste Bluse schuld. Ihr Spiegelbild im Fenster wirkte langweilig und niedergeschlagen.
    Eleganz oder fröhliche Farben wären allerdings in den schrecklichen Wochen zwischen der Verhaftung ihres Vaters wegen Unterschlagung und seiner tödlichen Herzattacke völlig deplatziert gewesen.
    Chessie hatte alles überlebt – die Zeitungsartikel, die Besuche im Untersuchungsgefängnis, Jennys zunehmende Hysterie –, indem sie sich mit einem Schutzwall umgeben hatte. Und daran hatte sich seither nichts geändert.
    Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass man sie wie eine Aussätzige behandeln würde, aber bis auf wenige Ausnahmen waren die Einheimischen sehr nett und taktvoll gewesen und hatten es ihr leicht gemacht, sich an die neuen, bescheidenen Lebensumstände zu gewöhnen.
    Sonderbarerweise hatte ihr auch die Arbeit für Miles Hunter dabei geholfen. Es war eine harte, anstrengende Zeit gewesen, die ihr wenig Raum zum Grübeln gelassen hatte.
    Während der letzten Monate hatte sie sogar ihren Seelenfrieden teilweise wiedergefunden.
    Und nun war sie dank Jennys Mitteilung wieder total durcheinander.
    Sie wollte sich gerade wieder ihrem Tisch zuwenden, als sie das Geräusch eines Motors hörte. Miles Hunters Wagen bog in die Auffahrt ein und hielt vor dem Haus an. Gleich darauf stieg ihr Arbeitgeber aus. Er verharrte einen Moment, bis er sicher stand, dann nahm er seinen Stock und hinkte zu den Stufen vor der Eingangstür.
    Chessie beobachtete ihn versonnen. Verglichen mit seinen Problemen sind meine eigentlich geringfügig, dachte sie in einem Anflug von Mitgefühl – eine Anteilnahme, die sie seit ihrem ersten Arbeitstag nicht mehr zu zeigen gewagt hatte.
    Sie würde die Szene nie vergessen. Miles Hunter war beim Aufstehen von seinem Stuhl leicht ins Schwanken geraten, und sie war instinktiv aufgesprungen, um ihn zu stützen.
    Seine blauen Augen hatten eiskalt gefunkelt, als er sie wütend angeblickt hatte. „Bleiben Sie, wo Sie sind! Fassen Sie mich nicht an!“
    „Entschuldigung.“ Seine Miene und sein Tonfall hatten sie eingeschüchtert. „Ich wollte nur helfen …“
    „Falls ich Hilfe brauche, werde ich darum bitten. Und auf gar keinen Fall will ich Mitleid. Merken Sie sich das.“
    Sie hätte am liebsten auf der Stelle gekündigt, aber dann war ihr plötzlich eine andere Unterhaltung eingefallen.
    „Ihm hat früher die Welt zu Füßen gelegen“, hatte ihr Mr. Jamieson, der Familienanwalt, erzählt, als er ihr von der Möglichkeit berichtet hatte, auf Silvertrees zu bleiben und gleichzeitig einen Job zu bekommen. „Er hat Rugby gespielt, war im Squash Mitglied der Nationalmannschaft, ein mit Preisen überhäufter Fernseh- und Zeitungsjournalist. Und dann war er im falschen Moment am falschen Ort, als der Konvoi, den er begleitete, auf eine Landmine fuhr.“ Der Anwalt schüttelte den Kopf. „Seine Verletzungen waren furchtbar. Man dachte schon, er würde nie wieder laufen können. Er hatte unzählige Hauttransplantationen. Aber während er im Krankenhaus lag, schrieb er seinen ersten Roman, ‚Der schlechte Tag‘.“
    „Auf den er natürlich seither nicht mehr zurückgeblickt hat“, meinte Chessie ironisch.
    „O nein, meine Liebe.“ Mr. Jamieson betrachtete sie ernst über den Rand seiner Brille hinweg. „Ich denke eher, er erinnert sich sogar sehr oft daran.“
    Francesca akzeptierte die sanfte Zurechtweisung schweigend. Sie saß wieder an ihrem Tisch und arbeitete eifrig, als Miles Hunter hereinkam.
    „Ich habe gerade Ihre Schwester gesehen“, sagte er ohne Begrüßung. „Sie ist mir fast mit ihrem verdammten Rad ins Auto gefahren. Hat es denn keine Bremsen?“
    „O doch“, versicherte Chessie rasch. „Aber sie fährt viel zu schnell. Ich werde mit ihr reden.“
    Miles Hunter warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Glauben Sie, das hilft? Sie scheint nach ihren eigenen Gesetzen zu leben.“
    „Ich kann es zumindest versuchen.“
    „Hm. Sie wirkte ziemlich aufgeregt – genau wie Sie. Hat sie Sie wieder geärgert?“
    „Jenny ärgert mich nicht.“ Trotzig hob sie das Kinn.
    „Natürlich nicht.“ Er seufzte ungeduldig. „Wem wollen Sie etwas vormachen, Francesca? Sie verbringen Ihr Leben damit, Ausreden für das Mädchen zu erfinden, und behandeln es wie ein rohes Ei. Ich wette, Jenny nimmt nicht halb
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