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Jenseits der Zeit

Jenseits der Zeit

Titel: Jenseits der Zeit
Autoren: Robert Silverberg
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würden, bevor La Floquets Feigheit sie zwingen würde umzukehren. Er hegte keinen Zweifel, daß La Floquet sich vor dem Berg fürchtete – ansonsten hätte er eine solche Expedition nämlich schon längst unternommen, statt nur damit zu drohen. Jetzt hatte Thornhill ihn zum Handeln gezwungen – würden die beiden aber auch Erfolg haben? Wahrscheinlich nicht: ein mutiger Mann, der sich tief im Innern fürchtete, überwand diese Furcht oftmals nicht. In gewisser Hinsicht tat La Floquet Thornhill leid – der Kampfhahn war vermutlich gezwungen, geschlagen zurückzukehren, auch wenn er diesen Augenblick so lange wie möglich hinauszögern würde.
    »Machen Sie sich Sorgen?« fragte Marga.
    »Sorgen? Nein, ich denke nur nach.«
    »Worüber?«
    »Über Vengamon und meine Mine dort – und wie die Geier vermutlich bereits dabei sind, sich auf meinem Besitz zu stürzen.«
    »Sie vermissen Vengamon aber nicht, oder?« Thornhill lächelte und schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Diese Mine bedeutete mein Leben für mich, verstehen Sie. Ich habe nur selten mal einen kurzen Urlaub gemacht, weil ich immer gleich an meine Untergebenen und daran denken mußte, wie faul sie waren und wie die Preise für Erz sich auf den interstellaren Märkten entwickelten. Bis heute. Es muß irgendwie durch dieses Tal hervorgerufen werden, aber zum ersten Mal erscheint mir meine Mine schrecklich weit und fremd, als gehörte sie jemand anderem. Mir kommt es so vor, als wäre ich endlich frei.«
    »Ich kann nachfühlen, wie Sie empfinden«, sagte Marga. »Ich habe Tag und Nacht im Observatorium verbracht. Immer waren Aufnahmen zu machen oder Bücher zu lesen oder andere Dinge zu tun – ich konnte den Gedanken nicht ertragen, einen Tag zu versäumen oder meine Arbeit auch nur für ein Telefongespräch zu unterbrechen. Aber hier gibt es keine Sterne, und sie fehlen mir kaum.«
    Thornhill nahm ihre Hand in seine. »Trotzdem frage ich mich … Wenn La Floquet Erfolg hat und wir dieses Tal verlassen und wieder in unser alltägliches Leben zurückkehren, ob wir dann noch die alten sind? Oder werde ich einfach wieder zur doppelten Buchführung und Sie zu Ihren himmlischen Leuchtkörpern zurückkehren?«
    »Das werden wir erst wissen, wenn wir zurück sind«, sagte sie. »Falls wir jemals zurückkehren. Aber sehen Sie mal da.«
    Thornhill schaute in die angegebene Richtung. McKay und Miß Hardin waren in ein Gespräch vertieft, und McKay hatte vorsichtig ihre Hand ergriffen. »So kommt die Liebe schließlich auch zu einem Professor für mittelalterliche Geschichte«, grinste Thornhill. »Und zu Miß Hardin – wer immer sie sein mag.«
    Der Regulaner schlief; der Aldebaraner starrte gedankenversunken auf seine Füße und malte Figuren in den Sand. Die Kugelgestalt des Spicaners schien sich ebenfalls in sich selbst zurückgezogen zu haben. Im Tal war es still geworden.
    »Mir haben die Tiere im Zoo immer leid getan«, sagte Thornhill. »Aber eigentlich ist es kein so schlechtes Leben.«
    »Bisher – wir wissen nicht, was der Wächter noch alles für uns bereithält.«
    Von den Bergspitzen senkte sich Nebel herab, und Thornhill glaubte im ersten Moment, daß der Wächter zu einem weiteren Besuch bei seinen Gefangenen zurückgekehrt war; dann erkannte er, daß es ein feiner Nebel war, der sich über sie legte. Es wurde empfindlich kühl, und er zog Marga näher an sich heran.
    In diesen Minuten mußte er an die siebenunddreißig Jahre seines bisherigen Lebens denken, die er eigentlich recht gut hinter sich gebracht hatte – mit einem athletischen Körper, schnellen Reflexen und einem noch schnelleren Verstand. Heute war der erste Tag – wobei er sich kaum vorstellen konnte, daß es immer noch sein erster Tag hier im Tal war –, an dem ihm deutlich bewußt geworden war, daß es im Leben noch andere Dinge gab außer Bergbau und Geldverdienen.
    Dazu hatte er erst in dieses Tal verschlagen werden müssen – würde er sich an diese Lektion erinnern, wenn er wieder in die Zivilisation zurückkehrte? Ob es nicht doch besser war, seine Tage hier mit Marga in ewiger Jugend zu verbringen?
    Er runzelte die Stirn. Ewige Jugend, gewiß – aber auf Kosten seiner Unabhängigkeit. Hier war er nichts weiter als ein Gefangener, wenn auch ein verwöhnter.
    Plötzlich wußte er nicht, was er denken sollte.
    Margas Hand schloß sich fester um seine. »Hast du das gehört?« fragte sie und wechselte dabei beinahe unbemerkt die Anrede. »Schritte, glaube ich. Das müssen La
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