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Jane Christo - Blanche - 01

Jane Christo - Blanche - 01

Titel: Jane Christo - Blanche - 01
Autoren: Der Erzdämon
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die Fähigkeit dazu besitzt. Ihr verfügt über die faszinierende Eigenschaft, alles Unerwünschte auszublenden und nur das zu sehen, was ihr sehen wollt. Darum stellt ihr auch keine Gefahr dar, weder für Saetan noch für seine Diener.“
    Das war mal wieder typisch. Ein „Üblicherweise könnt ihr uns nicht sehen, darum stört ihr Miceal nicht“, hätte vollauf genügt. Aber nein, der Herr Dämon musste gleich eine Grundsatzerklärung daraus machen und die Menschen zu ignoranten Volltrotteln erklären. Vielen Dank auch.
    Blanche schüttelte den Kopf und machte Anstalten, die Bahnhofshalle zu betreten, als sich Beliars Hand auf ihre Schulter legte.
    „Hast du nicht etwas vergessen?“, fragte er, wobei seine Lippen ihr Ohr streiften.
    Als sie sich mit grimmigem Blick umwandte, zog er sie in die Arme und nahm mit einem Atemzug ihren Ärger in sich auf. Dann küsste er sie tief und gründlich – machomäßig, aber machomäßig gut. Obwohl er diese Chauvi-Nummer abzog, wehrte sie sich nicht. Schlimmer noch, sie genoss seine Zärtlichkeiten in vollen Zügen und schmolz dahin wie Scarlett O’Hara in Rhett Butlers Armen.
    Verdammt noch mal, wie machte er das? Wenn das so weiterging, würde sie sich als Nächstes für Schuhe und Lipgloss interessieren, allmählich ging es mit ihr wirklich bergab.
    Mit einem letzten Kuss auf die Stirn entließ er sie aus der Umarmung und trat einen Schritt zurück. Dass er dabei wie ein Wolf aussah, der soeben ein Schaf gerissen hatte, machte es nicht besser.
    „Wo treffe ich ihn?“, fragte sie, nachdem sie wieder Luft bekam. Insgeheim hoffte sie, dass sie dabei mürrisch aussah oder einfach nur schlecht gelaunt. Hauptsache nicht wie ein verträumter Teenager, der am liebsten gleich noch einmal geküsst werden wollte – was ohnehin nicht auf sie zutraf.
    Beliar zuckte gelassen mit den Schultern.
    Na toll! „Hast du wenigstens einen Tipp, woran ich diesen Typen erkenne?“
    „Du wirst ihn finden, daran habe ich keinen Zweifel.“
    Was fragte sie auch. Sie war versucht, die Augen zu verdrehen. Stattdessen nickte sie knapp, dann wandte sie sich um und verschwand im Inneren der imposanten Empfangshalle.

15
    Z
unächst suchte sie in der Menge nach einer Lichtgestalt, einem Zeichen, irgendetwas. Doch nach einer ergebnislosen halben Stunde ließ sie sich einfach treiben, schwamm wie ein Blatt im Strom der Reisenden, bis sie auf den Gleisen des zugigen Sackbahnhofs landete. Schließlich war sie bis auf die Knochen durchgefroren, darum bestellte sie in einem Coffeeshop einen Grande Latte macchiato. Wenn dieser Bursche wirklich auf sie wartete – was war sein Problem? Hatte er es sich anders überlegt oder war ihr orientierungsloses Herumstreifen Teil seines persönlichen Amüsements?
    Wie dem auch sei, sie hatte die Schnauze voll. Frustriert stampfte sie zu dem einzigen Ort, an dem sie noch nicht gesucht hatte – den Schließfächern. Automatisch steuerte sie die Nummer 214 an, Waynes und ihr geheimer Treffpunkt. Der Penner, der bei ihrem letzten Besuch vor dem Fach lag, kauerte noch immer davor – oder schon wieder. Diesmal saß er zusammengesackt auf den Absätzen, den Rücken gegen die kalte Metallfläche gedrückt, den Kopf gesenkt. Bleiches Haar spross wie Stroh unter der schwarzen Mütze hervor, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte.
    Als hätte er sie bemerkt, fragte er, ohne aufzuschauen: „Hast du etwas Warmes für mich?“
    Sie erstarrte. Er hatte so leise gesprochen – eigentlich hätte sie ihn bei dem Durcheinander in der Halle nicht hören dürfen. Dennoch war seine Stimme klar und deutlich gewesen, als würde der Lärm um sie herum nicht existieren. Als wären sie allein.
    Ohne nachzudenken, hielt sie ihm den halb vollen Pappbecher hin. Sie hatte ohnehin keinen Durst. Ihr war es wie ihm nur um die Wärme gegangen und der Milchkaffee hatte den Job erledigt. Als er nicht reagierte, trat sie einen Schritt näher und stupste mit dem Becher gegen die Schulter seines grauen Mantels. Gegen eine erstaunlich breite Schulter, wie sie bei genauerem Hinsehen feststellte. Blanche war es gewohnt, Menschen in Gefahrenstufen einzuordnen. Ein Blick genügte, um zu wissen, ob sie einen Kämpfer oder Amateur vor sich hatte. Einen Links- oder Rechtshänder. Ob es ein Auftrag oder etwas Persönliches war. Es lag an der Haltung, den Bewegungen – der ganzen Ausstrahlung. Wenn sie es mit einem Profi zu tun hatte, unterteilte sie ihn nach seiner potenziellen Kampfkraft. Wie ist er
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