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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf
Autoren: F Schmöe
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zu ihr herunter.
    »Frau Hanf?«
    »Ja!« Rote Locken umschwirrten ein gereizt dreinschauendes Gesicht.
    »Haben Sie eine halbe Stunde Zeit für mich? Mein Name ist Katinka Palfy.«
    »Ich schließe an der Haustür keine Verträge ab und will auch nicht mit Ihnen über die Bibel reden«, kam es barsch.
    Katinka fluchte leise. Zwei Häuser weiter saß ein Ehepaar vor seinem Haus und starrte zu ihr herüber.
    »Ich bin keine Zeugin Jehovas und habe nichts zu verkaufen.«
    »Wie haben Sie gesagt, heißen Sie?«
    »Katinka Palfy. Ich bin Privatdetektivin. Ich würde wirklich gern«, sie wies auf die Straße, »mit Ihnen allein reden.«
    Das Fenster wurde mit einem Knall geschlossen. Sekunden später stand Katinka vor Beatrix Hanfs Mutter.
    »Ich habe mir doch gedacht, dass ich Ihren Namen schon mal gehört habe. Steht nicht ab und zu etwas über Sie in der Zeitung?« Sie trat beiseite, um Katinka einzulassen. Im Haus duftete es nach Lavendel. »Ich bin am Putzen. Ich muss mich ablenken. Verzeihung, ich habe mich nicht vorgestellt: Ich bin Elvira Hanf.«
    Katinka streckte die Hand zur Begrüßung aus, aber Elvira Hanf drehte sich um und ging ihr durch einen dunklen Flur voraus.
    »Bitte. Setzen wir uns.«
    Katinka sah sich im Wohnzimmer um. Ein Sofa, weiß bezogen. Ein Fernseher. Der Teppich war aufgerollt, Putzeimer und Schrubber lagen dekorativ verteilt herum. Staub flockte über den Boden, flirrte durch die Luft. Brösel bedeckten den Tisch.
    »Was zu trinken? Ich habe nichts vorbereitet.«
    »Danke, nicht nötig«, sagte Katinka rasch. »Es tut mir leid, dass ich wie ein Überfallkommando ins Haus komme. Es geht um Beatrix.«
    »Warum sollte sonst eine Detektivin zu mir kommen. Die Polizei war auch schon hier und hat mir Löcher in den Bauch gefragt. Ich sage Ihnen dasselbe: Bea hat niemals Selbstmord begangen. Sie war ein fröhliches Mädchen, machte eine Ausbildung als Arzthelferin in Ebern. Der Beruf gefiel ihr, sie hatte viele Freunde, verstand sich gut mit den Kolleginnen. Sie war jung und gesund und einfach ein positiver Mensch.«
    »Kennen Sie einen gewissen Ewald Isenstein?«
    Elvira Hanf beugte sich vor, als hätte sie schlecht gehört. Katinka entging nicht, dass sie hinter all der Ruppigkeit, die sie in ihre Stimme legte, den Tränen nahe war.
    »Klar, Isenstein ist ein bekannter Name hier. Der Verrückte, der unten in der Marienstraße Romane schreibt.«
    »Verrückt?«
    »Sie wissen doch, wie Dorfklatsch funktioniert. Er ist ein Künstler, einsilbig, redet mit niemandem. Außerdem kommt er nur sporadisch nach Königsberg, und wenn er hier ist, sieht man ihn nicht, weil er nie vor die Tür geht.«
    »Kannte Beatrix den Mann?«
    »Alle hier kennen ihn. Oder besser: Sie wissen, dass es ihn gibt. Aber was er für ein Mensch ist, das weiß keiner. Man raunt sich zu, er habe einen Unfall gehabt und sei seitdem nicht mehr ganz er selbst.«
    »Seine Frau ...«
    »... habe ich nie gesehen.« Energisch strich sich Elvira Hanf die Locken hinter die Ohren. »Über die wird auch geredet. Dass sie Geschäftsfrau ist und den Mann aushält mit seiner brotlosen Kunst.«
    »Mich wundert nur«, sagte Katinka, »dass sich ein sehr spezieller Mensch wie Ewald Isenstein in einem so kleinen Ort niederlässt, wo jeder ihn beobachtet.«
    »Sagen Sie ruhig Kaff, Frau Palfy.« Elvira schnaubte. »Er hat sich hier nicht niedergelassen, er hat hier ein Ausweichquartier. Außerdem ist er wohl recht unempfindlich gegen das Getratsche. Bei uns wird jeder, der nicht stromlinienförmig lebt, zum Opfer übler Nachrede. Das ist der Mechanismus, nach dem so eine winzige Stadt funktioniert. Bea sagte oft, dass Königsberg eigentlich zu schön und zu perfekt sei. Der ideale Platz für einen Künstler. Alles wunderbar hergerichtet, malerisch bis ins Detail. Aber im Innern ...«
    Beatrix, dachte Katinka, muss eine realistische Einstellung zu den Denkmälern da draußen gehabt haben.
    »Beatrix war also nicht näher mit Ewald Isenstein bekannt? Hat sie ihn mal besucht? Mit ihm geredet?«
    Elvira Hanf machte runde Augen.
    »Ich wüsste nicht! Eine junge Frau mit achtzehn interessiert sich für andere Menschen als für skurrile Schriftsteller.«
    »War Beatrix in den Tagen vor dem Unfall unruhig oder aufgeregt ...«
    »... oder irgendwie anders als sonst. Das fragt ihr doch alle«, blaffte Elvira Hanf. »Fehlanzeige. Sie war wie immer. Freute sich, dass endlich der Frühling ausgebrochen war. Verdammt, sie machte eben mal einen abendlichen
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