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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß
Autoren: Lion Feuchtwanger
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sie waren beim Herzog Vormünder zur Audienz gemeldet, und es war Sorge getragen, daß sie bei der Einfahrt nicht belästigt wurden.
    Karl Rudolf empfing sie in Gegenwart Bilfingers und Pancorbos. Es sagte der Rabbiner von Fürth: »Euer Durchlaucht sind hochberühmt in der ganzen Welt um der Gerechtigkeit willen. Ist es gerecht, daß die Räuber sitzen ringsum in Reutlingen, in Eßlingen und lachen und fressen ihren Raub und daß der Jud, der weniger schuld ist vor dem Gesetz, muß zahlen ihre Zeche? Euer Durchlaucht sind gerecht gegen hoch und nieder, gegen Schwaben und Österreicher, gegen Katholik und Protestant. Seien Sie gerecht auch gegen Ihren Juden.« Es sagte der Rabbiner von Frankfurt: »Reb Josef Süß Oppenheimer ist gestanden vornean unter den Juden, er ist geboren aus einer alten, angesehenen jüdischen Familie. Was er getan hat, wird man sagen, hat die ganze Jüdischheit getan. Wenn man ihn wird aufhenken und die Christen, seine Konsorten, gehen frei herum, wird man sagen, die Judenheit ist schuld an allem, und es wird kommen neuer Haß und Verfolgung und Bosheit über die ganze Judenheit. Euer Durchlaucht sind ein gnädiger Herr und Fürst, Euer Durchlauchtwissen, daß der Jud ist nicht mehr schuld und nicht weniger als seine Genossen, die Christen. Es kommt Ärgernis in die Welt und neue Heimsuchung über die Getretenen und Gedrückten, wenn er wird anders gerichtet als die anderen. Wir bitten Euer Durchlaucht aus peinvollem und demütigem Herzen um Gnade für den einen und die ganze Judenheit.«
    Es sagte Isaak Landauer: »Was getan hat der Reb Josef Süß Oppenheimer, hat gewirkt, daß Schaden hat genommen an Geld und Gut der und jener und das Land Württemberg. Was gesündigt ist durch Geld, kann gutgemacht werden durch Geld. Wir haben uns zusammengetan, alle Judenheit, und haben zusammengesteuert Geld, viel Geld, ungeheures Geld. Und so sind wir gekommen und bitten Euer Durchlaucht: lassen Sie ledig den Reb Josef Süß Oppenheimer. Wir wollen machen gut, was er kann haben gesündigt, wir wollen es machen gut und aber gut, daß das Land Württemberg kann kommen in Flor und Gedeih. Wir bieten an, wenn Sie lassen ledig den Juden Josef Süß Oppenheimer, eine freiwillige Buße von fünfmalhunderttausend Doppeldukaten.«
    Schweigend hatten der Herzog-Administrator und die beiden Minister die Juden angehört. Bei dem Angebot des Isaak Landauer zuckten sie auf. Das Angebot war eine Frechheit. Aber die Summe war so ungeheuerlich, soviel größer als der höchste Betrag, der jemals im Budget des Herzogtums gestanden war, daß man diesem Angebot nicht wohl mit so simplen Worten wie Unverschämtheit und Arroganz beikommen konnte. Fünfmalhunderttausend Golddukaten! Den Josef Süß loskaufen wollen war eine Frechheit und eine Dummheit. Den Josef Süß mit einer so ungeheuren Summe loskaufen wollen war ein kühnes, geniales Projekt, das in seiner naiven Großartigkeit verblüffte. Damit auch hatte Isaak Landauer gerechnet, darauf baute er seinen Plan. Er war von Anfang an überzeugt, mit Listen, mit Argumenten, mit Pochen auf Gerechtigkeit, mit Flehen um Gnade war hier nichts auszurichten. Vielleicht wirkte so plumpes, naives Geradezu. Für Geld konnte man alles in der Welt kaufen: Boden undVieh, Berg, Fluß und Wald, Kaiser und Papst, Kabinette und Parlamente. Warum sollte man nicht können abkaufen diesen schwäbischen Gojims ihre Rachgier und ihr albernes Gerede von Justiz. Sie war, seine dumme, schiefe Gerechtigkeit, diesem Herzog teuer. Gut, so bezahlte man sie eben teuer. Fünfmalhunderttausend Golddukaten. Damit konnte man zur Not ein kleines Herzogtum kaufen: es war ein guter Preis für ein Stückchen sogenannter Justiz.
    Ehe die Herren sich von ihrer Überraschung erholen konnten, sprach Isaak Landauer weiter. »Wir zahlen nicht in Wechsel, wir zahlen nicht in Verschreibungen. Wir zahlen Gold, blankes Gold. Golddukaten, runde, unbeschnittene.« Er schlurfte zur Tür, er winkte seinen Leuten mit einem kopfwiegenden, überlegenen, Anstaunung einfordernden Lächeln. In stummer, gespannter Bannung schauten der Regent und seine Minister auf die eintretenden Burschen. Die trugen Säcke, kleine, sehr schwere Säcke, sie entleerten sie auf einen Wink des schmuddeligen Mannes. Heraus floß Gold, gemünztes Gold aller Währungen, rotes Gold, spanisches, afrikanisches, türkisches, aus allen Zonen. Häufte sich, türmte sich, hörte nicht auf, wuchs mannshoch, breitete sich dick wie eine ausgewachsene Eiche,
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