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Jillian Hunter

Jillian Hunter

Titel: Jillian Hunter
Autoren: Viel Lärm um Stratfield
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eine junge Kurtisane, die den ganzen Abend über ihre Avancen genossen und zugleich ihre Taschen geleert hatte. Die Kutsche hatte hingegen einem älteren Bankier gehört. Es waren Schüsse gefallen, ein Lakai war verwundet worden, und Devon war untergetaucht, während sein Bruder, der Mar- quess, alles in Bewegung setzte, um die Wogen zu glätten, die die Taten des unbesonnenen Jünglings geschlagen hatten.
    Chloe knöpfte ihr blaues Musselinkleid auf, sank mit einem unwillkürlichen Schaudern auf das Bett hinunter und starr- te eine der voll gestopften Ledertruhen an, die während des Tages angekommen waren. Sie hatten die andere Truhe aus Platzmangel in ihr Ankleidezimmer geschoben. Ihre Schwes-

ter Emma hatte ihr Kleider für jede Gelegenheit geschickt, ohne zu ahnen, wie ereignislos Chloes gesellschaftliches Le- ben geworden war.
    „Ich nehme an, Devon wollte wieder Geld", sagte sie und blickte sich im Raum um. War es nur ihre Einbildung und all das Gerede über Geister, die sie so nervös und wachsam ge- macht hatten? Oder machte sie sich Sorgen, weil es schien, als wäre ihre Familie dabei auseinanderzufallen? Außer Grayson, der glücklich mit seiner klugen Frau Jane verheiratet war, schienen all ihre Geschwister rastlos zu sein. Vielleicht soll- te sie sich auf ihren neuen Bewunderer konzentrieren, Lord St. John. Er hatte ganz wundervolle braune Augen und ein spitzbübisches Lächeln, auch wenn er ein wenig oberflächlich wirkte. Warum konnte sie sich nicht mit einem jungen Mann wie ihm zufriedengeben?
    „Dein Bruder ist wieder durchs Fenster hereingekommen, während ich gerade dabei war, deine Kleider zu sortieren", flüsterte Pamela. „Der gut aussehende Teufel besitzt nicht das kleinste bisschen Anstand, Chloe."
    „Anstand?" Chloe hielt den Atem an und hob eine Hand an den Mund. „Ich habe die Chemise völlig vergessen, die Devon ins Fenster gehängt hat!"
    Pamela sah verwirrt aus. „Was für eine Chemise? Was soll Devon denn mit einer Chemise?"
    „Ich konnte sie von der Kutsche aus sehen. Ich schätze, es macht jetzt auch nichts mehr. Vermutlich hält mein Bruder sich für sehr witzig", sagte sie wütend. „Erinnere mich bitte daran, sie zu entfernen, bevor ich zu Bett gehe. Ich muss diese Truhe sowieso noch ins Ankleidezimmer schieben."
    „Willst du nicht einmal hineinsehen?", fragte Pamela ent- täuscht.
    „Nicht um ..." Chloe stand langsam vom Bett auf, während ihr Blick zur Tür des Ankleidezimmers wanderte. Dabei glitt ihr Kleid bis zu ihrer Taille herunter, und sie musste zittern. Ob sie vielleicht eine weitere Erkältung bekam? Eben war ihr ein ganz seltsamer Schauer den Rücken heruntergelaufen. „Was war das für ein Geräusch?"
    Pamela blickte über die Schulter. „Was für ein Geräusch?"
    „Es klang ganz so wie das Stöhnen eines Mannes", erwi-

derte Chloe ruhig.
    „Ein - ach, das. Das ist wahrscheinlich das quietschende al- te Tor zur Auffahrt. Seit Lord Stratfield ermordet wurde, lässt Mama es nachts abschließen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das seinen Geist oder seinen Mörder draußen halten soll. Ein Geist würde wohl kaum das Tor benutzen, oder? Oh, sieh dir das an!"
    Pamela war auf die Knie gefallen und durchwühlte glücklich eine Truhe voller parfümierter Fächer, Schuhe und Schals mit Fransen. Ihre Augen leuchteten auf, als sie ein französisches Korsett aus elfenbeinfarbener Seide mit Fischbeinstäbchen fand, das seiner Trägerin eine umwerfende Figur versprach.
    Chloe konnte nicht umhin, über die schockierte Begeisterung im Ausdruck ihrer Cousine zu lachen. Manchmal tat es ihr gut, die Dinge aus Pamelas unkomplizierter Perspektive zu sehen. „Es ist den ganzen weiten Weg aus Paris hierher gekommen."
    „Kein Wunder, dass es dort eine Revolution gab."
    „Warum probierst du es nicht an?", schlug Chloe vor. „Ich werde in der näheren Zukunft ohnehin nicht viel Verwendung dafür haben."
    „Ich?" Pamela stellte sich vor den eichengerahmten Stand- spiegel und hielt das Korsett vor ihre bescheidenen Kurven. „Kannst du dir das vorstellen?"
    Chloe schlüpfte aus ihrem Kleid und streckte sich in Chemi- se, kurzem Korsett und Strümpfen auf dem Bett aus. „Wenn ich das heute Abend angehabt hätte, hätte Lord St. John viel- leicht auf der Stelle um meine Hand angehalten." Dieser Ge- danke hätte sie glücklicher machen sollen, als er es tat.
    „Er wäre wohl eher über dich hergefallen", berichtigte Pa- mela sie trübsinnig. „Du solltest dich
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